Dieses
Evangelium fasziniert mich immer wieder.
Hätte es
damals schon einen Terminkalender gegeben, der von Jesus wäre an diesem
Tag aus allen Nähten geplatzt.
In Massen
strömen die Menschen zusammen.
Pausenlos
ist Jesus im Einsatz.
Ständig
ist er gefordert.
Unermüdlich ist er tätig.
Ein
gefüllter Arbeitstag, dieser Tag in Kafarnaum.
Volles
Programm. Jesus im Stress!
Am Morgen
befreit Jesus in der Synagoge einen Besessenen vom Bösen. – Dann heilt
er die kranke Schwiegermutter des Petrus.
Wie ein
Lauffeuer verbreitet sich die Kunde:
Da ist
einer, der helfen kann.
Selbst
Dämonen weichen vor ihm.
Unter
seinem Blick flieht das Böse.
In
Schwache und Kranke kommt neue Lebenskraft.
Darniederliegende werden aufgerichtet.
Hautnah
kommt Gott in Jesus zu den Menschen.
„Alle suchen ihn.“
Sie
belagern und bestürmen sie ihn.
Die ganze
Stadt ist vor der Haustür versammelt.
Sie
beanspruchen seine Kraft und er schenkt sie ihnen.
Er
investiert sich total. Restlos setzt er sich ein und nimmt sich der
Geplagten und Notleidenden an.
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Woher nimmt Jesus die Kraft?
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Wie hält er die Anspannung durch?
-
Wie schafft er es, dem überaus großen Anspruch
gerecht zu werden?
Markus
sagt es: „In aller Frühe stand er auf und ging an einen einsamen Ort,
um zu beten.“
Das tut
Jesus in seinem Leben immer wieder:
Er geht
in die Stille, in die Einsamkeit.
Er sucht
das Zwiegespräch mit dem Vater.
Simon
Petrus und die anderen scheinen das überhaupt nicht zu begreifen.
Wie kann
er sich zurückziehen? Das ist doch völlig unproduktiv?
Er sollte
doch die Gunst der Stunde, die Woge des Erfolges nutzen.
Dran
bleiben, weitermachen. Bei den Menschen Eindruck zu machen.
So oder
ähnlich mögen sie gedacht haben.
Jesus
zieht sich zurück in die Einsamkeit, um zu beten.
Das
Gespräch mit Gott, das stille Verweilen in seiner Gegenwart ist ihm
unendlich wichtig.
Ja, es
ist die Kraftquelle seines ganzen Lebens und Wirkens.
Nur wer
eins ist mit dem Vater, kann auch eins sein mit den Mitmenschen.
Ohne die
Rückbindung zu Gott kann die Bindung zum Nächsten nicht gelingen.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Dieses
Evangelium will uns kein schlechtes Gewissen machen.
Doch
sollten wir es als eine große Einladung hören, ab und zu abzuschalten,
still zu werden, zur Ruhe zu kommen, Gottes Nähe im Gebet zu suchen und
in seiner Gegenwart zu verweilen.
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Wie steht es damit bei mir?
-
Haben in meinem Leben die Besinnung und das Gebet einen festen
und wichtigen Platz?
-
Gibt es wenigstens Versuche in diese Richtung?
-
Woher schöpfe ich meine Kraft? Woraus lebe ich?
Viele Menschen heute sind stressgeplagt.
Man fühlt sich hoffnungslos überfordert.
Viele hetzen und strampeln sich ab bis
der Akku leer ist.
Man füllt
die Zeit aus mit Arbeit, Terminen, Erledigungen.
Da muss
man dieses noch und jenes noch.
Und in
den wenigen freien Stunden lässt man sich von der Flimmerkiste berieseln
bis einem die Augen von selbst zufallen.
Und
irgendwann merkt man schon gar nicht mehr, dass man nicht mehr selber
lebt, sondern gelebt wird oder nur noch funktioniert.
Die
Gefahr ist groß, dass man unter den Erwartungen der Umgebung und der
Konkurrenz sich nur noch von außen leiten lässt.
Oder dass
jemand nur noch Berufs- und Karrieremensch ist - und nicht mehr Mensch
für andere.
Man
kreist ständig um sich, kommt aber nicht mehr zu sich.
Man geht
in der Arbeit nicht auf, sondern unter.
Man
versinkt in den alltäglichen Problemen und Aufgaben.
Vor
lauter Bäumen sieht man den Wald nicht mehr.
Und merkt
es oft selbst nicht einmal, dass man bei all dem Druck und der Hektik
und dem Stress nicht nur den Überblick, sondern auch sich selbst
verliert und nur noch wie eine Maschine funktioniert.
Wie oft
lassen wir uns vereinnahmen von allem Möglichen und ruinieren und
vernachlässigen dabei unseren Körper, unsere Seele und unsere
Allernächsten?
Soweit
dürfen wir es aber nicht kommen lassen. Wir dürfen nicht erst warten bis
kurz vor dem Zusammenbruch. Dann ist es zu spät.
Wir
müssen rechtzeitig abbremsen, innehalten, zur Mitte finden und einen
gesunden Ausgleich schaffen, einen Ausgleich, zwischen den Anforderungen
unseres Lebens und den Anforderungen unserer Seele.
Wir
müssen immer wieder jene „einsamen Orte“ suchen, in denen uns neue Kraft
zuströmt: Orte der Ruhe, des Gebetes, der Muße und des zweckfreien,
fröhlichen Miteinanders.
Vielleicht ist solcher Rückzug – wie bei Jesus – ganz besonders dann
wichtig, wenn die Aufgaben und Anforderungen einen zu überschwemmen
drohen.
Die
Aktion braucht die Meditation. Das Wort braucht das Schweigen.
Was uns
immer wieder nottut und gut tut, ist die Atempause, das Verschnaufen.
Wir
brauchen immer wieder den Abstand zu den Dingen, die sich so wichtig
gebärden.
Ohne
Sammlung gleichen wir einem leeren Krug oder einem wasserlosen Brunnen.
Jesus hat
uns das beispielhaft vorgelebt.
Immer
wieder geht er in die Stille und sucht die tiefe Gemeinschaft mit dem
Vater im Himmel.
Dann kann
er wieder zu den Menschen zurückkehren, sich ihnen neu und erneuert
zuwenden und ihnen ganz gehören.
Auch wir
müssen immer wieder ganz bewusst zur Mitte finden,
ganz
bewusst jenen „einsamen Ort“ aufsuchen, wo uns Kraft zum Leben
zuwächst.
Wichtig
ist, dass wir uns immer wieder Zeit nehmen für uns selbst und für das
Verweilen in der Gegenwart Gottes.
Ob früh
morgens oder spät abends, am Werktag oder am Sonntag.
Solches
Sich-Zurückziehen kann uns auch wieder bewusst machen, dass Gott da ist,
dass er auch mein Leben begleitet, dass er mir zugetan ist in
unendlicher Liebe.
Wenn wir
manchmal das Gefühl haben, dass unsere Kräfte gerade noch für diesen Tag
ausreichen, dann dürfen wir wissen:
Gott gibt
uns täglich neue Kraft, wenn wir sie uns geben lassen.
Vor der
Sendung kommt die Sammlung, vor dem Geben das Empfangen.
Nur als
Beschenkter kann ich ein Schenkender sein, nur als Gesegneter ein
Segnender.
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