EVANGELIUM
Ein Sämann ging
hinaus, um zu säen
+ Aus
dem heiligen Evangelium nach Matthäus
1An
jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees.
2Da
versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot
und setzte sich. Und alle Menschen standen am Ufer.
3Und
er sprach lange zu ihnen in Gleichnissen. Er sagte: Siehe, ein Sämann ging
hinaus, um zu säen.
4Als
er säte, fiel ein Teil auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen es.
5Ein
anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort
auf, weil das Erdreich nicht tief war;
6als
aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine
Wurzeln hatte.
7Wieder
ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die
Saat.
8Ein
anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach,
teils sechzigfach, teils dreißigfach.
9Wer
Ohren hat, der höre!
Liebe Schwestern und Brüder!
Der Sämann,
von dem Jesus erzählt, ist eines meiner Lieblingsgleichnisse. Zum einen, weil es
so alltäglich ist, mitten aus dem Leben gegriffen. Zum anderen, weil es recht
einfach und verständlich ist. Nicht nur die Menschen der damaligen Zeit, sondern
auch wir heute können die Arbeit des Aussäens gut nachvollziehen und verstehen,
auch wenn das Säen in der heutigen Landwirtschaft kaum noch mit der Hand
geschieht, sondern maschinell vor sich geht.
Doch Jesus
geht es bei dem Gleichnis nicht um eine Tätigkeitsbeschreibung, vielmehr möchte
er uns etwas für unser Leben und unser Christsein mit auf den Weg geben, und
zwar etwas Mutmachendes und Hoffnungsvolles.
Allerdings,
zunächst sieht alles im Gleichnis nach Misserfolg aus, und das in einem ganz
erheblichen Maß. In drei von vier Fällen hat die Aussaat nämlich gar keine
Chance auf Wachsen, Gedeihen und Fruchtbringen. Da sind zum einen die diebischen
Vögel, welche die Körner wegpicken. Da ist sodann der steinige, felsige Boden,
der Wachsen und Fruchtbringen unmöglich macht. Und da sind die Dornen und
Disteln, welche die Saat überwuchern und ersticken.
Liebe Schwestern und Brüder!
Kennen wir
das nicht auch? Vergebliches Mühen, Umsonst-Erfahrungen, Misslingen, Scheitern,
Misserfolg? Und in Folge davon Enttäuschung, Frust und Resignation? Überall und
immer erleben wir das. Vor allem Eltern, Lehrer und Erzieherinnen können davon
ein Lied singen.
Ehrlich
gesagt: Als Prediger frage ich mich manchmal auch: Kommt das überhaupt an, was
du sagen willst? Kommt da was rüber? Hören die in den Kirchenbänken überhaupt
zu? Berührt es die Menschen? Bewirkt es etwas? Oder ist alles – wie man so sagt
– für die Katz? Vergebliche Liebesmühe? Schöne Worte, wohlformuliert! Aber
erreichen sie das Herz der Menschen? Löst die Botschaft Umkehr aus? Richtet sie
auf? Heilt und befreit sie?
Gott sei
Dank, liebe Schwestern und Brüder, endet das Gleichnis nicht hier. Wir
dürfen den letzten Teil des Gleichnisses nicht außeracht lassen! Ein Teil der
Körner fällt nämlich auf guten Boden und bringt Frucht. Und das gar nicht wenig:
30-fach, 60-fach und 100-fach.
Natürlich
weiß der Sämann um den Misserfolg. Manchmal mag er auch bekümmert sein, dass so
vieles daneben geht, verschüttet wird, verloren geht und nichts bringt. Aber er
grämt sich nicht darüber. Er lässt das Aussäen deswegen nicht bleiben, sondern
er freut sich über die Saat, die aufgeht und Körner bringt. Und es ist viel, so
viel, dass er auch im nächsten Jahr wieder aufs Feld gehen und Samen ausstreuen
wird.
Liebe Schwestern und Brüder!
Ich finde
dieses Gleichnis ungeheuer ermutigend und Vertrauen erweckend. Es lädt mich ein,
nicht im Pessimismus stecken zu bleiben. Es hilft mir – bei allen enttäuschenden
Erfahrungen – den Kopf nicht in den Sand zu stecken und trotz allen widrigen
Umständen, Hindernissen und Gegenkräften nicht aufzugeben, sondern – allem
scheinbaren „Umsonst“ zum Trotz, allen Vergeblichkeiten zum Trotz –
zuversichtlich und großherzig immer wieder hinauszugehen, zu säen und nochmals
zu säen, unverdrossen, geduldig, mit Mut und Vertrauen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Glauben Sie
mir: Wenn wir das Unsere tun, dürfen wir alles andere getrost der Sorge Gottes
überlassen, und uns von IHM beschenken lassen. Seine Güte hat kein Ende. Seine
Gnade kennt keine Grenzen. Sein Erbarmen hört niemals auf. Und seine Treue ist
überreich und riesengroß.
|