„Effata - Öffne dich!“ Ein
wunderbares Wort.
Zu einem Taubstummen hat Jesus
das gesagt.
Zu einem Menschen also, der auf
eine doppelte Weise verschlossen war: Seine Ohren waren zu. Er hörte nichts.
Nie hörte er die Wellen vom See
Genesareth, nie das Zwitschern der Vögel, das Rauschen des Windes, das Lachen
der Kinder oder die Worte seiner Mutter.
Aber der Mann war nicht nur taub,
sondern auch stumm.
Was er fühlte, was er dachte, er
konnte es niemandem sagen.
Er konnte sich nicht mitteilen.
Ein solcher Mensch ist wie
abgeschnitten vom Leben. Er lebt weithin isoliert, einsam, autistisch.
Er verschließt sich allzu leicht
in sich selbst.
Jesus bewirkte, dass diese
doppelte Verschlossenheit sich öffnete. Er sprengte die Mauern, hinter denen ein
solcher Mensch gefangen ist.
Damals war es ein Taubstummer.
Aber ist das nicht auch unsere
Geschichte?
Offensein - Verschlossensein.
Wir brauchen nur darüber
nachzudenken, dann merken wir,
wie diese Spannung unser ganzes
Leben begleitet.
Wie gut tut es, einem offenen
Blick zu begegnen!
Wie gut tut es, ein offenes
Lachen zu hören!
Was kann ein offenes Wort alles
bewirken!
Nur eine offene Hand kann
trösten, streicheln, empfangen und geben
Wir möchten alle gern offen sein.
Aber wir sind‘s nicht immer.
Es gibt so viele Gründe
verschlossen zu sein:
Ein Mensch kann sich selbst
so fremd werden, dass er sich nicht mehr versteht und sich in seiner
Ratlosigkeit verschließt.
Einem Menschen können die
anderen so fremd werden, dass ganz unbemerkt eine Wand von
Teilnahmslosigkeit und Gleichgültigkeit entsteht.
Ein Mensch kann so enttäuscht
sein, weil er nicht geliebt wird, dass er auch selbst nicht mehr lieben kann und
es auch nicht mehr will und sich verschließt in seiner Verbitterung.
Ein Mensch kann so verzagt in
einer schlimmen, ausweglosen Situation oder wegen seiner Zukunft, dass er sich
verschließt hinter seinen armen Sorgen, Nöten und Ängsten.
Trauer, Trennung, der Verlust
eines lieben Menschen, kann so verschlossen machen, dass jemand eine Zeitlang
nicht mehr wahrnimmt, was um ihn geschieht.
Angst kann so verschlossen
machen, dass einer wie gelähmt ist.
Erlittenes Unrecht kann
verschlossen machen, dauern benachteiligt und übergangen werden, nicht ernst
genommen werden...
-
Da fühlt sich eine nicht mehr
angesprochen und verstanden. Sie zieht sich zurück. Und es schließen sich
Türen, die von selbst so leicht nicht wieder aufgehen.
-
Da hat einer sich geärgert
oder fühlt sich gekränkt und keiner hilft, das beizulegen. Missstimmung,
Verdruss, sind die Folgen. Verdruss, um den sich keiner kümmert, macht Türen
zu.
-
Da wird einer ständig
kritisiert, dauernd hackt jemand auf ihm herum. Gekränkt macht er die Türen
zu. Auch Neid und Eifersucht machen leise und unauffällig Türen zu.
Liebe Mitchristen!
Das alles ist gemeint mit „Effata - Öffne dich!“
Nicht nur unsere Ohren und unser
Mund, nicht nur die Sinnesorgane sind gemeint, sondern auch die geistige und
seelische Verschlossenheit. Unser Herz ist gemeint!
„Effata - Öffne dich!“
Ein befreiendes Wort.
Jesus lädt uns ein, uns zu
öffnen, uns zu öffnen für einander, aber auch für sein Wort, für sein Beispiel,
für seine Gesinnung, dass wie im Hören auf ihn, im Schauen auf ihn, ihm
ähnlicher werden, immer mehr wie er gesinnt sind und aus seinem Geiste leben.
„Effata - Öffne dich!“
ist allerdings auch ein beunruhigendes Wort.
Beunruhigend wie alles, was an
den Nerv geht.
Es gibt nämlich nicht nur die
geheime Sehnsucht, sich zu öffnen.
Es gibt auch die geheime Angst,
dass das einem nicht gut bekommt.
Nach dem Motto:
Sag nie etwas Wesentliches, du
könntest dich ja blamieren.
Gib nichts von deinem Innern
preis, du könntest dich ja lächerlich machen und verletzt werden.
Sag nicht „ich“, sag
„man“! Versteck dich hinter der Allgemeinheit.
Rede belanglos: vom Wetter, der
Mode, Kochrezepten, Fußball, Computer, von allem möglichen Unverfänglichem, nur
nicht von dir selbst.
Will ich mich überhaupt öffnen?
Sich öffnen bedeutet Anstrengung,
Risiko. Es ist ein Wagnis.
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir können uns nichts Besseres
wünschen, als dass Jesus auch in unser Leben tritt, uns heilend berührt und uns
das befreiende Wort sagt: „Effata - Öffne dich!“
Lass das Leben in dich
einströmen, für das du geschaffen bist und das Jesus dir im Namen Gottes bringt!
„Effata - Öffne dich!“ Lass dir im Hören auf
sein Wort, im Gebet, in der Meditation, in der Begegnung mit ihm in den
Sakramenten Kraft und Energie zuströmen!
Liebe Schwestern und Brüder!
Nehmen Sie diese
Heilungsgeschichte mit hinein in die kommenden Tage und Wochen! Lassen sie sich
davon berühren! Nehmen Sie sie mit hinein in Ihre Arbeit, in Ihre Begegnungen,
in Ihr Hören und Sprechen den Tag über!
Achten Sie einmal auf Ihr Hören
und Sprechen, ob Sie wirklich mit dem Herzen hören und aus dem Herzen heraus
sprechen!
Nehmen sie einmal wahr, wie es
sich bei Ihnen verhält mit dem Sich-Öffnen und Sich-Verschließen!
Üben Sie immer wieder auch das
Hören auf Gott, auf seine meist gar nicht aufdringliche, sondern eher leise
Stimme.
Es ist eine Kunst, sie
herauszuhören aus den vielen Worten und Stimmen, die täglich und stündlich an
uns heran und in uns eindringen.
Und achten Sie auch einmal auf
Ihr Sprechen!
Sind es Worte der Liebe? Sind es
Leben stiftende Worte?
Worte des Mitgefühls, der
Klarheit und Wahrheit?
Ist es ein Sprechen mit
anderen oder mehr ein Sprechen über andere?
Liebe Schwestern und Brüder!
Wenn wir bereit sind, uns der
Nähe, die Jesus schenkt, zu öffnen, seinem Geist, seinem Licht, seiner Gnade und
Liebe, dann kann auch an uns Wunderbares, kann Heil und Heilung geschehen.