Exerzitien mit P. Pius

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Die Aussendung der Zwölf

(15. Sonntag - Lesejahr B)

 

Die Aussendung der Apostel bzw. auch von 72 Jüngern ist in den Evangelien mehrfach und in verschiedenen Varianten überliefert.

 

Das zeigt: Die Sendung von Jüngern und Jüngerinnen zu den Menschen, das Weitersagen der Heilsbotschaft und die Fortführung seines Heilswerkes, ist ein Herzensanliegen Jesu.

Bis heute versteht die Kirche die Verkündigung des Evangeliums und ihr missionarisches und helfendes, heilendes Handeln als Fortsetzung dessen, was Jesus seinen Boten aufgetragen hat. Auch die Weisungen und Aufträge, die Jesus den Seinen gibt, haben nach wie vor ihre Bedeutung und Gültigkeit.

 

Schauen wir also, liebe Schwestern und Brüder, wie das geht, als Bote, als Botin des Evangeliums unterwegs sein?

Worauf legt Jesus Wert?

Was ist charakteristisch für die Sendung?

Wie geschieht sie?

 

Zunächst

ist wichtig zu sehen, dass Jesus diejenigen, die er aussendet, zuvor berufen hat, bei ihm zu sein, mit ihm zu gehen und von ihm zu lernen. Die Berufenen begleiten Jesus erst einmal eine zeitlang. Sie hören, wie er verkündigt. Sie erleben wie er Kranke und Besessene heilt.

Sie gehen sozusagen bei Jesus in die Schule bzw. in die Lehre.

Dann erst sendet er sie aus. Dann erst ziehen sie los.

 

Das scheint mir auch für heute wichtig zu sein:

Wer im Namen Jesu hauptamtlich, nebenamtlich, im kirchlichen Dienst oder auch im privaten Alltag, Bote und Botin des Evangeliums sein will, der muss zuerst mit Jesus leben, der muss immer wieder auf ihn schauen und von ihm lernen.

Nur so ist es möglich Gesandter Jesu Christi zu sein, Sprachrohr seiner Botschaft, Bote seiner Liebe und Werkzeug seines Friedens.

 

Die Verbindung mit Jesus, die Rückbindung an sein Beispiel ist auch heute wichtig. Sonst erliegt man leicht der Gefahr, die eigenen Gedanken für Gottes Gedanken und die eigene Wahrheit für Gottes Wort zu halten.

 

Ein Zweites:

Es sind Fischer und Zöllner, die Jesus sendet, Menschen wie du und ich. Menschen mit Schwächen, mit bisweilen ungestümem Temperament, nicht frei von Angst; Menschen, weder besonders tugendhaft, noch besonders gescheit, allesamt Laien, keine Schriftgelehrten, keine theologischen Experten.

Da ist nichts Professionelles. Anscheinend sind andere Dinge wichtiger.

 

Drittens:

Jesus schickt die Jünger zu zweit aus, paarweise.

Sie sollen einander unterstützen, sollen miteinander die Lasten tragen, Strapazen aushalten, Krisen meistern und Gefahren bestehen.

 

Zu zweit kann man sich auch austauschen, Probleme besprechen, sich gegenseitig anspornen. Gemeinsamkeit verleiht Stärke und Kraft.

 

Zu zweit, das heißt auch: es geht um gelebte Gemeinschaft.

Sie sollen nicht nur durch Worte predigen, sondern durch ihr Beispiel.

Es soll anschaubar werden, wie es geht, miteinander Leben und Glauben zu teilen, Liebe zu üben, Geduld zu haben, verzeihen zu können.

 

Zu zweit, das sagt uns: Christen sind keine Einzelkämpfer, keine Solisten. Tuchfühlung ist angesagt, sich einhaken, Solidarität, Geschwisterlichkeit, Weggemeinschaft.

Der Versuchung zum Alleingang gilt es auch heute zu widerstehen.

Es gilt immer wieder. das Gemeinsame suchen, im Gespräch zu bleiben, einander zu stützen und zu stärken.

 

Viertens:

Die Jünger sollen nichts mitnehmen. Nur das Allernotwendigste. Eine Minimalausrüstung. Keine Tasche, kein Vesper, keine Reisekasse.

Ich denke, die Jünger sollten erfahren, wie es ist, sich ganz auf die Güte der Menschen und letztlich auf die Vorsehung Gottes zu verlassen.

 

Die Verkündigung der Liebe Gottes verträgt sich nicht mit Vorrats- und Absicherungsdenken. Ob Gott wirklich Quelle und tragender Grund des Lebens ist, das soll anschaubar werden und das soll man ablesen können an denen, die ihn verkündigen. Nur wenn sie selbst durchsichtig sind für den, der ihnen Halt und Identität schenkt, kann ihre Botschaft ankommen. Nur dann sind sie selbst glaubwürdige Boten und Zeugen.

 

„Nichts mitnehmen!“ - Für mich heißt das:

Geh so zu den Menschen! So wie du bist. Sei einfach! Sei du selbst!

Gib dich selbst! Sag, was du glaubst! Sprich von deinen Erfahrungen!

