EVANGELIUM
Er wird die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen
+Aus
dem heiligen Evangelium nach Markus
In jener Zeit
sprach Jesus zu seinen Jüngern:
24 In
jenen Tagen, nach der großen Not, wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond
wird nicht mehr scheinen;
25 die
Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert
werden.
26 Dann
wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken
kommen sehen.
27 Und
er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier
Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels.
28 Lernt
etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden
und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist.
29 Genauso
sollt ihr erkennen, wenn ihr all das geschehen seht, dass das Ende vor der Tür
steht.
30Amen,
ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft.
31Himmel
und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.
32Doch
jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht
einmal der Sohn, sondern nur der Vater.
Kein leichtes Evangelium!
Worauf es ankommt:
den Sinn der Bilder zu ergründen, die Jesus gebraucht, um uns seine Botschaft zu
künden, eine Botschaft voll Ernst und Zuversicht zugleich.
Eine kleine Anekdote mag uns
den Zugang erleichtern:
Von dem französischen Maler Rene
Magritte gibt es ein Bild, auf dem eine wunderschön dargestellte Pfeife zu sehen
ist. Darunter steht allerdings zu lesen: „Ceci n’est
pas un pipe – Das ist keine Pfeife.“
Im ersten Moment ist man als
Betrachter verdutzt und denkt: Hoppla, seh‘ ich nicht richtig. Das ist doch eine
Pfeife! Doch dann kommt man dahinter und erkennt: Der Text unter dem Bild hat
recht. Das ist tatsächlich keine Pfeife. Stimmt! Das ist ja bloß das Bild einer
Pfeife.
Was kann man daraus lernen? Das
Abbild nicht für die Wirklichkeit zu halten, sondern zwischen Abbild und
Wirklichkeit zu unterscheiden.
Im Grunde genommen
geht Jesus heute im Evangelium ähnlich vor. Er zeichnet ein Bild vom Ende der
Welt. Dann streicht er es durch und sagt: „Vorsicht! Bitte das Bild nicht für
die Wirklichkeit halten!“
Trotzdem
hat es immer wieder Christen gegeben, die die Aussagen Jesu wortwörtlich
genommen haben. Und immer wieder gibt es christliche Gruppen, die aus den
Aussagen Jesu über das Ende das genaue Datum des Weltuntergangs vorhersagen,
aber regelmäßig auch falsch liegen.
Jesus spricht in Bildern und
Vorstellungen seiner Zeit.
Wie hätte er auch anders sprechen
sollen! Die Vorstellungen von Welt und Kosmos haben sich inzwischen gewaltig
verändert. Und darum ist es gut, dass Jesus in Bildern gesprochen hat. Bilder
beschreiben keine konkreten Vorgänge. Bilder deuten vielmehr, sie weisen hin und
künden an.
Und die Botschaft, die sie künden
ist überzeitlich. Sie richtet sich an Menschen aller Zeiten in ihren Ängsten und
Sorgen, in ihren Fragen: „Was wird einmal werden aus
meinem Leben und dieser Welt?“
Die Botschaft, die uns Jesus
heute in seinen Bildern sagt, ist eine Vierfache:
1.
Welt und Leben
sind vergänglich.
Unsere Welt in ihrer jetzigen
Gestalt ist nicht ewig. Wider allen Fortschritts- und Machbarkeitswahn steht
fest: Die Welt ist nur vorläufig und wird einmal vergehen. Das Ende kommt ganz
bestimmt. Aber niemand kann sagen wann. Und das ist das zweite:
2.
Das Ende ist
nicht errechenbar.
Und weil dem so ist, darum fangt
nicht an zu spekulieren! Lauft keinen Scharlatanen nach! Lasst euch nicht ins
Bockshorn jagen!
„Der Vater allein weiß den
Zeitpunkt“,
sagt Jesus. Das genügt. Das Wann, Wo und Wie ist letztlich gar nicht wichtig.
Wichtig ist, wach zu sein, aufmerksam, bereit und die Zeichen der Zeit zu
erkennen. Und das ist das dritte:
3.
Wach und
sensibel sein für die Zeichen.
Wie am treibenden Feigenbaum der
Sommer abzulesen ist, so sollen wir in Welt und Zeit und in unserem Leben die
Zeichen Gottes erspüren. Wir sollen aufmerksam, fühlig und spürig sein, für
Veränderungen, für Neues, das kommt.
Jesus ermahnt einmal seine
Zeitgenossen: „Das Aussehen von Erde und Himmel wisst ihr zu deuten. Warum
könnt ihr dann die Zeichen der Zeit nicht deuten?“
Viele Ereignisse erleben wir. Es
kommt darauf an, dass wir sie deuten im Blick auf IHN und in allem mit IHM
rechnen. Und das ist das vierte:
4.
Glauben an ihn,
der kommen wird.
„Himmel und Erde werden
vergehen“, sagt
Jesus, „aber meine Worte werden nicht vergehen.“ Und weiter: „Man wird den Menschensohn kommen sehen in großer Macht und
Herrlichkeit.“
Nicht es, das Ende, wird kommen,
nicht Fatum und Schicksal, sondern ER, der Herr, wird kommen. Das ist Botschaft
gegen alle Angst.
Der Menschensohn, der gekommen
ist, der in seinem Leben, Sterben und Auferstehen Tod und Untergang überwunden
hat. Der Menschensohn, für den wir bereit und offen sein sollen, nicht erst,
wenn er endgültig kommt und alles vollendet, sondern der, wie er sagt, ständig
„vor der Tür steht und anklopft“, um bei uns und in uns immer mehr
anzukommen – in den Ereignissen und Begegnungen des alltäglichen Lebens.
So ist für uns als gläubige und
auf Gott vertrauende Christen die Botschaft vom Ende nicht schrecklich und Angst
einjagend, sondern eine frohe Botschaft, die Zuversicht weckt.
Auf der dunklen Folie des Satzes
„Himmel und Erde werden vergehen“ strahlt hell das Bild des
Menschensohnes auf, der will, das wir dort bei ihm sind, wo auch er ist, des
Menschensohnes, der uns seine liebende Fürsorge zuwendet. Und keine Chaosmacht
der Welt kann uns dieser Liebe und Fürsorge entreißen.
|