Jesus heilt einen Kranken. Er treibt
einen Dämon aus. Er befreit einen Menschen von seiner Besessenheit.
Vielleicht schütteln wir jetzt den Kopf
oder rümpfen die Nase.
Oder wir denken: Was geht das uns an? Das
war einmal.
Wir leben heute, in einem aufgeklärten
Zeitalter.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Ist uns
das Böse wirklich so fremd? Ist uns der Teufelskreis aus Sucht und
Versagen, aus Besessenheit und Ohnmacht nicht bekannt aus eigener
Erfahrung oder wir erleben es in unserem Umfeld, in der Familie, in der
Verwandtschaft, im Freundes- oder Kollegenkreis?
Dämonie und Besessenheit haben viele Gesichter.
Kennen
wir das nicht auch, dass etwas derart von uns Besitz ergreift, dass
etwas uns so in Beschlag nimmt, uns so stark besetzt, bestimmt und
beherrscht, dass man davon ganz eingenommen, ja wie gefesselt ist, total
abhängig, ausgeliefert, so sehr , dass es einen ganz fertig macht, krank
macht, ruiniert und kaputt macht, so sehr, dass jemand am Schluss nur
noch ein Wrack ist?
Es gibt
sie tatsächlich: „Dämonische Mächte, unheimlich zerstörerische
Kräfte.“ Und es ist ganz schlimm, wenn ein Mensch in ihrer Gewalt
ist, wenn einer im Bann des Bösen steckt oder von einer Besessenheit
geplagt ist. – Unheilsmächte sind das. „Dämonen, unreine Geister“
hießen sie zur Zeit Jesu. Sie hindern uns daran, wirklich wir selbst zu
sein. Man wird sich selbst fremd, innerlich unfrei, ein Spielball nicht
kontrollierbarer Regungen, Einflüsse oder Prägungen.
Die
äußere Krankheit ist oft ein Zeichen einer inneren Misere und
Trostlosigkeit. Das Krankmachende liegt tiefer. Alles, was Menschen hin
und her zerrt, gegeneinander aufhetzt, ihre Würde verletzt, ist unreiner
Geist, ist dämonisch und kommt aus dem Herzen der Finsternis.
Es können
die tausend Kräfte der Angst sein, eines Zwanges, einer Sucht oder einer
Gier. Es kann ein schlimmes Laster sein, eine böse Leidenschaft,
übertriebener Perfektionismus, maßloser Ehrgeiz, Geltungsdrang oder auch
Minderwertigkeitskomplexe.
Es kann
sein, dass jemand z.B. seine Sexualität nicht in den Griff kriegt,
überhaupt keine Selbstbeherrschung hat, sich total gehen lässt. Das ist
alles andere als harmlos wie die vielen Vergewaltigungen selbst in der
Ehe zeigen oder der sexuelle Missbrauch von Kindern. Es ist wirklich als
ob da jemanden der Teufel reitet.
Ein
anderes Beispiel: Eine Frau hat den Zwang, anderen immer Böses zu
wünschen, dem eigenen Mann, der Tochter, den Nachbarn. Es ist wie
verhext. Die Frau leidet unsäglich darunter und lebt ständig mit einem
schlechten Gewissen.
Jemand
anders kennt kein Maß beim Essen. Esssucht. Eine ganz schlimme Sache.
Dauernd schiebt man etwas hinein. Ständig ist man dabei, sich voll zu
stopfen. Letztlich stopft man die Seele voll, um die Enttäuschungen
nicht zu spüren, um die Sorgen zu vergessen, um den Ärger
hinunterzuschlucken oder um schlichtweg den Mangel an Anerkennung und
Liebe auszugleichen.
Oder jemand leidet an Kaufzwang. Ständig
muss man Dinge kaufen, immer was Neues haben, um die innere Leere
zuzuschütten.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Es gibt
auch die kleinen Dämonen, den Dämon der Ungeduld, des Zorns, des
Nachtragens, den Dämon der Rechthaberei, des Vorurteils, der
Besserwisserei, den Dämon der Arroganz. Häufig sind Menschen auch
besessen von Groll und Bitterkeit; oder von der Gier nach Macht und
Beifall; oder Habsucht, die Gier nach immer mehr Geld, Besitz, Reichtum.
Manches
mag für sich genommen harmlos und alltäglich sein und doch ist es eine
Einschränkung der inneren Freiheit. Und wenn eins zum andern kommt, hat
es oft katastrophale Auswirkungen.
Da sieht
jemand z. B. immer alles negativ. Dauernd ist er am Nörgeln. An allem
hat er was auszusetzen. Es ist unerträglich.
