„Heiliger Vater,
gib,
dass wir deinen Namen allezeit ehren und lieben. Denn du entziehst
keinem deine väterliche Hand, der fest in deiner Liebe verwurzelt ist.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.“
Ein Vater
stellt seinen Sohn auf eine hohe Mauer.
Dann
streckt er dem Kind seine Hände entgegen und sagt:
„Spring,
ich fang dich auf!“ Das Kind zögert. Es hat Angst.
Der Vater
ermutigt es: „Spring doch! Ich fang dich auf!“
Schließlich springt das Kind. Der Vater zieht seine Hände weg.
Das Kind
fällt auf den Boden. Dem weinenden Kind erklärt der Vater:
„So ist
unsere Welt! Niemandem darfst du vertrauen, nicht einmal deinem Vater!“
Schlimm
finde ich diese Geschichte, ganz schlimm.
Sie ist
einfach nur schrecklich und furchtbar.
Ich kann
mir nicht vorstellen, dass das wirklich passieren könnte.
Kaum
denkbar, dass ein Vater so mit seinem Kind verfährt.
Ist
so unsere Welt? „Niemandem darfst du
vertrauen!“
Doch wenn
ich hineinschaue in unsere Welt, wie geht es da zu?
Geht man
da nicht manchmal tatsächlich ganz gnadenlos und grausam miteinander um?
Kann man da nicht den Eindruck haben, dass unter den Menschen sehr viel
Misstrauen herrscht, mehr Misstrauen als Vertrauen?
Wie viele
sind enttäuscht! Wie viele verbittert! Wie viele ziehen sich zurück,
trauen keinem Menschen mehr! Wie viele stecken voller Argwohn, Groll
oder Resignation?
Wie schön
ist es, wenn wir die andere Seite erleben!
Wie schön
ist es, einen Menschen zu haben, der einem versteht und zu einem steht,
einen Menschen, dem man vertrauen und auf den man sich verlassen kann,
einen Menschen, der hält, was er verspricht und der einem nicht ins
Leere laufen und fallen lässt!
Wie
wichtig ist die Erfahrung, dass Vertrauen möglich ist!
Im
Tagesgebet des heutigen Sonntags heißt es:
„Gott,
du entziehst keinem deine väterliche Hand.“
Ein
feierliches Bekenntnis ist das, eine Einladung an alle, die enttäuscht
worden sind!
Gott
lässt keinen fallen. Er zieht seine Hände nicht weg.
Auf
vielen Seiten der Bibel hören wir diese frohe Botschaft:
Gott ist
verlässlich und treu. Keinen lässt er im Stich. Sogar den Sündern geht
er nach.
Er ist
wie der barmherzige Vater, der wartet und Ausschau hält, bis der
verlorene Sohn zurückkehrt.
Er ist
wie der gute Hirt, der dem verlorenen Schaf nach geht und es in der
Wüste sucht, bis er es findet.
Gott
lässt keinen von uns fallen.
Denn „keiner kann tiefer fallen als in Gottes Hände“.
Diese
frohe Botschaft bringt uns Jesus und wird nicht müde, sie immer wieder
zu verkünden:
Gott ist
unser Vater. Wir sind seine Kinder.
Er liebt
uns. Keinen von uns vergisst er.
„Und wenn eine Mutter ihr Kind vergäße, ich vergesse dich nicht“,
sagt Gott (vgl. Jes 49, 15).
Liebe
Schwestern und Brüder!
In einer
Welt, wo so viele durch Enttäuschungen verbittert sind und keinem mehr
recht trauen können, ist es wichtig, diese gute Nachricht von Gott, der
wie ein guter Vater und eine liebende Mutter ist, weiterzusagen und sie
zu bezeugen.
Wir
kommen gar nicht durchs Leben, ohne öfters zu sagen:
„Ich
widersage dem Misstrauen!“
Als
Christen, als Töchter und Söhne Gottes, können wir immer wieder
Vertrauen wagen und auch den Vertrauensvorschuss geben, den es manchmal
braucht, weil wir uns getragen und gehalten wissen von einem, der uns
sein Vertrauen nie aufkündigt und von dem wir wissen, dass er uns hält
und birgt in seiner Treue.
„Gott
entzieht keinem seine väterliche Hand.“
In diesem
Glauben müssen wir uns immer wieder fest machen.
In dieses
Vertrauen hinein müssen wir Wurzeln schlagen, damit wir Standfestigkeit
gewinnen, wenn die Stürme des Lebens über uns weggehen.
Jeder von
uns hat schon mal vor einem Baum gestanden und ihn betrachtet.
Seine
Äste greifen wie Arme in den Himmel.
Ein Stamm
stützt das Wunderwerk von Zweigen und Blättern.
Solange
der Baum lebt, wächst er auch in die Tiefe.
Denn das
wichtigste ist den Augen verborgen: die Wurzeln.
Tiefe
Wurzeln geben dem Baum seine Standfestigkeit.
Er kann
Stürmen widerstehen.
Durch die
Wurzeln saugt der Baum die Feuchtigkeit des Bodens auf und erhält so
Wasser und Nahrung zum Leben.
Aus
welchen Quellen wird mein, unser Leben gespeist?
Das
Tagesgebet spricht von denen, die „fest in der Liebe Gottes
verwurzelt sind“.
Gott ist
Ursprung und Grund aller Liebe.
Von der
Liebe umfangen, sind wir geborgen.
Wer in
Gottes Liebe verwurzelt ist, weiß sich geborgen in Gottes Hand.
Er kann
sein ganzes Leben Gottes Händen anvertrauen.
Ja, dir
in die Hände sei Anfang und Ende, sei alles gelegt.
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