Evangelium
Später
reute es ihn und er ging hinaus. – Die Zöllner und die Dirnen gelangen
eher in das Reich Gottes als ihr
+ Aus
dem heiligen Evangelium nach Matthäus
In jener
Zeit
sprach Jesus zu den Hohepriestern und den Ältesten des Volkes:
28Was
meint ihr? Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: Mein
Kind, geh und arbeite heute im Weinberg!
29Er
antwortete: Ich will nicht. Später aber reute es ihn und er ging hinaus.
30Da
wandte er sich an den zweiten und sagte zu ihm dasselbe. Dieser
antwortete: Ja, Herr – und ging nicht hin.
31Wer
von den beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt? Sie antworteten:
Der erste. Da sagte Jesus zu ihnen: Amen, ich sage euch: Die Zöllner und
die Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr.
32Denn
Johannes ist zu euch gekommen auf dem Weg der Gerechtigkeit und ihr habt
ihm nicht geglaubt; aber die Zöllner und die Dirnen haben ihm geglaubt.
Ihr habt es gesehen und doch habt ihr nicht bereut und ihm nicht
geglaubt.
Jeder von uns hat
das schon erlebt:
Man
hat mit jemand etwas ausgemacht – und wurde sitzen gelassen. Einer hat
etwas versprochen, und dann doch nicht gehalten. Jemand hat gesagt, sich
um dieses oder jenes zu kümmern – und hat es dann doch nicht getan.
Jeder von uns weiß, wie ärgerlich und enttäuschend das ist.
Dennoch möchten wir uns gern auf andere verlassen.
Und
wir tun es auch immer wieder. Denn gewöhnlich gehen wir doch davon aus,
dass jemand auch tut, was er sagt, dass einer auch hält, was er
verspricht.
Wie
gut tun uns Menschen, auf die man sich verlassen kann! Da weiß man, wo
man dran ist.
„Euer Ja, sei ein Ja, euer Nein ein Nein“, sagt Jesus einmal,
„alles andere ist vom Bösen.“
Allerdings, von solch eindeutigen Menschen ist im heutigen
Evangelium nicht die Rede.
Jesus erzählt das „Gleichnis von den ungleichen Söhnen“.
Der
Vater bittet sie in seinen Weinberg zu gehen.
„Ja“ sagt der eine, „mach ich“, aber dann passiert nichts.
„Ich will nicht“ sagt der andere, tut‘s später aber doch.
Man könnte sich vorstellen, dass der Mann noch zwei andere Kinder
hat: nämlich eines, das „ja“ sagt und es dann auch macht. Und eines, das
„nein“ sagt und dann auch bei dem Nein bleibt.
Ohne Zweifel gibt es diese übersichtlichen Charaktere:
innen immer so wie außen, nie uneins mit sich selbst.
Wie
zahlreich sie sind oder wie selten, weiß ich nicht.
Von
diesen Eindeutigen ist aber bei Jesus nicht die Rede.
Hier
werden nicht die Jasager und die Neinsager verglichen, sondern zwei, die
anders tun als sie sagen, zwei, die sich hinterher anders verhalten als
sie zuvor signalisiert haben.
Als Jesus dieses Gleichnis erzählte, hatte er zwei Personengruppen
vor Augen: die religiöse Elite bestehend aus Hohepriestern,
Schriftgelehrten und Pharisäer einerseits und die Zöllner und Dirnen,
die als Sünder gelten, andererseits.
Der ersten Personengruppe erzählt er dieses Gleichnis und hält es
ihnen wie einen Spiegel vor, dass sie sich selbst darin erkennen und
fähig würden, an die eigene Brust zu schlagen, statt selbstgefällig auf
andere zu zeigen und sich auf ihr eigenes Gut-und-Rechtschaffen-Sein
etwas einzubilden
„Was meint ihr? Wer von beiden hat den Willen des Vaters erfüllt?“
fragt Jesus sie. Die Antwort ist klar: Derjenige, der tut, was der Vater
sagt, auch wenn er anfänglich Nein sagte.
Was
aber dann im Gleichnis folgt, ist ein Hammer:
„Amen ich sage euch: Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich
Gottes als ihr.“ – Welch eine Provokation!
