Ein Rabbi überraschte seine Schüler
mit der Frage: „Wo wohnt Gott?“ Sie lachten und sagten: „Die Welt ist
doch voll von Gottes Herrlichkeit!“ Der Rabbi beantwortete seine eigene
Frage so: „Gott wohnt, wo man ihn einlässt!“ –
Wo
wohnt Gott?
Jesus sagt heute im Evangelium:
„Wenn jemand
mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten. Mein Vater wird ihn
lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen.“
Wir, jede
und jeder von uns, sind Wohnung Gottes!
Gott in uns.
– Ein nie ganz zu fassendes Geheimnis.
Der Apostel Paulus
spricht an verschiedenen Stellen seiner Briefe von diesem Geheimnis.
Im 1.
Brief an die Korinther fragt er die Gemeindemitglieder:
„Wisst ihr nicht, dass ihr ein Tempel Gottes seid und dass Gottes Geist
in euch wohnt?“ (1 Kor 3, 16)
Paulus
erinnert die Gemeindemitglieder an das, was sie zutiefst sind: Tempel
Gottes, Wohnung des heiligen Geistes.
Das ist
ihre Berufung! Das ist ihre Identität. Das ist ihre Würde.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Wir sind der Tempel Gottes. In uns
wohnt Gottes Geist.
Das ist
unsere Berufung! Das ist unsere Identität. Das ist unsere Würde als
Getaufte. Das sollten wir immer bedenken und nie vergessen. Wir sehen es
oft nicht oder viel zu wenig.
Auch bei
den großen Heiligen und vor allem bei den Mystikern finden wir die
Aussage: Gott wohnt in uns.
Meister Eckehard sagt z.B.:
„Ich bin des so gewiss wie ich lebe, dass nichts mir so nahe ist wie
Gott.“
Bei Augustinus findet sich das Wort:
„Gott ist uns näher als
wir uns selbst.“
Edith Stein
greift dieses augustinische Wort auf und formuliert in einem ihrer
Gebete: „Du, näher mir als ich mir selbst und
innerer als mein Innerstes, göttliches Licht, Heiliger Geist, ewige
Liebe.“
Angelus Silesius hat in seinem
Cherubinischen Wandersmann den Vers: „Halt an!
Wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir! Suchst du Gott anderswo, du
fehlst ihn für uns für.“
Der
Himmel ist in dir! Gott ist in dir! Suche Gott in dir!
In
einem Gedicht von Theresa von Avila spricht Gott:
Wenn
dein Sehnen Mich nicht findet, dann such nicht dort u. such nicht hier;
gedenk, was dich im Tiefsten bindet, und, Seele, suche Mich in dir.
Du
bist Mein Haus und Meine Bleibe, bist Meine Heimat für uns für.
Ich klopfe stets an deine Tür, dass dich
kein Trachten von Mir treibe.
Und meinst du, Ich sei fern von hier,
dann ruf Mich und du wirst erfassen,
dass Ich dich keinen Schritt verlassen:
und, Seele, suche Mich in dir.
Gott
sagt zum Menschen: „Du bist
mein Haus und meine Bleibe, bist meine Heimat für und für.“
Und: „Suche
mich in dir!“.
Gott ist ganz nahe. Er ist uns wirklich
näher als wir uns selbst.
Paulus sagt den Athenern auf dem Areopag.
„In ihm
leben wir, bewegen wir uns und sind wir.“
Als
die heilige Katharina von Siena in ihrer Not klagt:
„Mein Gott, wo warst du, als mein Herz in Finsternis und Tränen war?“
Da hörte sie die Antwort: „Meine Tochter, hast du nicht gespürt: Ich war in deinem
Herzen.“
Bei
Johannes Tauler findet sich das Wort:
„Wer
sehen könnte, wie im Seelengrund Gott wohnt, den würde dieses Gesicht
selig machen.“
Die
Frage ist:
Was können wir tun, dass wir des Wohnens Gottes in uns immer mehr
innewerden?
Erstens:
Wir können uns dessen betend immer wieder erinnern! Betend, meditierend
uns der Gegenwart Gottes in uns, seines Wohnens in uns innewerden.
Innewerden, welches Licht in uns ist –
unter aller Verhüllung und Überlagerung und aller Armseligkeit.
Innewerden, dass tief in meinem
Wesensgrund Gottes Geist, Gottes Kraft, Gottes Gnade eingesenkt ist und
mich erfüllt, mich durchdringt, belebt und beseelt.
Glauben, dass Gott in mir ist, seiner
Gegenwart bewusst sein und leben in der Gegenwart Gottes!
Zweitens:
Wenn Gott in mir wohnt, wenn Christus in mir Wohnung genommen hat, wenn
ich Tempel des hl. Geistes bin, sollte dann nicht auch Gottes Liebe und
sein Friede in mir wohnen und mich immer mehr prägen, formen und
bestimmen?
Drittens:
Tempel Gottes bin nicht nur ich. Auch der neben mir, der Bruder, die
Schwester ist Tempel Gottes. Auch in ihm wohnt Gottes Geist. Auch sie
ist Wohnort der Liebe Gottes. Auch die, die mich nervt; auch der, den
ich nicht so gut leiden kann.
Therese von Lisieux bekennt:
„Ohne
Jesus jeden Menschen lieben wollen, ist für mich so unmöglich wie die
Sonne in der Nacht scheinen zu lassen…
Aber je
mehr ich mit Jesus in mir verbunden bin, desto mehr kann ich alle meine
Schwestern lieben!“
Versuchen zu lieben wie ER, Jesus, uns
geliebt hat.
Geduld haben, auch wo’s schwer fällt.
Verzeihen, vielleicht sogar dort, wo ich
nicht schuld bin.
Vergessen wir nicht:
Es ist Liebe zu Gott, wenn wir die
Schwester, den Bruder lieben.
Und
auch das ist wahr: „Wo die
Güte und die Liebe, da ist Gott.“ |