EVANGELIUM
Du bist Petrus;
ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben
+ Aus
dem heiligen Evangelium nach Matthäus
In jener Zeit
13als
Jesus in das Gebiet von Cäsaréa Philippi kam, fragte er seine Jünger: Für wen
halten die Leute den Menschensohn?
14Sie
sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für
Jeremia oder sonst einen Propheten.
15Da
sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich?
16Simon
Petrus antwortete: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!
17Jesus
antwortete und sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjóna; denn nicht Fleisch und Blut haben
dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel.
18Ich
aber sage dir: Du bist Petrus - der Fels -, und auf diesen Felsen werde ich
meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.
19Ich
werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst,
das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das
wird auch im Himmel gelöst sein.
20Dann
befahl er den Jüngern, niemand zu sagen, dass er der Christus sei.
„Du bist
Petrus. Und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“
Liebe
Schwestern und Brüder!
Als katholische
Christen denken wir bei diesen Worten an die Einsetzung des Papstamtes und an
die Zusage Jesu, dass die Kirche nicht untergehen wird. – Und gewiss kann uns
dieses Wort Jesu an Petrus in allen Stürmen, die der Kirche von außen und innen
drohen, Ermutigung und Halt sein.
Aber es geht im
heutigen Evangelium gar nicht ausschließlich und in erster Linie um den Primat
des Petrus und damit des Bischofs von Rom. Damit ist unser Evangelium längst
nicht ausgeschöpft. Der meines Erachtens wichtigste Satz des Evangeliums steht
vorher. Es ist das Bekenntnis des Petrus zu Jesus: „Du bist Christus, der
Sohn des lebendigen Gottes!“
Jesus selbst hat
dieses Bekenntnis provoziert durch zwei Fragen.
Die
erste ist
allgemein gestellt: „Für wen halten die Leute den Menschensohn?“ Also:
Was denkt und spricht man über mich? Wer bin ich nach Meinung der Leute? Die
zweite Frage richtet Jesus direkt an die Jünger:
„Ihr aber, für
wen haltet ihr mich?“
Petrus macht
sich um Sprecher aller und legt das großartige Bekenntnis ab:
„Du bist
Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“
Liebe
Schwestern und Brüder!
Die Frage: „Für wen haltet ihr mich?“ ist mit der Antwort des Petrus nicht erledigt! Es
geht – wie immer im Evangelium – ja neu um uns selbst!
Was halten wir
von Jesus? Was halte ich von ihm? Wer ist er für mich?
Wir sind gefragt!
Was bedeutet Jesus dir und mir im täglichen Leben?
Merken Sie, wie
da die Frage ganz persönlich wird?
Stellen
Sie sich vor,
ich hätte beim Vortragen des Evangeliums an dieser Stelle, bei dieser Frage Halt
gemacht. Und dann hätte ich Sie eingeladen in einer Zeit der Stille darüber
nachzudenken, was Sie von Jesus halten, wer er für sie ist. Und dann wäre ich
mit einem Mikrophon zu Ihnen gekommen. Was hätten Sie geantwortet? Was bedeutet
Ihnen Jesus? Wer ist er für Sie ganz persönlich?
Blenden
wir zurück:
Damals gingen die Meinungen, wer Jesus sei weit auseinander. Es gab vielfältige,
ganz unterschiedliche Ansichten und Urteile über ihn.
Er erregte
Aufsehen. Er redete und handelte anders als die maßgeblichen Führer. Er tat
Zeichen und Wunder. Viele vermuteten in ihm etwas Außergewöhnliches und ganz
Besonderes.
Andere ärgerten sich über ihn. Denn er brachte
Unruhe und Verwirrung unter die Leute. Er untergrub die Macht und das Ansehen
religiöser und politischer Autoritäten. Er stellte Fragen und stellte in Frage.
Er setzte sich über heiligste Überlieferungen und Vorschriften hinweg. Für
manche war er ein Rebell, ein Aufrührer, ein Gotteslästerer. Die meisten meinten
aber doch, einer der großen Propheten (wie z. B. Elija oder Johannes der Täufer)
sei wieder gekommen.
Wie lauten
heute die Urteile über Jesus?
Auch heute sind
die Meinungen breit gefächert! Für die einen ist er ein edler Mensch, vielleicht
der beste aller Menschen, die je gelebt haben, der Inbegriff echten Menschseins,
Vorbild wahrer Humanität. Andere sehen in ihm einen gütigen Lehrer und Helfer,
einen Idealisten. Für wieder andere ist er ein revolutionärer Typ, ein Kämpfer
für Veränderungen, eine Art Sozialreformer. – Groß ist heute auch die
Versuchung, ihn auf eine Stufe mit anderen Religionsstiftern zu stellen, einem
Mohammed oder Buddha etwa. Manche deuten ihn als Weisen von der Art eines
Sokrates, der für seine Gewissensüberzeugung in den Tod ging.
Natürlich ist
es schon sehr viel, wenn Menschen in Jesus ein Vorbild sehen. Es ist gut, wenn
man sich auf seine Güte und Menschenfreundlichkeit besinnt. – Aber ist das der
ganze Jesus? Was haben wir von ihm begriffen, wenn wir ihn nur „interessant“
finden, wenn wir von ihm „fasziniert“ sind oder uns seine Menschlichkeit
anspricht? Und damit hat sich’s.
Wenn es bei
Interesse und Bewunderung bleibt, im Übrigen wir aber nicht selbst von ihm
berührt werden, dann muss das nicht viel bedeuten, dann braucht das noch lange
keine Auswirkungen auf unser Leben zu haben. Dann bleibt die Gestalt Jesu im
Unverbindlichen und für meine persönliche Lebensgestaltung belanglos.
