Zweite Lesung
Werdet Täter des Wortes und
nicht nur Hörer!
Lesung
aus dem Jakobusbrief
Meine geliebten Schwestern und
Brüder!
17Jede
gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, vom Vater der
Gestirne, bei dem es keine Veränderung oder Verfinsterung gibt.
18Aus
freiem Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit geboren, damit wir eine
Erstlingsfrucht seiner Schöpfung seien.
21bNehmt
in Sanftmut das Wort an, das in euch eingepflanzt worden ist und die Macht hat,
euch zu retten!
22Werdet
aber Täter des Wortes und nicht nur Hörer, sonst betrügt ihr euch selbst!
27Ein
reiner und makelloser Gottesdienst ist es vor Gott, dem Vater: für Waisen und
Witwen in ihrer Not zu sorgen und sich unbefleckt von der Welt zu bewahren.
„Nichts als schöne Worte!“
Haben Sie sich das auch schon mal gedacht, liebe Schwestern und Brüder? Nach
einer Wahlrede zum Beispiel? Nach einem wichtigen Gespräch unter vier Augen?
Vielleicht auch nach einer Predigt?
Wenn hinter all den schönen Worten
nichts steckt, wenn darauf kein Verlass ist, wenn den vielen Versprechungen
keine Taten folgen, dann erschüttert das jede Glaubwürdigkeit. Dann sagen u.
denken wir: „Worte, Worte, nichts als Worte!“
Auf den Zusammenhang von Reden und
Tun, von Hören und Befolgen verweist heute auch die Lesung aus dem Jakobusbrief.
Der entscheidende Satz lautet: „Seid Täter des Wortes, nicht nur Hörer!“
Also: „Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach!“
Das Hören wird nicht abgewertet.
Es ist ganz wichtig.
Ich kann das Wort erst befolgen
und danach handeln, wenn ich es zuvor gehört habe. Das gilt auch für das Wort
Gottes. Nicht umsonst beginnt das große Gebot der Israeliten mit „Höre,
Israel!“
Auf Gott hören, wie geht das?
Eine ganz wichtige Voraussetzung des Hörens ist Stille und Schweigen. – Wenn uns
jemand etwas sagen möchte, Lärm aber seine Stimme übertönt, dann ist hören
schwer oder gar unmöglich.
Neben dem äußeren Lärm gibt es
auch den inneren Lärm. Äußerlich gesehen schweigt man und hört dem anderen
scheinbar zu, innerlich aber ist man mit seinen Gedanken ganz woanders. Das
äußere Hören findet erst dann sein Ziel, wenn es zu einem aufmerksamen inneren
Hören wird.
Ein Lied im neuen Gotteslob
lautet: „Schweige und höre, neige deines Herzens Ohr, suche den Frieden.“
Dieser kleine Kanon nimmt den Anfang der Benediktregel auf. „Schweige und
höre, neige deines Herzens Ohr, suche den Frieden.“
Liebe Schwestern und Brüder!
Wissen Sie, was der junge König
Salomo geantwortet hat, als er im Traum von Gott her einen Wunsch äußern durfte?
Er wünschte sich nicht Reichtum,
nicht Gesundheit, kein langes Leben, nicht den Sieg über seine Feinde oder den
Gehorsam seiner Untertanen. Was hat er sich gewünscht? Ein hörendes Herz.
„Verleih deinem Knecht ein hörendes Herz!“ Und das war ein Wunsch, der Gott
imponiert hat.
Die Propheten beklagen jedoch
immer wieder, wie oft das Herz verhärtet und verschlossen ist. „Heute, wenn
ihr seine Stimme hört, verhärtet nicht euer Herz“ (Psalm 95). Verschließt es
nicht! Macht nicht zu!
Wissen Sie, was der kleine Bub
Samuel geantwortet hat, als er des Nachts im Tempel zum dritten Mal angerufen
wurde? Auf Elis Rat antwortete er: „Rede, Herr, dein Diener hört!“
Und bei der Verklärung Jesu auf
dem Berg, was hat da die Stimme aus der Wolke gesagt? „Das ist mein geliebter
Sohn! Auf ihn sollt ihr hören.“ – Oft ruft Jesus aus: „Sie haben Ohren
und hören nicht!“ Oder: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“
Das Hören ist also ganz
wichtig. Aber es darf nicht beim Hören bleiben. Zum Hören muss das Tun
kommen. Und das betont Jakobus in der heutigen Lesung. Er legt den Adressaten
seines Briefes eindringlich ans Herz, das Wort nicht nur zu hören, sondern auch
danach zu handeln, nicht nur Hörer des Wortes zu sein, sondern auch Täter.
