Evangelium
Jesus rief seine
zwölf Jünger zu sich und sandte sie aus
+Aus
dem heiligen Evangelium nach Matthäus
In jener Zeit,
9, 36als
Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde
und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.
37Da
sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter
38Bittet
also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!
10, 1Dann
rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen
Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.
2Die
Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein
Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes,
3Philíppus
und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des
Alphäus, und Thaddäus,
4Simon
Kananäus und Judas Iskáriot, der ihn ausgeliefert hat.
5Diese
Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht den Weg zu den Heiden und
betretet keine Stadt der Samaríter,
6sondern
geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel!
7Geht
und verkündet: Das Himmelreich ist nahe!
8Heilt
Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt
ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.
Jobsuche.
Zig Bewerbungen geschrieben. Alles umsonst.
Eine
schwierige OP.
Die Ärzte tun, was sie können. Doch die Frau stirbt. Alle Mühe umsonst.
Losverkauf.
Einer kauft drei Lose. Zwei Nieten, nichts, umsonst.
Das dritte Los
gewinnt. Ein nagelneues Fernsehgerät. Ganz umsonst!
Eine
diffizile Angelegenheit.
Jemand hilft. Ohne Bezahlung. Einfach so. Ganz umsonst!
Liebe
Schwestern und Brüder!
Es gibt zwei
Arten von Umsonst-Erfahrungen.
Die eine
bedeutet Enttäuschung. Wir haben investiert, wir haben gehofft, aber ohne
Erfolg, vergeblich, umsonst. – Lateinisch heißt dieses Umsonst „frustra“. Unser
Wort Frustration bzw. Frust kommt daher. Wir alle können ein Lied davon singen.
Sich frustriert fühlen, enttäuscht sein, niedergeschlagen. „Es ist ja doch
alles umsonst…“ wie oft sagen wir das!
Die
andere bedeutet
Freude, Glück. Bei dieser Erfahrungen des Umsonst bin ich der Beschenkte. Ich
habe nichts riskiert, nichts investiert, nichts gegeben, nichts geleistet.
Umsonst habe ich etwas bekommen. Einfach so. Es ist mir gleichsam in den Schoß
gefallen, unverdient, geschenkt. – Lateinisch heißt dieses Umsonst „gratis“. Das
Wort „gratia“ steckt darin. Das heißt „Gnade“.
„Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben!“
So lautet der
letzte Satz des heutigen Evangeliums. Es handelt sich um ein Zitat Jesu im
Zusammenhang mit der Aussendung der Jünger. Was Jesus hier sagt, ist in meinen
Augen ein Grundsatz bzw. ein Kennwort unseres Glaubens.
Mir ist dieses
Wort schon seit langem wichtig und bedeutsam. Und seither begleitet es mich in
verschiedenen Lebensphasen und Lebensbereichen. Erlebe ich mich doch immer
wieder sowohl als Empfangender als auch als Gebender. Als einer, dem viel
zukommt, einfach so, unverdient, beschenkt, oft auch unerwartet – einerseits.
Und – andererseits – als einer der für andere da ist, sich zur Verfügung stellt,
sich einsetzt, gewöhnlich gratis, ohne zu fragen, was krieg ich dafür oder was
hab ich davon.
Empfangen und geben:
Diese beiden Worte fangen sehr viel von meinem Leben ein. Wobei ich immer
wieder die Erfahrung mache: „Wer hingibt, der empfängt“ (Franz von
Assisi). Und: „Wer reichlich sät, wird reichlich ernten“ (2 Kor 9, 6).
Eine andere
Erfahrung: Ich kann nicht nur geben, immerzu nur geben. Ich muss auch immer
wieder schöpfen und empfangen. Sonst bin ich bald erschöpft.
Und noch etwas
geht mir immer mehr auf, je älter ich werde: Empfangen kommt vor Geben. Ich kann
nur weitergeben, was ich selbst empfangen oder mir erworben habe. Dann aber ist
nicht festhalten angesagt, sondern zur rechten Zeit auch weitergeben. Möglichst
freigebig, großzügig, weitherzig – wie ER. Denn Christus hat uns geliebt und
sich für uns hingegeben.
„Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben!“
Im Lateinischen
steht da nicht „frustra“, sondern „gratis“. Was die Jünger umsonst empfangen
haben, das sollen sie auf die gleiche Weise weitergeben, umsonst, ohne etwas
dafür zu wollen, ohne nach Lohn zu schielen, einfach so.
„Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben!“
Dieses Kennwort
unseres Glaubens folgt nicht der Kunst des Rechnens, sondern der Kunst des
Schenkens.
Das Heil
können wir uns nicht erarbeiten und nicht verdienen, beim besten Willen und bei
aller Anstrengung nicht. Es ist Geschenk. Es kommt mehr zu uns als aus
uns. Es ist von seinem Wesen her ganz und gar gratis. Wir können uns dafür
öffnen. Wir können es aufnehmen und annehmen. Oder uns verschließen, uns
verweigern. Das liegt in unserer Entscheidung. Gott zwingt sich nicht auf. Aber
wie wir empfangen haben – umsonst, so sollen wir auch weitergeben – umsonst!
Zunächst
aber sind wir Empfangende.
Und Gott ist der Geber aller Gaben, der Ursprung von allem Guten.
Sagen Sie es
selbst, liebe Schwestern und Brüder: Was haben wir, das wir nicht empfangen
hätten? Wieviel kommt uns jeden Tag zu? Vielleicht ein guter Schlaf, gute
Verdauung, Gesundheit. Dass wir Arbeit haben, unser Auskommen, ein Zuhause,
Menschen, die es gut mit uns meinen. Verständnis, Vertrauen, Freundschaft, Liebe
und vieles mehr. Alles nicht selbstverständlich.
Gerade
Liebe kann man
nicht herstellen und sich letztlich auch nicht verdienen. Sie ist gratis. Wahre
Liebe ist nicht käuflich, sonst wird sie Ware. Geliebt-Werden ist Gnade. Es ist
unbezahlbar. Wer Liebe erfährt, weiß darum. Der tiefste Sinn unseres Lebens ist
die Liebe, die Liebe, die man gibt und die Liebe, die man empfängt. Für Liebe
kann man eigentlich „nur“ von Herzen dankbar sein.
Mit der
Liebe Gottes,
die in Jesus Hand und Fuß bekommen hat, ist es nicht anders. Sie ist nicht zu
verdienen, für kein Geld der Welt nicht. Auch sie ist unbezahlbar, gratis. Man
kann dafür „nur“ dankbar sein.
Dank
ist die angemessene Antwort auf Empfangen und Beschenkt-werden.
Dank gebührt ganz
gewiss auch den Boten des Evangeliums, den Verkündern des Reiches Gottes, den
Gesandten des Friedens und Bringern des Heils, wenn sie gratis weitergeben, was
sie empfangen haben, wie es ihnen heute im Evangelium nahe gelegt wird.
Und dazu sind wir
alle berufen, nicht nur irgendwelche Hauptamtliche im kirchlichen Dienst: Heil
und Licht und Segen sein, Werkzeug des Friedens und Botin und Boten SEINER
Liebe! Dazu braucht man kein Studium und keine große Ausrüstung.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Zuerst und vor
allem ist Gott zu danken.
Großes hat er an
uns getan! Von ihm kommt Heil und Leben. In Jesus Christus hat er uns erlöst und
befreit! Wir sind Beschenkte, reich Beschenkte. Und können deshalb „nur“ von
Herzen dankbar sein und weiterschenken.
Umsonst
haben wir empfangen, umsonst sollen wir geben!
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