Oder
jemand kann es nicht lassen, schlecht über andere zu reden. Ständig
zieht er über andere her und lässt nichts Gutes an ihnen.
Manchmal
kommt das Böse auch in ganz subtilen und raffinierten Formen daher.
Sogar unter dem Mantel der Frömmigkeit kann es in Erscheinung treten,
bestens getarnt als kleiner fieser Teufel des Moralisierens, der Enge,
der Härte, der Kritiksucht, des Zynismus, des Rigorismus, der
Unbarmherzigkeit, die bis zur Grausamkeit gehen und zum Sadismus werden
kann.
Und immer leidet ja die Umgebung auch
darunter. Immer sind andere mitbetroffen: der Ehepartner, Kinder,
Eltern, Kollegen...
Auch das
Böse hat seine Auswirkungen, genauso wie das Gute.
Und wie
oft entsteht ein Teufelskreis des Bösen. Und wir wissen doch, wie schwer
es ist, aus diesem Teufelskreis auszubrechen! Wie schwer ist es, die
Ketten verkehrter Gewohnheiten und falscher Abhängigkeiten abzulegen!
Wie schwer ist es, nicht fremdbestimmt zu leben, sondern wirklich als
wir selbst, innerlich frei, ohne Zwänge und ohne Ängste.
Liebe
Mitchristen!
Unreine Geister, dämonische
Kräfte: Stecken sie nicht in jedem Menschen?
Wer von uns hat schon einen ganz reinen Geist?
Wer von uns ist schon immer Herr im
eigenen Lebenshaus? Kennen wir nicht alle das Böse und Dunkle in uns?
Das reicht von den vielen Verkettungen,
inneren Unfreiheiten und Lebenslügen bis zu schrecklichen,
unvorstellbaren teuflischen Untaten, die Menschen begehen können. – Es
ist schockierend, aber auch heilsam, einmal in die Abgründe des eigenen
Herzens zu schauen.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Die Dämonenaustreibung am Anfang
des Markusevangeliums ist ein Zeichen dafür, dass Jesus jedwedem Dämon –
mag er heißen wie er will – den Kampf angesagt hat. Denn Dämonen
versklaven den Menschen.
Jesus aber will den
Menschen befreien und erlösen. Dazu ist er in die Welt gekommen.
Und das ist es, was das heutige
Evangelium sagen und zeigen will:
Jesus
ist der Gesandte, der Heilige Gottes. Er besitzt die Kraft und Macht
Gottes. In ihm ist in Wort und Tat Gott selbst am Werk. In ihm geht Gott
auf den Menschen zu, der sich in Not und Bedrängnis befindet. In ihm
zeigt sich Gott mit seiner heilenden Kraft. Er hat die Macht, von den
dunklen und bösen Mächten zu befreien, in deren Bann Menschen geraten.
Er hilft, zu sich selbst zu finden, zum Einklang mit sich selbst und mit
Gott zu kommen.
Jesus will die Menschen
zur Freiheit und zum Frieden führen.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Das Evangelium will uns ermutigen, der
rettenden und heilenden Kraft und Macht Gottes zu vertrauen. Keiner
Mächtigkeit soll es erlaubt sein, vom Menschen Besitz zu ergreifen außer
Gott.
Wo die Herrschaft Gottes in einem
Menschen Platz gewinnt, muss die Herrschaft der Dämonen weichen. Also:
Gott Raum geben in unserem Leben, ihn Herr sein lassen, auf ihn hören,
sich von seinem Geist ergreifen und führen lassen!
Öffnen wir uns immer wieder neu Gottes
guter Macht. Lassen wir uns ergreifen von Gottes gutem Geist. Widersagen
wir immer wieder dem Bösen! Widerstehen wir den Versuchungen des Bösen!
Lassen wir Gott Herr sein in unserem Leben! Geben wir seinem Willen
Vorfahrt! Lassen wir uns vom Guten leiten!
Gott ist da. Er liebt uns. Er steht zu
uns. Er sagt ja zu uns. Seine Kraft geht alle Wege mit. Darauf dürfen
wir vertrauen. Und darum können wir ja sagen zu uns selbst, können uns
selbst annehmen, dürfen Mut haben, Vertrauen, können uns selbst etwas
zutrauen und unsere Begabungen und Fähigkeiten einsetzen. Im Vertrauen
auf Gott können wir dem Leben trauen und immer mehr ohne Angst leben.
Jesus will und kann auch uns heil
machen und uns zu wirklichem Leben befreien. Vertrauen wir ihm, seiner
Macht und seiner Liebe!
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