Das Buch Jona gehört zu
meinen Lieblingsbüchern in der Bibel. Es ist eine Erzählung, die mich
immer wieder beeindruckt. Ich finde sie einfach schön, voll Anmut und
heiterem Zauber.
Was für eine
Überschrift könnte man dieser Erzählung geben?
Ich würde sagen: „Gott ist groß im Verzeihen!“
Thema des Jonabüchleins
ist nämlich die Großmut Gottes. Gottes Großmut gegenüber den Menschen
von Ninive, aber auch gegenüber Jona, dem engstirnigen und
widerspenstigen Propheten, der genauso wie die Leute von Ninive der
Umkehr bedarf und auf das Erbarmen Gottes angewiesen ist.
So gesehen hat die kleine
Jonaerzählung ganz viel mit der Verkündigung Jesu gemeinsam. Besonders
nah steht sie dem Gleichnis Jesu vom verlorenen Sohn bzw. vom
barmherzigen Vater, das auch Evangelium im Evangelium genannt wird und
in dem Jesus aufzeigt wie Gott ist: barmherzig und gnädig, voll Langmut
und reich an Güte. Froheste aller Frohbotschaften!
Ich finde es schade, dass
nur an diesem Sonntag und da auch nur ein paar Zeilen aus dem
Jonabüchlein als Lesung zu Gehör kommen, ganze sechs Verse aus dem
dritten Kapitel.
Da ist vorher schon
einiges passiert und nachher ist die Geschichte auch noch spannend und
lehrreich.
Der Ausgangspunkt ist:
Gott missfällt das Verhalten der Bewohner von Ninive. Ihre
Schlechtigkeit stinkt zum Himmel. Sie hören nicht auf Gott. Sie handeln
nicht nach seinem Willen. Sie gehen eigene Wege. Sie huldigen dem Ego.
Habsucht, Unzucht, Gier beherrschen die Menschen.
Dass das nicht gut geht,
dass da das Gemeinwohl Schaden nimmt, das sehen und erfahren wir auch
heute. Die Ungerechtigkeit feiert dann Triumphe und die Menschlichkeit
bleibt auf der Strecke.
Gott beschloss also ein
Strafgericht abzuhalten. Es sollte jedoch nicht plötzlich und unerwartet
über die sündhafte Stadt hereinbrechen. Die Bewohner sollten gewarnt
werden. Vielleicht kommen sie zur Einsicht. Vielleicht kehren sie um.
Vielleicht ändern sie ihr Leben. – Wie gern wäre Gott bereit zu
Verzeihen. Er will nicht Untergang und Verderben, sondern Frieden,
Rettung, Heil.
Aber wer rüttelt die
Stadt wach?
Gott macht Jona zu seinem
Boten.
Sie wissen, liebe
Schwestern und Brüder, Jona ging nicht nach Ninive. Er hatte keine
Lust. Gottes Auftrag war ihm zuwider.
Jona war fest davon
überzeugt: Ninive verdiene gar keine Rettung. Soll doch Gott
dreinschlagen. Sollen sie doch zugrunde gehen. Dann hätten sie endlich
die Quittung für ihr lasterhaftes, liederliches und gottloses Leben.
Und was macht Jona? Er
geht auf ein Schiff. Nichts wie weg. Jona flieht vor seinem Auftrag. Er
fährt in die entgegengesetzte Richtung von Ninive, nach Tarschisch,
sozusagen ans Ende der Welt, weit weg. Weit weg auch von Gott, meint er
jedenfalls.
Nicht wahr, liebe
Schwestern und Brüder, das kennen wir auch: Keine Lust. Es stinkt
einem alles. Man hat die Schnauze voll. Man möchte alles hinschmeißen.
Es ist zum Davonlaufen.
Enttäuschung,
Resignation. Vielleicht auch das Gefühl der Überforderung. Oder Angst
vor der Verantwortung.
Es gibt auch die Flucht
in die Arbeit, in die Unterhaltung, in den Zeitvertreib, in den Lärm.
Oder die Flucht in Krankheiten.
