Evangelium
Er begann, die Zwölf
auszusenden
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Aus dem heiligen Evangelium nach Markus
In jener Zeit
7rief
Jesus die Zwölf zu sich und sandte sie aus, jeweils zwei zusammen. Er gab ihnen
Vollmacht über die unreinen Geister
8und
er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein
Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel,
9kein
zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen.
10Und
er sagte zu ihnen: Bleibt in dem Haus, in dem ihr einkehrt, bis ihr den Ort
wieder verlasst!
11Wenn
man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht
weiter und schüttelt den Staub von euren Füßen, ihnen zum Zeugnis.
12Und
sie zogen aus und verkündeten die Umkehr.
13Sie
trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.
Es gibt eine Möglichkeit, sich die
Beschäftigung mit dem soeben gehörten Evangelium zu ersparen. Man kann es als
eine Weisung verstehen, die Jesus „in jener Zeit“ den Zwölf gegebenen hat.
Vielleicht hatte sie auch für die urchristlichen Missionare noch eine gewisse
Gültigkeit. Aber heutzutage? Wer geht noch mit einem Wanderstock zur
Verkündigung der Jesusbotschaft? Oder wer treibt Dämonen aus, an deren Existenz
kaum noch jemand glaubt?
Und doch will dieses Evangelium
nicht einfach ein Bericht von damals sein, sondern Antwort auf Fragen geben, die
für die Kirche auch heute noch aktuell sind.
Schauen wir also mal genauer auf
die in diesem Evangelium geschilderte Aussendung der Apostel: Wie vollzieht sie
sich? Was gibt Jesus den Seinen mit an Weisung und Auftrag? Und was bedeutet das
für uns heute? Was kann das uns sagen?
Als erstes fällt mir auf:
Es sind Fischer und Zöllner, die Jesus sendet, Menschen wie du und ich. Menschen
mit Schwächen, mit bisweilen ungestümem Temperament, nicht frei von Angst;
Menschen, weder besonders tugendhaft, noch besonders gescheit, allesamt Laien,
keine Kleriker, keine Schriftgelehrten, keine theologischen Experten. Da ist
nichts Professionelles. – Anscheinend sind andere Dinge wichtiger.
Weiter fällt mir auf: Jesus
schickt die Seinen zu zweit aus. Sie sollen einander unterstützen, miteinander
die Lasten ertragen, gemeinsam Krisen meistern und Gefahren bestehen.
Zu zweit kann man sich auch
austauschen, sich gegenseitig anspornen. Gemeinsamkeit gibt Kraft und macht
stark.
Zu zweit: das heißt m. E.
auch: es geht um gelebte Gemeinschaft. Sie sollen nicht nur durch Worte
predigen, sondern auch durch ihr Beispiel. Es soll anschaubar werden, wie es
geht, miteinander Leben und Glauben zu teilen, Liebe zu üben, Geduld zu haben,
verzeihen zu können.
Zu zweit: Was sagt das uns
heute? Es sagt uns: Christen sind keine Einzelkämpfer, keine Solisten.
Tuchfühlung ist angesagt, sich einhaken, Solidarität, Geschwisterlichkeit,
Weggemeinschaft. Der Versuchung zum Alleingang gilt es auch heute zu
widerstehen. Das Gemeinsame suchen, im Gespräch bleiben, einander stützen und
stärken.
Weiter fällt mir auf: Die
Jünger sollen nichts mitnehmen. Nur das Allernotwendigste. Warum das? – Ich
denke, die Jünger sollten erfahren, wie es ist, sich ganz auf die Güte der
Menschen zu verlassen und letztlich auf die Vorsehung Gottes zu vertrauen. Es
gibt überall gute Menschen. Und vor allem: Gott ist gut! Er ist da. Er wird
sorgen!
Nichts mitnehmen, das heißt für
mich auch: Keinen unnötigen Ballast. Weniger kann mehr sein. Weniger an Sachen,
Hilfsmittel, Institution, Bürokratie. Mehr an Freiheit, Unabhängigkeit,
Beweglichkeit. Weniger an Haben, mehr an Sein. Ob das nicht auch für die Kirche
heute gilt?
