EVANGELIUM
Euer Licht soll vor den Menschen
leuchten
+ Aus
dem heiligen Evangelium nach Matthäus
In jener Zeit sprach Jesus zu
seinen Jüngern:
13Ihr
seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man
es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr; es wird weggeworfen und von
den Leuten zertreten.
14Ihr
seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf dem Berg liegt, kann nicht
verborgen bleiben.
15Man
zündet auch nicht ein Licht an und stülpt ein Gefäß darüber, sondern man stellt
es auf den Leuchter; dann leuchtet es allen im Haus.
16So
soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und
euren Vater im Himmel preisen.
„Man stellt das Licht auf einen
Leuchter, dann leuchtet es allen im Haus."
Mit Licht ist
unser Glaube gemeint, unser christliches Leben.
„Man stellt
das Licht auf einen Leuchter, dann leuchtet es allen im Haus.“
Es ist absurd, ein Licht, das erhellen soll,
dadurch um seine Wirkung zu bringen, dass man es verbirgt.
Jesus sagt:
„Euer Licht soll
vor den Menschen leuchten.“
Das Licht soll
leuchten. Dazu ist es da.
Verstecktes Licht
nützt keinem und ist sinnlos.
„Man stellt
das Licht auf einen Leuchter, dann leuchtet es allen im Haus.“
Es ist Jesus ganz
viel daran gelegen, dass wir unseren Glauben und unsere Zugehörigkeit zu ihm
nicht verstecken.
Und auch seine
Botschaft, sein Wort will ausstrahlen, Kreise ziehen, die Herzen der Menschen
ergreifen, entflammen und erhellen.
„Schämt
euch nicht des Evangeliums“,
sagt der Apostel Paulus.
Gottes Wort ist wie ein Licht. Es darf kein
Geheimnis bleiben.
Wir sind aufgefordert, die Botschaft
weiterzusagen und den Glauben weiterzutragen, mutig, engagiert, ohne Feigheit,
ohne Scheu und Menschenfurcht.
„Man stellt
das Licht auf einen Leuchter, dann leuchtet es allen im Haus.“
Wer Gottes Wort in sich aufgenommen hat, wer
ergriffen ist von der Botschaft Jesu, kann gar nicht anders: Er muss es
weitersagen. Sein Leben bekommt zwangsläufig Zeugnischarakter. Es wird
praktiziertes Evangelium.
Solcher Glaube wird lebendig und wirksam mitten
in der Welt.
„Man
stellt das Licht auf einen Leuchter, dann leuchtet es allen im Haus“,
sagt Jesus. Und: „Euer Licht soll vor den Menschen leuchten.“
Aus diesen Worten höre ich eine Sorge heraus: die
Sorge, dass es zu wenig hell leuchtendes, ausstrahlendes Christenleben gibt; die
Sorge, dass der Glaube derer, die zu ihm gehören, als geheime Verschlusssache
behandelt wird, dass er nicht hinausgeht in die Welt.
Ich höre die Sorge Jesus, dass man von denen, die
seinen Namen tragen zu wenig sieht und merkt, die Sorge, dass sie, anstatt diese
Welt mit zu gestalten und sich einzubringen in die Öffentlichkeit, anstatt die
Gesellschaft mitzuprägen, sich scheu zurückhalten und sich verschämt
zurückziehen.
Dabei haben wir
etwas anzubieten, das niemand sonst einbringen kann, Christus, das Licht,
Christus, der von sich sagt „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“,
seine Botschaft als Sprengkraft gelebter Hoffnung.
„Euer
Licht soll vor den Menschen leuchten“.
Das heißt: Als
Christen sollen wir der Welt nicht entfliehen.
Wir sollen den
Glauben nicht als Privatangelegenheit betrachten.
Wir leben in der
Welt und haben eine Verantwortung.
Wir sollen Licht
sein. Das ist unsere Aufgabe.
Gottes Liebe,
Gottes Friede, Gottes Gerechtigkeit möchte durch uns hindurchscheinen und in
unseren Worten, in unserem Verhalten und in unseren Taten, ja in unserem ganzen
Leben wirksam werden. Licht bringen in diese Welt, leuchten, wo es dunkel ist,
das ist unsere Berufung!
Vergessen wir
nicht: wie viel Helligkeit und Wärme geht auch schon von einem kleinen Licht
aus!
Und schon ein
kleiner Strahl kann manche Dunkelheit verscheuchen.
Ich kenne eine
Frau, die nicht geheiratet hat und schon seit Jahren keinen Urlaub gemacht hat,
um ihre kranken Eltern pflegen zu können.
Ich kenne einen
Mann, der auf seine Karriere verzichtet hat, weil er seine Seele nicht verkaufen
wollte für das „richtige Parteibuch“.