Entsprechend dem Wort Jesu: „Selig, die das Wort Gottes hören und es
befolgen.“
Auf Gott hören und sein
Wort befolgen, Hörer und Täter des Wortes sein, auch dafür gibt es in der
Bibel und bei den Heiligen viele Beispiele. Da ist Abraham, Mose, die Propheten…
Und da ist vor allem Maria,
die Mutter Jesu. Sie hat das Wort Gottes gläubig gehört. Sie hat es in ihrem
Herzen bewahrt, erwogen, darüber nachgedacht. Und sie hat es befolgt.
Sie war bereit, sich einzulassen,
mitzuwirken: „Mir geschehe nach deinem Wort.“
Genauso der heilige Josef.
Immer wieder bekommt er neue Weisungen. Und jedes Mal tut er, was Gott ihm sagt
und geht, wohin Gott ihn schickt. Er hört, horcht und gehorcht.
Mir fällt auch Petrus ein.
Als er und seine Freunde eine ganze Nacht arbeiten und nichts fangen, da sagt
Jesus am helllichten Tag zu ihm: „Fahr hinaus auf den See und werft eure
Netze zum Fang aus!“ Eigentlich ein total unsinniges Unternehmen. Aber er
tut’s. – „Auf dein Wort hin!“ – Und sie machen einen überwältigenden
Fang, so groß, dass die Netze zu zerreißen drohen und die Boote fast untergehen.
Ein wunderbares Beispiel für Hören
und Tun ist auch der heilige Franziskus. Als er als junger Mann im
Kirchlein San Damiano betet, hört er vom Kreuz herab die Stimme: „Franziskus,
siehst du nicht, wie mein Haus zerfällt? Geh, richte es wieder auf!“ Und
Franziskus antwortet: „Gern will ich es tun Herr!“
Er hört und ist bereit zu tun.
Ein andermal hört er bei einer
Messfeier im Kirchlein Portiunkula das Evangelium von der Aussendung der Jünger.
Nachher geht er in die Sakristei und bittet den Priester, ihm das Evangelium zu
erklären. Da klatscht Franziskus in die Hände und sagt: „Das ist es, was ich
will, das verlange ich zu tun aus ganzem Herzen.“ Und auf der Stelle ist er
bereit, das Gehörte in die Tat umzusetzen. Thomas von Celano, Gefährte des
heiligen Franziskus und sein erster Biograph sagt dazu: „Er war ja kein
tauber Hörer des Evangeliums!“ – Das ist es: kein tauber Hörer, keine taube
Hörerin des Evangeliums sein!
Roger Schutz, der frühere
Prior von Taize hat einmal gesagt: „Lebe, das, was du vom Evangelium
begriffen hast, und sei es auch noch so wenig!“ – Aber das leb, das mach
konkret, das versuch ins praktische Leben umzusetzen, das versuch hinein zu
buchstabieren in deinen Alltag.
Liebe Schwestern und Brüder!
In jeder Eucharistiefeier hören wir Gottes Wort. Geht es da rein und da raus?
Ist es für uns nur Schall und Rauch? – Wir wollen und sollen dem Wort Gottes
ehrfürchtig begegnen, wachen Sinnes, uns dafür öffnen, es aufnehmen, es zu
Herzen nehmen, es beherzigen. Wenn wir keine tauben Hörer des Wortes Gottes
sind, kann es unser Leben wandeln. Im Licht des Wortes Gottes kann unser Leben
klarer werden, eindeutiger, zielgerichtet.
Liebe Mitchristen!
Christsein lebt nicht von schönen Worten und frommen Gefühlen. Es zeigt sich im
Tun, im Alltag. Es zeigt sich in der Hilfsbereitschaft. Es zeigt sich in der
Solidarität mit den Armen und Schwachen. Es zeigt sich in der Liebe, in der
praktischen und konkreten Liebe zum Nächsten.
Das ist es, was der Verfasser des
Jakobusbriefes seiner Leserschaft damals und uns heute so eindringlich ans Herz
legt. |