Petrus
bringt’s auf den Punkt. Er trifft ins Schwarze: „Du bist der
Messias.“
Prima!
Goldrichtig! Vielleicht haben ihm die anderen anerkennend auf die
Schulter geklopft.
Doch
schon im nächsten Augenblick nennt Jesus diesen Petrus „Satan“,
also Widersacher, Feind Gottes.
Welch
krasser Gegensatz!
„Satan“,
das ist alles andere als ein Kosename. das ist ein schlimmes
Schimpfwort, eine schroffe Zurechtweisung!
Und statt
Lob erhält Petrus einen Maulkorb, ein Redeverbot.
Wie kommt
es zu dieser harten und scharfen Reaktion Jesu?
Petrus
hat es doch gut gemeint, oder?
Sehen
Sie: Gleich nach dem großartigen Messiasbekenntnis des Petrus beginnt
Jesus aufzuzeigen, wie sein Schicksal aussehen wird.
Er
spricht von seinem Leiden und Sterben, das ihn in Jerusalem erwartet.
Sein Weg führt in die Erniedrigung und in den Tod.
Für
Petrus ist dieser Gedanke unerträglich, völlig inakzeptabel, ja eine
Zumutung.
So hat er
sein Messiasbekenntnis nicht verstanden.
Und darum
nimmt er Jesus beiseite und macht ihm Vorwürfe.
„Messias“
heißt für Petrus Macht, nicht Ohnmacht; Sieger und nicht Verlierer;
Herrschaft und nicht Leiden; Erfolg und nicht Scheitern.
In seinem
Bild vom Messias hat das Kreuz keinen Platz.
Dass der
Messias leiden muss, das ist für ihn unvorstellbar. Das kann nicht sein,
das darf nicht sein!
Petrus
hat ganz andere Erwartungen an den Messias.
Ein
leidender Messias ist für ihn absolut unfassbar. Der passt nicht in sein
Konzept.
Doch
Jesus hat bereits seine Passion im Blick.
Er sieht:
sein Weg führt hinauf nach Jerusalem, jedoch nicht auf die Königsburg
auf dem Zion, sondern nach Golgatha.
Petrus
missversteht die wahre Sendung Jesu. Er liegt sozusagen völlig daneben.
Er hat
nicht im Sinn, Gott will, sondern was die Menschen wollen.
Er denkt
ganz in menschlichen Maßstäben und Kategorien.
Und wenn
er Jesus von seinem Weg abbringen und ihn daran hindern will, der
Passion entgegen zu gehen, dann ist das für Jesus eine teuflische
Versuchung, dann tritt Petrus als „Satan“ an ihn heran, als
einer, der täuscht und in die Irre führt.
Schon
einmal hat der Teufel versucht, Jesus von seiner Sendung abzubringen, in
der Wüste, nach seinem 40-tägigen Fasten.
Die
letzte teuflische Versuchung tritt an Jesus am Kreuz heran, wo die
Spötter rufen:
„Wenn du der Messias bist, dann steig herab vom Kreuz.“
Das wäre
die Sensation gewesen. Jesus tat es nicht.
Er blieb.
Er hielt aus. Er hielt durch bis zum Ende.
Er
bewahrte die Gleichförmigkeit mit dem Willen des Vaters.
Auch
jetzt widersteht Jesus dem Petrus gegenüber in dieser – für ihn –
teuflischen Versuchung.
„Ich komme, um deinen Willen zu erfüllen“,
so steht es groß über dem Leben Jesu.
Immer war
es seine Speise den Willen des Vaters zu tun.
Petrus
jedoch muss sich sagen lassen, dass er nicht denkt, was Gott will,
sondern was die Menschen wollen.
Es bleibt
ihm nicht erspart umzusinnen, umzudenken, umzuschwenken auf Gottes
Gedanken.
Petrus
muss den Weg Jesu und seine wahre Sendung erst noch verstehen lernen.
Ein
langer, schmerzlicher Weg des Loslassens steht ihm bevor:
des
Loslassens der eigenen Gedanken und Vorstellungen, der eigenen Ziele und
Pläne.
Ein
Lernprozess, der nicht von heute auf morgen zu bewältigen ist, sondern –
auch bei Petrus – Jahre dauert, ja bis zum Lebensende geht.
Noch im
Ölberggarten wird er mit dem Schwert dreinschlagen.
Und „Quo vadis, domine?“
fragt er der Legende zufolge den Herrn, als er
am Ende seines Lebens dabei ist, aus Rom zu fliehen und noch einmal vor
dem Leiden und dem Kreuz auszuweichen.
Liebe
Mitchristen!
