Wir sind heute (in
der 1. Lesung) einer der gewaltigsten Persönlichkeiten der
Gottesgeschichte begegnet, einer der größten Gestalten des Alten
Testaments. Es ist der Prophet Elija.
Mit aller Kraft
kämpft Elija gegen den Baalskult.
Das Volk
liebäugelt damit.
Die Königin Isebel
ist eine glühende Verehrerin des Gottes Baal.
Immer wieder
erhebt Elija im Namen Gottes seine Stimme.
Leidenschaftlich
setzt er sich ein für Jahwe, den einzigen und wahren Gott.
Die Baalspriester
müssen auf dem Berge Karmel eine vernichtende Niederlage hinnehmen.
Ein großer Sieg
für den Gott Israels.
Und Höhepunkt des
Wirkens des Elija, ein großartiger Triumph!
Und nun begegnen
wir heute diesem tapferen Streiter für Gott auf der Flucht. Auf der
Flucht vor Isebel.
Die Angst sitzt
ihm im Nacken. Die Königin ist wütend auf ihn.
Elija hat die
Baalspriester als Lügner entlarvt. Er hat sie vor allem Volk blamiert,
gedemütigt, dem Tod ausgeliefert.
Jetzt ist Elija
selbst vom Tod bedroht. Isebel sinnt auf Rache.
Sie will den
unbequemen Propheten umbringen.
Jahrelang hat er
sein Bestes gegeben. Alles hat er darangesetzt, das Volk in der Treue zu
Jahwe zu halten. Und was hat es gebracht? Nur Hass und Feindschaft! Also
läuft Elija weg.
Vor seinen
Gegnern, vor der Angst, vor sich selber, vor Gott.
Wo war der
gewaltige Gott jetzt in der Stunde der Not und Gefahr? Hat Gott ihn
fallengelassen, nachdem er für ihn Leib und Leben riskiert hat? War all
sein Mühen umsonst?
Sein Glaube an
Gott, sein Vertrauen, ist auf einem Tiefpunkt.
Er will nicht mehr
Prophet sein. Er hat es satt. Er sieht keine Zukunft mehr. Er hat keine
Lust mehr. Elija ist lebensmüde und er ist Gottes müde.
So legt er sich
unter einen Ginsterstrauch und hat nur noch einen Wunsch: „Herr, nimm
mein Leben!“
Er will Schluss
machen mit sich, mit der Welt, mit Gott.
Liebe Schwestern
und Brüder!
Kennen wir nicht
auch solche „Stunden unter dem Ginsterstrauch“, Stunden der
Niedergeschlagenheit, wo wir einfach genug haben, wo wir alles aufgeben
und hinschmeißen möchten, wo einem alles stinkt, wo wir am liebsten
abhauen möchten, nichts mehr hören und nichts mehr sehen.
Manchmal sagen wir
das nur so daher: „Es ist zum Davonlaufen“. Es gibt aber
Situationen, wo es ernst wird, todernst:
wenn das Leben
einem übel mit spielt,
wenn wir am Boden
zerstört sind,
wenn alle
Hoffnungen zusammenbrechen wie ein Kartenhaus, wenn sich Schwierigkeiten
über Schwierigkeiten auftürmen,
wenn man die Nase
gestrichen voll hat.
Stunden, in denen
wir fliehen möchten wie Elija.
Oft
sind wir wie Elija.
Wir wollen nicht mehr, wir können nicht mehr.
Und Sie dürfen es
glauben, dass auch ein Priester und Ordensmann solche „Stunden unter
dem Ginsterstrauch“ kennt. In dieser Erfahrung können wir uns wohl
alle die Hand reichen.
Die
Frage ist:
Ist Gott da in
solchen Zeiten?
Hört er auf einen,
der lebensmüde geworden ist?
Schauen wir auf
Elija, liebe Mitchristen!
Er bleibt nicht
gefangen in seiner Depression. Er geht in seiner Verzweiflung und mit
seiner Verzweiflung zu Jahwe. Er richtet seinen Frust auf Gott.
Er klagt nicht
irgendwohin. Er klagt zu Gott:
„Nun ist es genug,
Herr. Nimm mein Leben!“
Wie kommt Elija
aus dem Tal seiner inneren Not, seiner Niedergeschlagenheit, seiner
Selbstzweifel?
Wie kann er wieder
Zuversicht schöpfen und Freude am Leben und seiner Berufung bekommen?