Jesus schickt die Seinen nicht nur
los mit leichtem Gepäck.
Sie sollen auch bleiben, wo sie
Quartier gefunden haben.
Sie sollen sich nicht – heute hier
und morgen dort – mit dem Besten verwöhnen lassen. Sie sollen keine Ansprüche
stellen. Sie sollen zufrieden sein mit dem, was sie vorfinden und was gute
Menschen ihnen geben. Dankbar sein für Unterkunft und Verpflegung. – Dankbarkeit
und Zufriedenheit. Ob das nicht auch uns Christen heute kennzeichnen und
auszeichnen sollte?
Noch etwas fällt auf: Die
Apostel erhalten von Jesus nicht nur den Auftrag zur Verkündigung. Sie sollen
die Gottesherrschaft nicht nur mit Worten ausrufen, Jesus gibt ihnen vielmehr
auch die Vollmacht, Kranke zu heilen und Dämonen auszutreiben.
Die Dämonen, die Quälgeister,
haben viele Gesichter: Süchte, Zwänge, Ängste, so vieles, worunter Menschen
leiden. Und manchmal ganz entsetzlich leiden.
Es geht auch heute noch darum, die
Menschen heil zu machen, sie zu befreien, von dem, was sie bedrückt, fesselt,
krank und kaputt macht. Es geht darum, für die Menschen da zu sein. Eine Kirche,
die nicht dient, dient zu nichts.
Auf noch etwas weist Jesus die
Seinen hin: Sie werden als seine Boten nicht überall mit offenen Armen
empfangen. Sie werden – wie er selbst – auch auf Ablehnung stoßen und Hass
erfahren. Da, wo solches geschieht, sollen sie sich nicht aufreiben und keine
Zeit vertun, sondern sollen einfach weiterziehen und den Staub von den Füßen
schütteln.
Liebe Schwestern und Brüder!
Das Weitersagen und Weitertragen des Glaubens funktioniert nicht immer. Eine
Erfahrung, die auch wir immer wieder machen, vielleicht schon im direkten
Umfeld, in der eigenen Familie, in unserem eigenen Freundeskreis. Nicht alle
teilen unseren Glauben, manche können nicht, andere wollen nicht verstehen und
mitvollziehen, was uns viel bedeutet, woraus wir Orientierung und Kraft für
unser Leben schöpfen.
Trotzdem: Aus dem Glauben leben,
Zeugnis geben. Die Frohe Botschaft mit ganzer Kraft verkünden. Jeder soll sie
vernehmen. Alle sind eingeladen, den Glauben kennen zu lernen. Aber keinem darf
er aufgezwungen und aufgedrängt werden. Mit Druck und Zwang bringt man den
Menschen Gott nicht näher.
Ob und wie das Reich Gottes Fuß
fasst, liegt in der Freiheit des Menschen. Gott respektiert diese Freiheit. Das
gilt auch heute.
Liebe Mitchristen! Wenn von
den Aposteln oder den Zwölf die Rede ist – wie heute im Evangelium – dann können
wir meinen: das geht uns nichts an. Wenn von Aussendung und Mission die Rede
ist, dann denken wir unwillkürlich an Missionare und Missionarinnen in fernen
Ländern. Und meinen wieder: das geht uns nichts an.
Doch wir alle sind zur Nachfolge
gerufen. Wir alle sind kraft Taufe und Firmung gesendet. Evangelisierung,
Weitergabe des Glaubens ist nicht Sondergruppen und Spezialeinheiten
vorbehalten. Das soll unser aller Anliegen sein.
Zeuge der Wahrheit sein, Werkzeug
des Friedens, Botin der Liebe, für andere ein Segen sein und so den Menschen,
die mit uns leben, den menschenfreundlichen Gott nahebringen: das können wir
alle, jede und jeder an ihrem und seinem Platz. |