EVANGELIUM
Euer Licht soll vor den Menschen
leuchten
+ Aus
dem heiligen Evangelium nach Matthäus
In jener Zeit sprach Jesus zu
seinen Jüngern:
13Ihr
seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man
es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr außer weggeworfen und von
den Leuten zertreten zu werden.
14Ihr
seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf dem Berg liegt, kann nicht
verborgen bleiben.
15Man
zündet auch nicht ein Leuchte an und stellt sie unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet
sie allen im Haus.
16So
soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Taten sehen und
euren Vater im Himmel preisen.
Salz
ist etwas Wertvolles. Speisen ohne eine Prise Salz schmecken nicht
recht. Ganz ohne Salz könnte ein Mensch gar nicht leben. – In früheren
Zeiten war Salz oft Mangelware und wurde teuer gehandelt. Man kann es
auch durch nichts anderes ersetzen. Es trägt eine eigene Kraft in sich.
Wenn Jesus
seine Jünger „Salz der Erde nennt“, heißt das: „Ihr habt der Welt etwas
Lebenswichtiges zu geben, etwas, das sie sich selbst nicht geben kann. Ohne euch
wäre die Welt wie eine fade Suppe, langweilig und ohne Geschmack. Darum dürft
ihr die Kraft, die in euch steckt, nicht verbergen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Christen
haben tatsächlich immer wieder diese Rolle gespielt. In Diktaturen bilden
christliche Gruppen oft den letzten Hort der Freiheit, die letzten unbesiegbaren
Widerstandsnester. – In der Dritten Welt sind es vor allem Christen und
christliche Hilfsorganisationen, die wirklich etwas für das notleidende Volk tun
und sich für Gerechtigkeit einsetzen.
Von unserer
Gesellschaft allerdings habe ich oft den gegenteiligen Eindruck: Sie scheint
ganz gut ohne das christliche „Salz“ auszukommen. Haben wir ihr am Ende gar „die
Suppe versalzen“, also Abneigung erweckt mit einem starren, düsteren,
phantasielosen Glaubensstil (statt mit einem, der Lebenskraft und Lebensfreude
ausstrahlt)? Ist das Salz schal geworden? Hat es seine Kraft verloren?
Salz verhält
sich eigentümlich: Eine Prise davon in der Suppe bemerkt man vielleicht gar
nicht; es fällt aber auf, wenn sie fehlt! Dann schmeckt es nicht.
Oft habe ich
das Gefühl, dass unserer Gesellschaft eben diese (unauffällige, aber
lebenswichtige) „Prise Salz“ abgeht. – Die Menschen hasten beziehungslos
aneinander vorbei; jeder stöhnt über „Stress“; die meisten sehen nicht allzu
glücklich aus; sie machen eher einen unzufriedenen Eindruck. Irgendetwas fehlt.
Können wir es geben?
Schon kleine
Gesten vermögen – wie eine Prise Salz – das Klima zwischen Menschen spürbar zu
verändern: ein weinig Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft; ein wenig Geduld und
Gelassenheit; ein wenig Offenheit und Verständnis. Kleinigkeiten meistens – aber
um die Gelegenheiten zu bemerken und sofort zu nutzen, muss einer wach und
phantasievoll, hellhörig und empfindsam sein. Und er darf sich nicht zu sehr in
seine eigenen Probleme einspinnen und um sich selbst kreisen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Wer „Salz“
sein will, muss die Kraft dazu in sich selbst tragen. Wir können diese Kraft bei
niemand anderem bekommen als bei Jesus Christus! Die Freundschaft mit ihm heilt
Menschen von innen heraus und befähigt sie zu einer positiven,
menschenfreundlichen Lebenseinstellung. Wenn viele so sind, können sie etwas zum
Guten hin bewirken und verändern. Sie wirken wie Salz in der Gesellschaft und
können sie maßgeblich beeinflussen und prägen.
Und noch
viel mehr, noch Größeres ist dem möglich, der sich von Christus entflammen und
von seinem Wort inspirieren lässt: Zeichen, die nicht nur verborgen wie das Salz
wirken, sondern öffentlich als Licht leuchten! Die Krankenschwester, die
sich weigert, an einer Abtreibung mitzuwirken. Der Arbeiter, der den Mut
hat, ein Wort zu sagen, wenn seine Kollegen über die Kirche herziehen. Der
Schüler, der als einziger aus der Klasse noch jeden Sonntag in die Kirche
geht und sogar noch bei der Messe dient.
Beispiele
nur, aber reale. Solche Menschen erregen Widerspruch in ihrer Umgebung, doch
zugleich auch Interesse. Da schwimmt jemand gegen den Strom; da bekennt jemand
Farbe; da gibt jemand Glaubenszeugnis.
Das Salz tut
seine Wirkung. Alle schmecken es. Das Licht beginnt zu leuchten und alle sehen
es. Andere schließen sich an, lassen sich ergreifen, werden mitgerissen. Das
Licht greift über. So entsteht die „Stadt auf dem Berge“: eine Gemeinschaft, die
ausstrahlt und Hoffnung erweckt.
(unter Benutzung einer Predigtvorlage von Wilhelm
Schäffer)
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