Die Ereignisse nach dem
Tod Jesu überstürzen sich:
Der Leichnam ist nicht
aufzufinden. Die Frauen berichten vom leeren Grab. Dem Petrus erscheint
der Lebende. Die Emmausjünger erzählen von der Wanderung mit IHM, dem
Gespräch über die Schriften und vom Erkennen beim Brotbrechen.
Mitten im Erzählen tritt
Jesus selbst in ihre Mitte.
Die Reaktion: Erschrecken
und Angst.
„Was seid ihr so
bestürzt?“
fragt Jesus. Und: „Warum lasst ihr in eurem Herzen solche Zweifel
aufkommen?“
Dann zeigt er ihnen seine
Hände und seine Füße und sagt: „Ich bin es selbst.“
Und von den Jünger heißt
es: „Sie staunten, konnten es vor Freude aber
immer noch nicht glauben.“
Alles ist zunächst so
unerwartet, so schockierend, einfach unglaublich. Von der Verzagtheit
zur Freude und vom Zweifel zum Osterglauben ist ein weiter Weg. Ostern
braucht Zeit
Liebe Mitchristen!
Die Osterberichte sind
uns vom häufigen Hören fast selbstverständlich geworden. Das Unerhörte,
Unerwartete und Undenkbare erfassen wir nicht mehr so leicht. Die
Gewöhnung hat das Aufregende und das an und für sich Unglaubliche mit
sanftem Staub bedeckt.
Sollen wir aufgeweckt und
aufgerüttelt werden durch diese Berichte, dann müssen wir uns einlassen
auf das bestürzende Schweigen, auf die Ratlosigkeit und den Unglauben
der Jünger am Karfreitag.
Wir müssen uns
hineinbegeben in die Dunkelheit des Grabes und müssen die Wüste des
Karsamstags aushalten. Es ist die Wüste der Abwesenheit Gottes, das
Schweigen des Todes, der Tod der Verlassenheit und Trennung, der Tod als
Sackgasse und Ende allen Lebens. Der Tod am Kreuz war auch die
Kreuzigung aller irdischen Hoffnungen der Jünger.
In dieser Situation war
die Kunde – „Er ist erweckt von den Toten!“ – jenseits jeder
Erwartung, gegen alle Hoffnung und vor allem auch gegen jedes Denken und
jede Erfahrung gerichtet. Denn tot ist tot. „Gekreuzigt, gestorben
und begraben“ – und das war‘s dann. Darüber hinaus gibt’s nichts.
Pure Hoffnungslosigkeit.
„Auferweckt von den
Toten“
– das reizte die Athener zum Lachen, die Juden gerieten in Zorn, die
Apostel fanden es unglaublich und gespenstisch. Und modernes Empfinden
tut es ab als mythologische Sprache und Vorstellung, als Einbildung und
Wunschdenken. Wir sind schließlich aufgeklärt.
Gewiss: Der Fotoreporter,
der Journalist und der Geschichtswissenschaftler stoßen nur auf das
leere Grab.
Meinungsumfragen und
Statistiken können nur die Abwesenheit Gottes, den „Tod Gottes“, das
Schweigen des All konstatieren:
Wir sind allem Anschein
nach allein und müssen damit fertig werden. Alles andere gilt als fromme
Flucht und unrealistisches Träumen.
Ganz anders die
biblischen Schriften, ganz anders Jesus bei seinen Erscheinungen vor den
Jüngern am Ostertag.
Er holt sie, die in
Trauer und Skepsis gefangenen sind da ab, wo sie sich befinden. Er kommt
ihnen entgegen. Er wirbt um Glauben und Vertrauen.
Dem so genannten
„ungläubigen Thomas“ zeigt er seine Wunden. Im Evangelium heute isst
Jesus vor den Augen seiner Jünger gebratenen Fisch.
Lukas macht auf geradezu
rührend-plakative Weise deutlich:
Jesu Auferstehung ist
handgreifliche Wirklichkeit, real und lebendig erfahrbar. Ostern ist
keine gespenstische Erscheinung, keine Sinnestäuschung, kein
Wunschtraum.
Aber es ist ein Prozess
und es braucht Zeit zu glauben, dass der, der am Kreuz starb – und der,
der auferstanden jetzt lebendig in ihrer Mitte steht – ein und derselbe
ist.
Es braucht Zeit, Ostern
im eigenen Leben ankommen zu lassen.
Die Jünger finden zum
Osterglauben, als sie in der Begegnung mit dem Auferstandenen langsam
begreifen, dass seine Gegenwart der Sinn der Schriften und die Erfüllung
aller Verheißungen ist: „So steht es
geschrieben… und ihr seid Zeugen dafür!“
Vor dem Geheimnis des
Kreuzes und der Auferweckung Jesu kann nur der Glaubende einen Sinn
entdecken, nicht, weil er ihn erdenken und aussinnen kann, sondern weil
er ihm gesagt und offenbar gemacht wird.
Aus der Schrift wird
sichtbar und deutlich, dass alles so geschehen musste (vgl. Lk 24, 27),
weil es zur Geschichte des Heils gehört.
Die Schrift ist der
Schlüssel dafür, dass Jesu Wirken, sein Sterben am Kreuz und seine
Auferweckung mitten aus dem Tod ein und dieselbe Handschrift tragen,
nämlich diejenige Gottes, der durch alle Brüche und durch alle Leid- und
Todeserfahrungen hindurch an seinem Volk, an uns Menschen, festhält.
Denn auch wir sind Teil der Heilsgeschichte. Uns gilt der Sieg des
Lebens über den Tod.
Liebe Schwestern und
Brüder,
die österlichen
Erzählungen unterstreichen immer wieder, wie langsam die Apostel die
Auferstehungsbotschaft begriffen haben. Sie zeigen damit auch, dass
diese Männer keine Phantasten, keine Spekulanten und keine
Märchenerzähler waren, keine voreiligen Schwätzer, sondern überzeugte
Menschen, die wussten, wovon sie redeten, was und wen sie bekannten und
warum sie diese Botschaft in alle Welt trugen.
„Wir können unmöglich
schweigen, von dem, was wir gesehen und gehört haben“,
begründen die Apostel ihr freimütiges und unerschrockenes Auftreten und
Verkünden in der Öffentlichkeit und nehmen dafür immer wieder
Verhaftung, Verhöre, Kerkerstrafen und Folter in Kauf. Ihr Zeugnis ist
immer auch verbunden mit dem Wagnis des eigenen Blutes.
Österliche Zeugenschaft
darf sich nicht in der Wortverkündigung erschöpfen. Ostern ruft auch zu
Taten des neuen Lebens, zu Versöhnung, zur Friedensstiftung, zu
Solidarität, zu Werken der Barmherzigkeit, zu tätiger Nächstenliebe.