Die Aussendung der Apostel
bzw. auch von 72 Jüngern ist in den Evangelien mehrfach und in
verschiedenen Varianten überliefert.
Das zeigt: Die Sendung von
Jüngern und Jüngerinnen zu den Menschen, das Weitersagen der
Heilsbotschaft und die Fortführung seines Heilswerkes, ist ein
Herzensanliegen Jesu.
Bis heute versteht die
Kirche die Verkündigung des Evangeliums und ihr missionarisches und
helfendes, heilendes Handeln als Fortsetzung dessen, was Jesus seinen
Boten aufgetragen hat. Auch die Weisungen und Aufträge, die Jesus den
Seinen gibt, haben nach wie vor ihre Bedeutung und Gültigkeit.
Schauen wir also, liebe
Schwestern und Brüder, wie das geht, als Bote, als Botin des Evangeliums
unterwegs sein?
Worauf legt Jesus Wert?
Was ist
charakteristisch für die Sendung?
Wie geschieht sie?
Zunächst
ist wichtig zu sehen, dass
Jesus diejenigen, die er aussendet, zuvor berufen hat, bei ihm zu sein,
mit ihm zu gehen und von ihm zu lernen. Die Berufenen begleiten Jesus
erst einmal eine zeitlang. Sie hören, wie er verkündigt. Sie erleben wie
er Kranke und Besessene heilt.
Sie gehen sozusagen bei
Jesus in die Schule bzw. in die Lehre.
Dann erst sendet er sie
aus. Dann erst ziehen sie los.
Das scheint mir auch für
heute wichtig zu sein:
Wer im Namen Jesu
hauptamtlich, nebenamtlich, im kirchlichen Dienst oder auch im privaten
Alltag, Bote und Botin des Evangeliums sein will, der muss zuerst mit
Jesus leben, der muss immer wieder auf ihn schauen und von ihm lernen.
Nur so ist es möglich
Gesandter Jesu Christi zu sein, Sprachrohr seiner Botschaft, Bote seiner
Liebe und Werkzeug seines Friedens.
Die Verbindung mit Jesus,
die Rückbindung an sein Beispiel ist auch heute wichtig. Sonst erliegt
man leicht der Gefahr, die eigenen Gedanken für Gottes Gedanken und die
eigene Wahrheit für Gottes Wort zu halten.
Ein Zweites:
Es sind Fischer und
Zöllner, die Jesus sendet, Menschen wie du und ich. Menschen mit
Schwächen, mit bisweilen ungestümem Temperament, nicht frei von Angst;
Menschen, weder besonders tugendhaft, noch besonders gescheit, allesamt
Laien, keine Schriftgelehrten, keine theologischen Experten.
Da ist nichts
Professionelles. Anscheinend sind andere Dinge wichtiger.
Drittens:
Jesus schickt die Jünger
zu zweit aus, paarweise.
Sie sollen einander
unterstützen, sollen miteinander die Lasten tragen, Strapazen aushalten,
Krisen meistern und Gefahren bestehen.
Zu zweit
kann man sich auch austauschen, Probleme besprechen, sich gegenseitig
anspornen. Gemeinsamkeit verleiht Stärke und Kraft.
Zu zweit,
das heißt auch: es geht um gelebte Gemeinschaft.
Sie sollen nicht nur durch
Worte predigen, sondern durch ihr Beispiel.
Es soll anschaubar werden,
wie es geht, miteinander Leben und Glauben zu teilen, Liebe zu üben,
Geduld zu haben, verzeihen zu können.
Zu zweit,
das sagt uns: Christen sind keine Einzelkämpfer, keine Solisten.
Tuchfühlung ist angesagt, sich einhaken, Solidarität,
Geschwisterlichkeit, Weggemeinschaft.
Der Versuchung zum
Alleingang gilt es auch heute zu widerstehen.
Es gilt immer wieder. das
Gemeinsame suchen, im Gespräch zu bleiben, einander zu stützen und zu
stärken.
Viertens:
Die Jünger sollen
nichts mitnehmen. Nur das Allernotwendigste. Eine Minimalausrüstung.
Keine Tasche, kein Vesper, keine Reisekasse.
Ich denke, die Jünger
sollten erfahren, wie es ist, sich ganz auf die Güte der Menschen und
letztlich auf die Vorsehung Gottes zu verlassen.
Die Verkündigung der Liebe
Gottes verträgt sich nicht mit Vorrats- und Absicherungsdenken. Ob Gott
wirklich Quelle und tragender Grund des Lebens ist, das soll anschaubar
werden und das soll man ablesen können an denen, die ihn verkündigen.
Nur wenn sie selbst durchsichtig sind für den, der ihnen Halt und
Identität schenkt, kann ihre Botschaft ankommen. Nur dann sind sie
selbst glaubwürdige Boten und Zeugen.
„Nichts
mitnehmen!“ - Für mich heißt das:
Geh so zu den Menschen! So
wie du bist. Sei einfach! Sei du selbst!
Gib dich selbst! Sag, was
du glaubst! Sprich von deinen Erfahrungen!