„IHR ABER
FÜR WEN HALTET IHR MICH?“
Das ist eine
Frage, die ein eindeutiges Bekenntnis fordert, eine Entscheidung. Hier gibt es
kein Ausweichen. Gefragt sind auch nicht vergleichende Antworten mit anderen
Größen der Weltgeschichte, die man nach Belieben bewundern und ablehnen kann.
Jesus Frage zielt auch nicht nach Glaubenswahrheiten, Katechismussätzen o.ä.,
sondern er fragt nach der Einstellung der Jünger zu ihm. Es geht um die
persönliche Beziehung zu ihm.
Ein Missionar
aus Indien wurde einmal gefragt: „Wie steht es denn bei euch mit Gandhi?“ Er sagte:
„Wie bei euch im
Westen mit Jesus Christus! Er wird zitiert, verehrt, aber nicht ernst genommen.“
Liebe
Mitchristen!
Nehmen wir, die
wir uns als Christen bezeichnen, ihn ernst, von dem wir den Namen haben? Dann
kann er für uns nicht bloß ein idealer Mensch sein.
Dann geht es
nicht nur um Vorbildfunktion, sondern dann sehen wir in ihm Gott selbst am Werk.
Dann ist er nicht mehr nur irgendein Bote Gottes, sondern wir glauben, dass in
ihm Gott selbst zu uns gekommen ist und einer von uns geworden ist, um uns zu
erlösen. In ihm begegnen wir nicht nur einem Religionsstifter oder einer
bewundernswerten und verehrungswürdigen großen Gestalt der Geschichte. In ihm
begegnen wir dem lebendigen Gott.
„Du bist
Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“
Und wir dürfen
als österliche Menschen hinzufügen:
„Du bist unser
Friede, unser Heiland und Erlöser.“
WER IST JESUS
FÜR UNS? FÜR WEN HALTEN WIR IHN?
Anscheinend
halten wir viel von ihm. Denn wir gehen Sonntag für Sonntag in die Kirche,
vielleicht auch noch öfter oder sogar täglich. Wir beten zu ihm und beten ihn
an. Wir hören sein Wort und feiern Eucharistie, das Mahl der Liebe. Wir bekennen
uns zu ihm, dem „Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott“
(Credo). Wir singen: „Du allein bist der Heilige, du allein der Herr, du
allein der Höchste, Jesus Christus“ (Gloria).
Wir bringen die
Einzigartigkeit Jesu zum Ausdruck, das, was ihn von allen anderen unterscheidet.
Ist das, was wir
beten und singen nur Leerformel, Worthülse?
Ist das, was wir
feiern nur gedankenlose Routine? Oder merkt man unserem Leben an, dass wir uns
zu Christus bekennen? Wird in unserem Alltag, in unserem Verhalten sichtbar,
dass wir seinen Namen tragen?
FÜR WEN HALTET
IHR MICH?
Mit dem Mund ist
die Antwort schnell gegeben. Leicht singen sich das Gloria und das Credo. Aber
ist das Bekenntnis auch durch mein Leben gedeckt, durch mein Verhalten im
Alltag? Rechne ich da mit Gott? Kommt Gott da vor? Hat er das Sagen oder
rangiert er unter „ferner liefen“? Höre ich auf sein Wort? Gebe ich
seinem Willen Vorfahrt?
Hat also das
Bekenntnis zu Jesus Christus Auswirkung auf das tägliche Leben und Miteinander?
Oder ist es nur Lippenbekenntnis?
„Dieses Volk
verehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit weg von mir“
Liebe
Schwestern und Brüder!
Fragen wir uns
selbst noch einmal:
Ist Jesus für
uns, für mich der „Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“?
Ist mein Glaube
an ihn mehr als Verehrung? Prägt und bestimmt er mein Leben? Lasse ich mich von
ihm leiten und führen? Ist er Maß gebend auch in meinem Alltag? Versuch ich
meine Glauben an Jesus Christus – so gut ich kann – in den alltäglichen
Gegebenheiten und Umständen unter Beweis zu stellen?
Wir sind
ausgegangen von der Frage Jesu: „Ihr aber, für wen halten ihr mich?“ Und
wir haben gefragt: Wer ist Jesus für uns? Für wen halten wir ihn?
Eine Frage war
auch, ob im Alltag sichtbar wird, was wir von ihm bekennen und dass wir uns zu
ihm bekennen? Wie zeigt sich das? Und ob man uns das anmerkt.
Wir können zum
Schluss noch einen Schritt weitergehen und die Frage Jesu noch direkter hören.
Ich kann sie ganz persönlich an mich gerichtet vernehmen. Jesus fragt mich und
er fragt dich: WER BIN ICH FÜR DICH?
„WER IST JESUS
FÜR MICH?“
Ist er für mich
mein Freund, mein Vertrauter?
Ist er für mich
der Weg, auf dem ich gehe?
Ist er für mich
die Wahrheit, die ich glaube?
Ist er für mich
der Weinstock, ohne den ich keine Zukunft habe?
Ist er für mich
das Leben und erfüllt mich mit Freude?
Ist er meine
Hoffnung, mein Licht?
Ist er mein Halt,
meine Stärke, meine Zuversicht?
Ist er für mich
die Mitte und das Ziel meines Lebens?
WER IST JESUS
FÜR MICH?
Von Lothar
Zenetti stammt das Wortspiel – aber es ist mehr als ein Wortspiel – es ist eine
tiefe Aussage, ein knappes, aber inhaltsreiches Bekenntnis, eine
Glaubenserfahrung:
„WER JESUS FÜR
MICH IST? – EINER, DER FÜR MICH IST!
Dem kann ich nur
voll und ganz zustimmen.
Sie
wahrscheinlich auch, oder?
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