Das
Messiasbekenntnis des Petrus ist das eine, das Messiasschicksal
annehmen, ist das andere!
Das
äußere Bekenntnis zu Jesus kann leicht sein.
Wie oft
und schnell sprechen und bekennen wir:
„Du
allein bist der Heilige, du allein der Herr, du allein der Höchste,
Jesus Christus!“
Aber der
Nachvollzug, das Leben dieses Bekenntnisses im Alltag, das Stehen zu
Jesus Christus, das Zeugnis geben vom Glauben, auch wenn es schwierig
wird, das Gehen-seines-Weges, das Ihm-Folgen auf seinem Weg und auch
sein Schicksal teilen. Wie schwer kann das sein!
Liebe Schwestern und Brüder!
Ich
meine, wir sind dem Petrus gar nicht so unähnlich.
Meinen
wir nicht auch manchmal genau zu wissen, wie Gott zu sein und zu handeln
hat, was sein darf und was nicht?
Versuchen
wir nicht auch immer wieder, Gott nach unseren eigenen Vorstellungen
zurechtzurücken?
Und
zimmern wir uns nicht manchmal einen Glauben, der ganz behaglich und
vernünftig ist, ein Wohlfühlglaube, möglichst leicht, möglichst
angenehm?
Ist es
nicht so, dass wir manchmal auch versuchen, den Herrn – wie Petrus – zur
Seite zu ziehen, um ihn für unsere Zwecke zu vereinnahmen?
Ist es
nicht so, dass auch wir bisweilen – wie Petrus – dem Herrn
entgegentreten, um ihm zu sagen, wo der Spaß aufhört und wo es lang zu
gehen hat, anstatt ihm nachzufolgen?
Nicht
wahr, wir sind gar nicht so viel anders als Petrus.
Auch wir
sträuben uns gegen das Leid und scheuen vor dem Kreuz zurück.
Auch wir
möchten lieber auf bequemen Wegen zum Ziel gelang.
Aber,
liebe Mitchristen, es gibt keine heile Welt. Es gibt nicht den Himmel
auf Erden.
Ich bin
sicher: Auch jeder von uns hat sein Päckchen zu tragen.
Immer
wieder erfahren wir, wie uns etwas gegen den Strich geht, uns zusetzt,
uns zu schaffen macht.
Immer
wieder erfahren wir, wie unser Leben durch-kreuzt wird.
Immer
wieder geraten wir in Krisen, Sackgassen und Dunkelheiten.
Es gibt
kein Leben ohne Leid.
Es gibt
kein Leben ohne Verluste, Verwundungen und Enttäuschungen.
Es gibt
keine Leben ohne Schuld, Trauer, Einsamkeit, Krankheit und am Schluss
den Tod.
Kein Weg
führt daran vorbei. Kein Menschenleben bleibt davor bewahrt.
Jesus hat
das Leiden nicht gesucht.
Wie sehr
war seine Seele am Ölberg erschüttert! Wie sehr litt er Todesängste!
Aber er
stellt sich der unausweichlichen Realität des Leidens. Er ist nicht
davor geflohen.
„Vater, nimm diesen Kelch von mir, aber nicht wie ich will, sondern wie
du willst!“
Auch wir
brauchen das Kreuz nicht zu suchen. Wir brauchen uns keines zu zimmern.
Es ist einfach da in vielfältiger Form.
„Weg mit dir, Satan!“
ruft Jesus Petrus zu. Wörtlich: „Hinter mich!“
Mir nach!
Wieder in meine Spur, auf meinen Weg!
Doch
Nachfolge Christi, ist kein Spaziergang. Enttäuschungen gehören dazu. So
manche Täuschung muss von uns genommen und so mancher Widerstand
ausgehalten werden, wenn man Jünger, Jüngerin Jesu sein will.
Man wird
von den Menschen nicht verstanden, ja für dumm gehalten und ausgelacht.
Das ist keine himmlische Schikane, das liegt in der Natur der Sache,
denn Jesus selbst ging ja diesen Weg.
Ihm zu
folgen, gelingt immer dann, wenn unser Herz brennt und unsere Sehnsucht
glüht.
„Hinter mich! Mir nach!“
ruft Jesus auch uns zu.
Dort ist
auch unser Platz, der Platz des Jüngers und der Jüngerin Jesu, der Platz
in seiner Nachfolge.
Von
Kardinal Faulhaber stammt das Wort: „Nah beim
Kreuz, ist nah bei Gott!“
Wer das
Kreuz seines Lebens bewusst annimmt, es tapfer und geduldig trägt, für
den wird es zur Brücke des Lebens. |