Da brauchst du keinen
Doktortitel, keine Propagandamittel, keinen unnötigen Ballast. Das alles
ist es nicht und bringt es nicht.
Weniger kann mehr sein.
Weniger an Sachen, Hilfsmittel, Institutionen, Bürokratie. Mehr an
Freiheit, Unabhängigkeit, Beweglichkeit. Weniger an Haben, mehr an Sein.
Welch eine Herausforderung
ist das für die Kirche heute und für jede und jeden Einzelnen, der im
Dienst der Kirche steht!
„Nichts
mitnehmen!“ - Für mich heißt das auch:
Komm nicht protzig daher,
pflege nicht dein eigenes Image, profilier dich nicht selbst. – ER muss
wachsen! Sein Reich, seine Herrschaft, sein Wort die Herzen der Menschen
erreichen.
Reichtum und Macht,
Prestige und Prunk, Ehrsucht und Erfolgshunger sind keine Kategorien des
Evangeliums. Das alles kann sogar zur Fessel für die Botschaft werden.
Fünftens:
Bleiben
Jesus schickt die Seinen
nicht nur los mit leichtem Gepäck. Sie sollen auch mit ihrer Unterkunft
und Verköstigung zufrieden sein. Sie sollen bleiben, wo sie
Quartier gefunden haben. Warum? Weil sonst Neid und Eifersucht und
manches Gerede entstehen könnte, wenn sie von einer Unterkunft in eine
andere wechseln, nur weil es dort bequemer ist. Sie sollen sich nicht
heute hier und morgen dort mit dem Besten verwöhnen lassen. Sie sollen
nicht fordernd und anspruchsvoll sein, sondern zufrieden, mit dem, was
man ihnen vorsetzt und gibt.
Sechstens:
Jesus ist ganz
realistisch. Er weiß, nicht überall werden die Boten mit offenen Armen
empfangen. Die Jünger werden auch auf Ablehnung stoßen und Hass
erfahren. Da, wo solches geschieht, sollen sie sich nicht aufreiben und
keine Zeit vertun. Keine Drohrede, es nicht mit Gewalt versuchen, sich
nicht die Zähne ausbeißen, sondern den Staub abschütteln und einfach
weiterziehen, ohne Missmut.
Sie sollen die Frohe
Botschaft mit ganzer Kraft verkünden, säen, säen und nochmals säen.
Jeder soll die Botschaft vernehmen. Alle sind eingeladen, den Glauben
kennen zu lernen. Aber keinem darf er aufgezwungen werden. Die Frohe
Botschaft soll nicht aufgedrängt werden.
Ob und wie das Reich
Gottes Fuß fasst, liegt in der Freiheit des Menschen. Gott respektiert
diese Freiheit. Annahme oder Ablehnung entzieht sich letztlich der
Verfügung und dem „Machen“ des Jüngers.
Noch etwas:
Die Jünger erhalten von
Jesus nicht nur den Auftrag zur Verkündigung, sie sollen die
Gottesherrschaft nicht nur mit Worten ausrufen. Jesus hat gibt ihnen
auch die Vollmacht, Kranke zu heilen und Dämonen auszutreiben.
Es geht darum, die
Menschen heil zu machen, sie zu befreien, von dem, was sie bedrückt,
fesselt, krank und kaputt macht.
Die Dämonen, die
Abergeister, haben auch heute viele Gesichter.
Es darf der Kirche auch
heute nicht nur um Moral und Askese gehen. sondern um eine
therapeutische, das heißt eine befreiende und heilende Seelsorge!
Liebe Schwestern und
Brüder!
Im Laufe der Jahrhunderte
sind den Zwölf viele gefolgt. Viele haben sich senden lassen. Manche
haben ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt, sind aufgebrochen und
hinausgezogen. Sie wollten, dass die frohe und rettende Botschaft Gottes
zu allen Menschen kommt und gerade den Hoffnungslosen bekannt wird,
damit sie neuen Mut schöpfen.
Und wir?
Gewiss, nicht jeder kann alles liegen und stehen lassen und ohne
Proviant losmarschieren. Aber dass der Auftrag der Verkündigung und
Austreibung des Bösen uns nichts angeht, das stimmt auch nicht.
Die Verkündigung des
Gottesreiches gehört einfach zum Christsein.
Denn wovon das Herz voll
ist, davon läuft der Mund bekanntlich über.
Oder ist unser Herz
vielleicht gar nicht von der Botschaft voll?
Vielleicht sind wir oft
auch zu ängstlich und schämen uns, von unserem Glauben Zeugnis zu geben.
Mögen die Boten und
Botinnen Jesu auch heute wieder ihre Sendung recht verstehen und zu den
Menschen gehen! Nicht so sehr Komm-her-, sondern Geh-hin-Seelsorge, mehr
Geh-hin-Kirche als Komm-her-Kirche ist angesagt und nötig.
Möge der Herr in uns den
missionarischen Geist wecken!
Möge er uns Freude und Mut
schenken, seine Liebe zu verkünden!
Möge er uns beistehen und
uns sein Licht und seine Kraft schenken, damit wir uns ohne
Menschenfurcht zu ihm zu bekennen und so seine Zeugen seien mit unserem
ganzen Leben.