Wie zu neuen
Kräften kommen?
Wie wieder
Lebensmut gewinnen?
Es ist Gottes Tat!
Während Elija
schläft, kommt ein Engel.
Und im Engel
letztlich der wirkmächtige, der fürsorgende Gott.
„Steh auf und iss!“
Kein Schimpfen,
keine Vorhaltungen, keine klugen Ermahnungen. Jahwe ist da, doch nicht
als Fordernder, sozusagen mit „Durchhalteparolen“, sondern als ein
Sorgender.
Der Engel sagt
nicht: Reiß dich zusammen!
Stell dich nicht
so an! Lass dich nicht so hängen!
Solche Töne und
Sprüche kennen wir.
„Steh auf und
iss!“
Gott kommt
behutsam. Er gibt ein Zeichen. Er schenkt Stärkung. Er will das Leben
seines Boten. Er macht ihm Mut. Er entlässt ihn nicht aus seiner
Berufung, mag sie noch so lebensgefährlich und „unergiebig“ sein.
Elija isst und
trinkt. Aber er ist noch nicht so weit. Die Lustlosigkeit ist zu groß,
die Niedergeschlagenheit zu stark. Elija legt sich wieder hin und
schläft.
Und Gott lässt
ihn. Gott hat Geduld.
Dann weckt ihn der
Engel noch einmal:
„Steht auf und
iss; dein Weg ist noch weit!“
Elija erfährt in
der Wüste, in seiner Lebenswüste Jahwe auf andere, auf eine für ihn neue
Art und Weise. Derselbe Gott, der vorher im Feuerzeichen gegen die
Baalspriester „dreingefahren“ war, wirkt jetzt gleichsam
zärtlich:
Der enttäuschte
Prophet, der sich vergessen meint, ist nicht vergessen. Gerade in der
Stunde der Schwachheit erfährt der Prophet die Wirklichkeit, die
rettende Nähe seines Gottes:
„Da stand er auf,
aß und trank und wanderte in der Kraft dieser Speise 40 Tage und 40
Nächte bis zum Gottesberg Horeb.“
Liebe Schwestern
und Brüder!
Gott bewahrt nicht
vor allem Leid, aber in allem Leid.
Gott hilft uns
nicht am Leid vorbei, aber er hilft uns hindurch.
Gott ist da. Er
lässt den nicht im Stich, der ihm vertraut.
Einer hat gesagt:
In wie viel Not
hat nicht der gnädige Gott auch über uns schon seine Flügel gebreitet?
Haben wir es nicht immer wieder erfahren in unserem Leben, dass Gott
treu ist, dass Gott mit uns ist?
„Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen
Tag.“
(Dietrich. Bonhoeffer.)
Noch etwas, liebe
Schwestern und Brüder!
Gott trat in
Gestalt eines Boten zu Elija und stärkte ihn.
Jeder von uns kann
zuweilen ein Bote Gottes sein für einen Menschen, der meint, am Ende zu
sein.
Auch heute warten
viele auf den rettenden Engel.
Fragen wir uns:
Wo sind die
Menschen, wie heißen sie, denen ich rettender Engel sein könnte, denen
ich durch meine Nähe die Nähe Gottes, durch mein Erbarmen, das Erbarmen
Gottes, durch meinen Trost den Trost Gottes erfahrbar machen könnte?
Bedenken wir:
Christus hat keine
Augen, nur unsere Augen, um die Sorgen und Nöte der Menschen heute zu
sehen.
Er hat keine
Hände, nur unsere Hände, um helfend und heilend für andere da zu sein.
Er hat kein Herz,
nur unser Herz, um seine Liebe in unsere Welt zu bringen.
Und, liebe
Mitchristen, es braucht oft gar nicht viel.
Manchmal genügt
schon ein freundlicher Gruß, ein Telefonanruf, geduldiges Zuhören, die
Hand der Versöhnung, ein Lächeln.
Alltägliche Gaben,
kleine Zeichen wie das Brot in der Wüste.
Brüder und
Schwestern!
Die Hand, die
einen aufrichtet, hat jeder mal nötig.
Und jeder ist in
der Lage, dem anderen Hoffnung zu schenken.
Ohne den rettenden
Engel und ohne das Brot wäre Elija nicht an sein Ziel gekommen.
Auch wir erreichen
das Ziel unseres Lebens nur, wenn Zeichen der Freundschaft und Liebe
unser Leben begleiten.