Es gibt viele
Vermeidungsstrategien, Ausweichtaktiken.
Und auch Gott kann einem
gestohlen bleiben.
Am Ende seiner langen
Reise erfährt Jona, dass man Gott nicht davonlaufen kann, auch wenn es
einem manchmal zum Davonlaufen ist.
Sie geraten in Seenot.
Jona wird als der Schuldige über Bord geworfen. Nach drei Tagen und drei
Nächten im Bauch eines Walfisches wird er ans Land gespuckt.
Und er erfährt erneut
Auftrag und Sendung. „Mach dich auf den Weg!
Geh nach Ninive!“
Diesmal folgt Jona,
allerdings nur halbherzig, mehr schlecht als recht. Dienst nach
Vorschrift. Es will immer noch nicht in seinen Kopf, dass Gott dieser
über alle Maßen lasterhaften und gottlosen Stadt noch eine Chance geben
will, einer Stadt, die auf der Negativskala des Jona gleich hinter Sodom
und Gomorra rangiert.
Jona geht nur ein Drittel
in die Stadt hinein, einen Tag. Und er ruft nur einen Satz: „Noch 40 Tage und Ninive ist zerstört.“
Aber dieser Satz hat eine
gewaltige Wirkung. Die Botschaft verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Die
Bewohner von Ninive wachen auf.
Keine Schönfärberei, kein
Reden um den heißen Brei. Knallhart:
„Noch 40 Tage und
Ninive ist zerstört!“
Die Niniviten erkennen
ihre Lage. Sie sehen wie es bei ihnen aussieht und wie es zugeht.
Schlimme Zustände sind das, ganz schlimm. So vieles, das im Argen liegt.
Und sie merken: so kann
es nicht weitergehen, sonst ruinieren wir uns sich selbst. Nicht Gott
richtet zugrunde. Man macht sich selbst kaputt. Die Frevel rächen sich
an einem selbst. Die Untaten fallen wie ein Bumerang auf das eigene
Haupt zurück.
Liebe Mitchristen!
Jeder von uns weiß wohl
selbst am besten, was seine größten Gefährdungen sind, die es zu
überwinden gilt, damit sie einen selbst nicht ruinieren. Und welches die
ärgsten Übel sind, Süchte, falsche Abhängigkeiten, verkehrte
Leidenschaften, gegen die es anzugehen gilt, die es zu besiegen gilt,
damit sie uns nicht zerstören.
Und dann, liebe
Schwestern und Brüder, geschieht in Ninive genau das, was Jona
befürchtet hat, was aber Gott sich in seiner Liebe erhofft hat: Groß und
klein, König und Knecht, Mensch und Tier, sozusagen Mann und Maus tun
Buße. Selbst die Hardliner und Selbstgerechten klopfen an ihre Brust.
Die Bußfertigkeit ist
echt und der Wille zum Guten auch.
Und Gott hat Erbarmen.
Kein Strafgericht, sondern Vergebung der Sünden, Nachlass der Schuld.
Und gleichzeitig: Chance zu einem neuen Anfang.
Gott ist groß im
Verzeihen!
Gottes Liebe ist größer als alle Schuld.
Und wie ging es weiter
mit Jona?
Ich lade sie ein, daheim
einmal diese biblische Kurzgeschichte zu lesen. Es lohnt sich. Sie ist
spannend. Und schmunzeln ist auch erlaubt.
Am Ende, so viel kann ich
Ihnen sagen, ist auch Jona heilfroh, nicht Bote eines Gottes zu sein,
der grollt und donnert, der straft und dreinschlägt, sondern im Dienst
eines Gottes zu stehen, dessen Wesen Liebe ist, eines Gottes voll
Langmut, reich an Güte und Erbarmen. Gott ist groß im Verzeihen!
Jona erfährt die Großmut
Gottes am eigenen Leib. Wie sollte er da nicht selbst großmütig sein?
Gottes Liebe ruft unsere Liebe!
Über der Jonaerzählung
liegt ein Lächeln Gottes.
Das macht sie mir so
kostbar.