Ich kenne junge
Leute, die ihre persönlichen Ferien opfern, um – ohne Honorar und in einem
harten Job – für behinderte Kinder Ferienfreizeiten durchzuführen.
Ich kenne einen
Bub, der Ministrant geworden ist und jeden Sonntag zur Kirche geht, obwohl seine
Eltern das für Quatsch halten.
Ich habe schon
schwer Kranke besucht, wo ich nicht wusste, wie soll ich die- oder denjenigen
trösten, und ich bin selber ermutigt und getröstet nach Hause gegangen.
Ich kenne alte
Ordensschwestern, die nicht mehr viel tun können, bettlägerig und
pflegebedürftig sind, die aber beten, viel beten. Und nicht darum, dass sie
selbst in den Himmel kommen, sondern ganz bewusst für andere.
Oder ich denke an
eine Frau, 38 Jahre alt, Mutter von drei Kindern. Ihr Mann hat sie wegen einer
anderen sitzen gelassen mit den Kindern und einem halbfertigen Haus. Sie musste
sehen, wie sie fertig wurde. Zunächst versank sie in einem Meer der Tränen. Dann
kam der erste Heiligabend. Die Kinderaugen glänzten erwartungsvoll. Da wischte
sie sich die Tränen weg und nahm tapfer das Leben in die Hand.
Es gibt Menschen,
die machen keine Schlagzeilen, die werden auch in keiner Nachrichtensendung
erwähnt, die werden niemals heilig gesprochen. Aber sie leuchten! Und ihr Licht
verbreitet sich in ihrer Umgebung. Sie sind die Heiligen des Alltags.
„Man stellt
das Licht auf einen Leuchter, dann leuchtet es allen im Haus.“
Jesus sagt nicht,
dass wir alle große Halogenscheinwerfer oder Flutlichtstrahler sein sollen,
sondern dass wir unser Licht leuchten lassen, da, wo wir stehn und leben, um
durch unser Licht die Welt ein wenig heller und wärmer zu machen und so Gottes
Gegenwart sichtbar werden zu lassen.
Dazu noch
eine kleine Begebenheit, die ich bei Chiara Lubich gefunden habe:
Antonietta
stammt aus Sardinien, lebt aber in Frankreich. Ihre Kollegen sind nicht gerade
hoch motiviert bei der Arbeit. Im Büro als Christin zu leben, bedeutet für
Antonietta, ihre Arbeit gut und gewissenhaft zu tun und dabei den Kollegen und
Kolleginnen gegenüber freundlich und ausgeglichen zu sein.
Die anderen
reagieren manchmal gereizt oder machen sich über sie lustig: „Dir macht das
Schuften ja Spaß. Dann kannst du ja meine Arbeit gleich mit machen!“
Antonietta
nimmt es den Leuten nicht übel. Wahrscheinlich, so denkt sie, hat jeder von
ihnen genügend Kummer.
Als die
Kollegen eines Tages nicht da sind, kommt der Abteilungsleiter zu ihr und meint:
„Jetzt sagen Sie mir doch, weshalb Sie nie die Geduld verlieren und immer
freundlich sind?“ Antonietta wehrt ab: „Ich versuche halt ruhig zu bleiben und
die Dinge mit Humor zu nehmen.“
Doch der Chef
ist mit dieser Antwort nicht zufrieden: „Das glaube ich nicht! Das muss etwas
mit ihrem Gott zu tun haben. Anders kann ich mir das nicht vorstellen. Und das
sage ich, der ich bisher nicht an Gott geglaubt habe!“
Einige Tage
darauf wird Antonietta in die Direktion gerufen. Dort teilt man ihr die
Versetzung in eine andere Abteilung mit. Man erhofft sich von ihr, dass sich
auch dort das Betriebsklima durch ihre Art wie sie da ist und mit anderen umgeht
zum Positiven verändere, so der Direktor.
Wir selbst sollen und können und dürfen
füreinander Licht sein, dann nämlich, wenn das Evangelium in unseren Worten und
noch mehr in unserem Leben erkennbar wird, wenn der Lebensstil Jesu, seine
Gesinnung, seine Ausrichtung auf den Vater, seine Güte und
Menschenfreundlichkeit unser Leben formt und prägt.
Gefragt sind Frauen und Männer in der Kirche,
denen man anmerkt: Sie sind erfüllt von Gottes Geist. Sie sind wirklich
Glaubende, Hoffende und Liebende.
Gefragt sind Menschen, die Zeugnis geben von der
Zuversicht, die sie trägt, vom Vertrauen, das sie prägt, von der Sehnsucht, die
sie bewegt, von Gott, der zu uns steht und mit uns geht.
„So soll euer Licht vor den Menschen leuchten,
damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“
Christsein heißt
Licht sein. Licht sein ist unsere Berufung.
Wo kann ich heute
Licht sein? Oder in der kommenden Woche?
Wem kann ich
Licht ins Leben bringen?
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