S eit vier Sonntagen hören wir im
Sonntagsgottesdienst Abschnitte aus dem Johannesevangelium.
Angefangen hat es mit dem Brotwunder.
Erinnern Sie sich noch?
Diesem schloss sich dann an den letzten
drei Sonntagen die Brotrede Jesu an, die auch eucharistische Rede
genannt wird.
Heute haben wir den Abschluss dieser Rede
Jesu gehört.
Nach der Brotvermehrung wollen die Leute
Jesus noch zum König machen. Doch im Verlauf der Rede Jesu schlägt die
Stimmung um. Die Begeisterung weicht mehr und mehr der Skepsis, Ärger
kommt hoch, Misstrauen macht sich breit. Aus Bewunderung wird Ablehnung.
Was Jesus sagt, ist gar nicht nach dem
Geschmack der Leute. Und es ist alles andere als eine leicht verdauliche
Kost.
Als Jesus sagt: „Ich bin das Brot des
Lebens, das vom Himmel herabgekommen ist“, da murren sie gegen ihn
und fragen:
„Ist das nicht der Sohn des Josef? Kennen wir nicht seinen Vater und
seine Mutter? Wie kann er behaupten: Ich bin vom Himmel herabgekommen?“
Also: Was macht der aus sich? Was bildet der sich ein? Behauptet,
göttlichen Ursprungs zu sein? Was für eine Anmaßung? Ist dieser Jesus
nicht größenwahnsinnig? Lästert er nicht Gott?
Als
Jesus noch weitergeht und sagt: „Das Brot, das ich geben werde, ist
mein Fleisch. Ich gebe es hin für das Leben der Welt“, da fangen die
Zuhörer Jesu an zu streiten. Unwillig fragen sie: „Wie kann er uns sein Fleisch zu Essen geben?“
Und im Evangeliumsabschnitt, den wir
heute gehört haben, spitzt sich die Situation noch einmal zu. Denn nicht
nur die Zuhörer Jesu allgemein werden unwillig und reagieren erbost,
sondern auch viele seiner Jünger nehmen Anstoß, und zwar nicht nur
einige, sondern viele. Viele von denen, die sich ihm angeschlossen
hatten, mit
ihm gegangen sind und in seine Nachfolge begeben hatten.
Der Grund: Was Jesus sagt klingt hart. Es
kommt ihnen unerträglich vor, nicht zum Anhören, eine Zumutung!
Und dann kommt es zu dem spannenden und
denkwürdigen Moment, wo viele sich von Jesus abwenden, nicht mehr mit
ihm gehen, ihn verlassen, sich von ihm distanzieren.
Abstimmung mit den Füßen!
So wie heute viele der Kirche den Rücken
kehren, weggehen, sich anderswo orientieren. Andere gehören nominell
noch dazu, sind aber innerlich ausgewandert. Vielleicht wenden sich
nicht alle, die der Kirche ade sagen, auch von Jesus ab. Aber sind es
nicht genug, die beides tun?
Was machen? Wie reagieren? Schauen wir
auf Jesus!
Da haben wir einen Massenabfall der
Jünger!
Muss das Jesus nicht erschüttert haben?
Muss ihm das nicht unsagbar weh getan haben? – Oder wollte er die
Unterscheidung der Geister? Wollte er die Spreu vom Weizen trennen?
Es fällt auf: Jesus ruft diejenigen, die
weggehen, nicht zurück. Auch streicht er von seinem Anspruch nichts ab.
Er backt keine kleineren Brötchen. Er verabreicht keine Schonkost. Er
buhlt nicht um die Gunst der Menge.
Es ist jedes Menschen freie Entscheidung
zu bleiben oder zu gehen. Jesus respektiert diese Entscheidung!
Und was passiert? Nur wenige bleiben.
Ich frage mich, warum bleiben sie? Haben
sie andere Erfahrungen mit Jesus gemacht? Haben sie – wenigstens
anfanghaft – schon gespürt, dass, wer zu ihm kommt, nicht mehr hungert,
und wer an ihn glaubt, nicht mehr dürstet?
