Erste Lesung
Ich will euch Brot vom Himmel
regnen lassen
Lesung
aus dem Buch Éxodus
In jenen Tagen
2murrte
die ganze Gemeinde der Israeliten in der Wüste gegen Mose und Aaron.
3Die
Israeliten sagten zu ihnen: Wären wir doch im Land Ägypten durch die Hand
des Herrn gestorben, als wir an den Fleischtöpfen saßen und Brot genug zu essen
hatten. Ihr habt uns nur deshalb in diese Wüste geführt, um alle, die hier
versammelt sind, an Hunger sterben zu lassen.
4Da
sprach der Herr zu Mose: Ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen. Das Volk
soll hinausgehen, um seinen täglichen Bedarf zu sammeln. Ich will es prüfen, ob
es nach meiner Weisung lebt oder nicht.
12Ich
habe das Murren der Israeliten gehört. Sag ihnen: In der Abenddämmerung werdet
ihr Fleisch zu essen haben, am Morgen werdet ihr satt werden von Brot und ihr
werdet erkennen, dass ich der Herr, euer Gott, bin.
13Am
Abend kamen die Wachteln und bedeckten das Lager. Am Morgen lag eine Schicht von
Tau rings um das Lager.
14Als
sich die Tauschicht gehoben hatte, lag auf dem Wüstenboden etwas Feines,
Knuspriges, fein wie Reif, auf der Erde.
15Als
das die Israeliten sahen, sagten sie zueinander: Was ist das? Denn sie wussten
nicht, was es war. Da sagte Mose zu ihnen: Das ist das Brot, das der Herr euch
zu essen gibt.
Geschichten vom Brot, vom Hunger
und vom Sattwerden ziehen sich heute und an den kommenden Sonntagen durch die
Liturgie. Angefangen hat es bereits am vergangenen Sonntag. Da schon wurde das
„Markusjahr“ (Lesejahr B) unterbrochen und wir hörten das Evangelium von der
Brotvermehrung nach dem Johannesevangelium. Daran schließt sich die Brotrede
Jesu an, die – heute beginnend – auf vier Sonntage verteilt ist. Sie gipfelt in
der Aussage: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist.“
Auch die Lesung aus dem Buch
Exodus handelt von „Brot vom Himmel“. Sie nimmt uns mit in die Zeit nach
dem Aufbruch aus Ägypten und führt uns in den Raum der Wüste. Zwischen dem
Aufbruch und der heute erzählten Situation liegt bereits eine wunderbare
Begebenheit: Wassermangel wird zur Überfülle, bitteres Wasser wird süß und
Israel lagert an Quellen und unter Palmen.
Doch nach einem weiteren Aufbruch
kommt es erneut zu einer Erfahrung von Mangel, dieses Mal Mangel an Nahrung. Und
diesmal kommt es nicht nur zum Murren des Volkes, sondern im Grunde zu einer
Rebellion.
Und noch etwas Merkwürdiges
geschieht: Die Menschen sehnen sich nach den Fleischtöpfen Ägyptens. Haben sie
völlig vergessen, wie groß ihre Not und Plage in Ägypten war und dass Gott sie
wunderbar aus der Sklaverei errettet hat? Jedenfalls, aus der Wüstenperspektive
und angesichts der Mangelsituation erscheint ihnen Ägypten als begehrenswertes
Land, das Nahrung im Überfluss bietet. Was nutzt alle Freiheit, wenn es am
täglichen Brot mangelt?
Nun könnte man meinen – zumindest
auf den ersten Blick – als würde das Bedürfnis nach Nahrung des Leibes im
Verhältnis zu geistig-geistlicher Speise abgewertet. Dass dem nicht so ist,
zeigen die Verse, die in der Lesung ausgelassen wurden.
Wer sie nachliest, findet darin
die Anweisung, das Volk solle das Brot vom Himmel nur für den täglichen Bedarf
sammeln. Am sechsten Tag jedoch werde es die doppelte Menge finden, so dass der
siebte Tag, der Sabbat, frei ist von der Sorge um das tägliche Brot, frei für
den Ewigen, den Herrn.
Die Erzählung vom Manna, dem Brot
vom Himmel, zielt also nicht darauf, das Bedürfnis nach Nahrung kleinzureden.
Vielmehr lenkt sie den Blick auf den Gott Israels, der dieses Bedürfnis
wahrnimmt und ernstnimmt. Auch am siebten Tag ist für den täglichen Bedarf
gesorgt. Zu diesem Bedarf gehört es auch, die Beziehung zu Gott zu vertiefen.
Wenn Israel den Sabbat halten und
darin Gott entdecken würde, der im Überfluss gibt, könnte es sich das Murren
sparen, von dem gerade in der Zeit der Wüstenwanderung häufig die Rede ist.
Dieses Murren könnte sich in die Bitte verwandeln, Gott möge das Elend ansehen,
er möge Durst und Hunger stillen. Dass er es tut, daran lässt die Bibel keinen
Zweifel – und auch nicht daran, dass er beides gibt: Brot und Freiheit.
Diese Kurzpredigt basiert auf
einer Vorlage von Annette Traber |