 

Da brauchst du keinen Doktortitel, keine Propagandamittel, keinen unnötigen Ballast. Das alles ist es nicht und bringt es nicht.

Weniger kann mehr sein. Weniger an Sachen, Hilfsmittel, Institutionen, Bürokratie. Mehr an Freiheit, Unabhängigkeit, Beweglichkeit. Weniger an Haben, mehr an Sein.

 

Welch eine Herausforderung ist das für die Kirche heute und für jede und jeden Einzelnen, der im Dienst der Kirche steht!

 

„Nichts mitnehmen!“ - Für mich heißt das auch:

Komm nicht protzig daher, pflege nicht dein eigenes Image, profilier dich nicht selbst. – ER muss wachsen! Sein Reich, seine Herrschaft, sein Wort die Herzen der Menschen erreichen.

Reichtum und Macht, Prestige und Prunk, Ehrsucht und Erfolgshunger sind keine Kategorien des Evangeliums. Das alles kann sogar zur Fessel für die Botschaft werden.

 

Fünftens: Bleiben

Jesus schickt die Seinen nicht nur los mit leichtem Gepäck. Sie sollen auch mit ihrer Unterkunft und Verköstigung zufrieden sein. Sie sollen bleiben, wo sie Quartier gefunden haben. Warum? Weil sonst Neid und Eifersucht und manches Gerede entstehen könnte, wenn sie von einer Unterkunft in eine andere wechseln, nur weil es dort bequemer ist. Sie sollen sich nicht heute hier und morgen dort mit dem Besten verwöhnen lassen. Sie sollen nicht fordernd und anspruchsvoll sein, sondern zufrieden, mit dem, was man ihnen vorsetzt und gibt.

 

Sechstens:

Jesus ist ganz realistisch. Er weiß, nicht überall werden die Boten mit offenen Armen empfangen. Die Jünger werden auch auf Ablehnung stoßen und Hass erfahren. Da, wo solches geschieht, sollen sie sich nicht aufreiben und keine Zeit vertun. Keine Drohrede, es nicht mit Gewalt versuchen, sich nicht die Zähne ausbeißen, sondern den Staub abschütteln und einfach weiterziehen, ohne Missmut.

 

Sie sollen die Frohe Botschaft mit ganzer Kraft verkünden, säen, säen und nochmals säen. Jeder soll die Botschaft vernehmen. Alle sind eingeladen, den Glauben kennen zu lernen. Aber keinem darf er aufgezwungen werden. Die Frohe Botschaft soll nicht aufgedrängt werden.

 

Ob und wie das Reich Gottes Fuß fasst, liegt in der Freiheit des Menschen. Gott respektiert diese Freiheit. Annahme oder Ablehnung entzieht sich letztlich der Verfügung und dem „Machen“ des Jüngers.

 

Noch etwas:

Die Jünger erhalten von Jesus nicht nur den Auftrag zur Verkündigung, sie sollen die Gottesherrschaft nicht nur mit Worten ausrufen. Jesus hat gibt ihnen auch die Vollmacht, Kranke zu heilen und Dämonen auszutreiben.

 

Es geht darum, die Menschen heil zu machen, sie zu befreien, von dem, was sie bedrückt, fesselt, krank und kaputt macht.

Die Dämonen, die Abergeister, haben auch heute viele Gesichter.

Es darf der Kirche auch heute nicht nur um Moral und Askese gehen. sondern um eine therapeutische, das heißt eine befreiende und heilende Seelsorge!

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Im Laufe der Jahrhunderte sind den Zwölf viele gefolgt. Viele haben sich senden lassen. Manche haben ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt, sind aufgebrochen und hinausgezogen. Sie wollten, dass die frohe und rettende Botschaft Gottes zu allen Menschen kommt und gerade den Hoffnungslosen bekannt wird, damit sie neuen Mut schöpfen.

 

Und wir? Gewiss, nicht jeder kann alles liegen und stehen lassen und ohne Proviant losmarschieren. Aber dass der Auftrag der Verkündigung und Austreibung des Bösen uns nichts angeht, das stimmt auch nicht.

Die Verkündigung des Gottesreiches gehört einfach zum Christsein.

Denn wovon das Herz voll ist, davon läuft der Mund bekanntlich über.

 

Oder ist unser Herz vielleicht gar nicht von der Botschaft voll?

Vielleicht sind wir oft auch zu ängstlich und schämen uns, von unserem Glauben Zeugnis zu geben.

 

Mögen die Boten und Botinnen Jesu auch heute wieder ihre Sendung recht verstehen und zu den Menschen gehen! Nicht so sehr Komm-her-, sondern Geh-hin-Seelsorge, mehr Geh-hin-Kirche als Komm-her-Kirche ist angesagt und nötig.

 

Möge der Herr in uns den missionarischen Geist wecken!

Möge er uns Freude und Mut schenken, seine Liebe zu verkünden!

Möge er uns beistehen und uns sein Licht und seine Kraft schenken, damit wir uns ohne Menschenfurcht zu ihm zu bekennen und so seine Zeugen seien mit unserem ganzen Leben.

 

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