Glauben sie, dass er das Brot des Lebens
ist, das Brot, das den Hunger wirklich stillt. Glauben sie, dass er der
Weinstock ist, ohne den sie keine Zukunft haben?
Und dann geschieht es: Jesus geht aufs
Ganze. Er will es wissen. Er konfrontiert die Zwölf, diejenigen, die
bleiben. Er stellt ihnen die Frage: „Wollt auch ihr weggehen?“
Was für eine Frage! Entscheidung
fordernde Frage.
Jesus bittet und bettelt nicht: „Bleibt
doch wenigstens ihr!“
Nein, er fordert sie heraus:
„Wollt auch ihr
gehen?“
Wie mag diese Frage das Herz der Zwölf
berührt haben? Sie sehen wie die Vielen abwandern. Muss sie das nicht
verunsichern? Und sie sehen Jesus nicht mehr auf der Woge der
Begeisterung, sondern im Tal des Misserfolgs.
Warum sind sie noch bei ihm? Was hält
sie?
„Wollt auch ihr gehen?“
Die Frage Jesu ist Glaubensprobe, Anruf
ihrer Freiheit, aber auch Anruf ihrer Treue.
Petrus antwortet stellvertretend für
alle:
„Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“
Und er fügt hinzu:
„Wir haben geglaubt und erkannt: Du bist
der Heilige Gottes.“
Welch ein Gegensatz! Die einen finden die Worte Jesu unerträglich. Für
die anderen sind es „Worte des ewigen Lebens“. Die einen halten
Jesus für einen gewöhnlichen Menschen. Die anderen bekennen: „Du bist der Heilige Gottes!“
Ob Petrus versteht, wie das sein kann,
dass Jesus sich ihnen als Speise gibt? Sieht er tiefer? Hat er Jesus
erfahren als die Gabe Gottes, die reich und froh macht. Haben er und
seine Freunde Jesus erlebt als die Erfüllung ihrer Hoffnung und als die
Antwort auf ihren Hunger nach Sinn und Leben?
Ich denke, begreifen kann er nicht, aber
vertrauen und glauben. Jedenfalls, weggehen, Jesus verlassen, würde
keinen Sinn machen. Was wäre die Alternative?
Es gab damals und es gibt heute viele
Wege, viele Heilsangebote, viele Glücksversprechungen.
Für Petrus jedoch ist Jesus
alternativlos. Er bekennt:
„Du hast Worte des ewigen Lebens…Du bist
der Heilige Gottes!“
Später wird Jesus im Johannesevangelium sagen:
„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater
außer durch mich.“
Ein hoher Anspruch! Jesus nimmt nichts
zurück.
Er fordert heraus, auch heute.
Er ruft auch uns zur Entscheidung.
Wie den Zwölf stellt Jesus immer neu die
Frage:
„Wollt auch ihr gehen?“
Gerade auch heute angesichts der
Abwanderung vieler, die von der Kirche und von Gott nichts mehr wissen
wollen, gerade auch heute angesichts einer Welt, in der die christliche
Botschaft eine unter vielen ist und immer bedeutungsloser zu werden
scheint und der Markt der Möglichkeiten immer größer, gerade da erwartet
der Herr auch von uns das Bekenntnis zu ihm und das Glaubenszeugnis für
ihn, dass wir davon sprechen, was uns der Glaube an Gott, was uns unser
Christsein und auch das Bleiben bei und in der Glaubensgemeinschaft der
Kirche bedeutet.
Und last not least: dass wir mit Gottes
Hilfe – so gut wir können – auch im Alltag aus unseren Glauben leben und
die Liebe üben. Denn Worte belehren, Beispiele reißen mit.
Allerdings gilt auch: Nur Ergriffene
ergreifen! In uns selbst muss brennen, was wir in anderen entzünden
wollen.
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