Wie kommt Jesus dazu? Jesus hat die Erfahrung gemacht:
Diejenigen, die von Amtswegen den Willen Gottes aufs Genaueste kennen,
diejenigen, die sich für gut und fromm halten und auf die anderen mit
Verachtung schauen, sie verschließen sich seiner Botschaft. Seine
Verkündigung prallt an ihren Ohren und Herzen ab. Ja, sie nehmen sogar
Anstoß an ihm. Am Ende bringt der scharfe Gegensatz zu diesen Personen
Jesus ans Kreuz.
Diejenigen aber, die als Sünder gelten, die Zöllner und Dirnen z.
B., sie öffnen sich seinem Wort. Sie lassen es sich zu Herzen gehen. Sie
sind bereit, sich zu bekehren.
Sie
folgen seinem Ruf. Sie erkennen sich zutiefst als erlösungsbedürftig.
Sie zeigen Reue und lassen sich zur Umkehr bewegen.
Sie
verwandeln ihr ursprüngliches Nein in ein Ja.
Sie
erfahren Vergebung und ändern ihr Leben.
„Später aber reute es ihn und er ging doch.“
Mit
dem Wort „es reute ihn“, kennzeichnet Jesus den inneren Prozess
der Umkehr des Herzens.
Der
Zöllner Zachäus ist ein Beispiel dafür, aber auch die Sünderin im Haus
des Pharisäers Simon, die sich über den Füßen Jesu ausweint, ebenso der
jüngere Sohn im Gleichnis vom barmherzigen Vater.
Und
selbst der eine Schächer am Kreuz zeigt sich reumütig und öffnet sich
auf Jesus hin. Er wandelt ganz am Schluss noch das Nein seines Lebens in
ein Ja.
Gerade dieses Beispiel zeigt, dass es für Umkehr nie zu spät ist.
Das Nein muss nicht das letzte Wort sein. Späte Umkehr ist allemal
besser als die Selbstgerechtigkeit derer, die meinen, sie bräuchten
keine Umkehr.
Bei Gott gibt es immer einen Weg zurück.
Bei
ihm ist die Tür immer offen. Er wartet auf unser Ja, aber nicht nur auf
unser Ja-Sagen, sondern auf unser Ja-Tun. Lippenbekenntnisse, die nicht
durch das Leben gedeckt sind, haben keinen Wert. Am Ende zählt die Tat.
Von Martin Buber ist das Wort
überliefert:
„Die große Schuld des Menschen sind nicht
die Sünden, die er begeht – die Versuchung ist mächtig und seine Kraft
gering – die große Schuld des Menschen ist, dass er täglich die Umkehr
tun kann, sie aber nicht tut.“
Im Gleichnis von den ungleichen Söhnen
geht es um Umkehr.
Ein
Nein zu Gott kann immer wieder umgewandelt werden in Ja. Besser ein
Nein, das sich zum Ja wandelt, als geheuchelte Zustimmung!
Jeder konkrete Schritt, auch der kleinste, durch den wir etwas in
unserem Leben zu ändern beginnen, ist wichtiger als viele Worte,
gescheite Reden, endlose Diskussionen und leere Versprechungen.
Entscheidend ist das Tun.
Am Ende der Bergpredigt (Mt 7, 21) sagt
Jesus:
„Nicht jeder,
der zu mir sagt: Herr, Herr, (wir können auch sagen ja, ja) wird in das
Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel
erfüllt.“
Und wir? Wie verhalten wir uns? Wie leben wir unser Christsein? Wie
lebe ich meine Antwort auf Gottes Ruf? Wie der Sohn, der zwar schöne
Worte macht, ihnen aber keine Taten folgen lässt?
Das Gleichnis will uns aufrütteln, dass unser Glaube nicht zum
Lippenbekenntnis verkümmert, dass wir uns nicht mit einem bloßen „Ja
Herr“ begnügen und dann doch nicht danach handeln.
Auch unser Bekenntnis zu Jesus ist erst dann wahrhaftig, wenn ihm im
Tun das Ja zu seinem Willen folgt.
Was
zählt, ist die Tat. Worauf es ankommt, ist die Liebe.
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