Der Frühling ist
eine schöne Jahreszeit. Die letzten Krusten des Winters fallen ab. Die Bäume
schlagen aus. Es sprießt und grünt. Wir erleben die Fülle der Farben und die
Pracht der Blüten. Und es tut einfach gut, in dieser Zeit die Schönheit der
Natur wahrzunehmen.
Etwas führt uns
dabei die Natur auch ganz anschaulich vor Augen, nämlich: der schönste und
farbenprächtigste Blütenzweig bringt keine Frucht, wenn er vom Stamm abgerissen
wird. Kein einzelner Zweig kann für sich selbst leben. Es ist aussichtslos. Es
fehlt ihm die Lebenskraft. Die hat er nicht aus sich selbst, sondern vom Stamm.
Nur solange er am Lebensstrom angeschlossen bleibt, der vom Stamm ausgeht, grünt
und blüht er.
Das gilt auch
für den Weinstock, mit dem Jesus sich vergleicht. Keine Rebe trägt Frucht aus
eigener Kraft. Der Rebzweig geht aus dem Weinstock hervor. Der gibt ihm
Lebenskraft. Und jeder Zweig, der fest am Weinstock verwachsen ist, wird größer,
treibt Blüten und Blätter und bringt als Frucht die Trauben.
Wie die Zweige,
so bringen auch wir Menschen in unserem Leben nicht aus uns selbst , sozusagen
automatisch Frucht, sondern nur, wenn wir mit dem Weinstock Christus verbunden
bleiben. Von dieser lebendigen Verbundenheit, von einem Kraft- und Lebensstrom,
der von ihm ausgeht, spricht Jesus heute.
Wer daran
angeschlossen bleibt, wer vom Lebensstrom durchdrungen wird, der bringt Frucht.
Ohne diese Verbindung verdorren wir. Wir sind wie dürre, tote Zweige.
Nicht umsonst,
liebe Schwestern und Brüder, spricht Jesus im heutigen Evangelium 8 mal vom
„BLEIBEN“. Auffallend häufig kommt es vor. Dieses Bleiben ist offenbar sehr
wichtig.
Ich denke, wir
spüren auch warum.
Wir kennen die
Wankelmütigkeit unseres Herzens, der gute Wille, der alsbald auf der Strecke
bleibt, die Grauzone der Unentschlossenheit. Wie leicht erlahmen und erschlaffen
wir! Wie oft sind wir auch im religiösen Leben müde und lustlos!
Darum gilt es
immer wieder die Mitte zu suchen, die Verbundenheit mit Jesus Christus. Diese
lebendige, persönliche Verbundenheit mit Jesus Christus ist das Wesen des
christlichen Glaubens! Nicht irgendwelche Katechismussätze, nicht die
Glaubenslehre, auch nicht die Moral, die Liturgie oder sonst etwas steht im
Mittelpunkt, sondern eine lebendige Person: Jesus Christus.
Jeder, der
Christ sein will, muss bestrebt sein, zu ihm eine innere Beziehung zu finden.
Ohne diese Beziehung bleibt alles andere leer und „unfruchtbar“.
Verstehen wir,
warum Jesus mehrmals inständig bittet: „Bleibt in mir!“ - Dieses „In-ihm-Bleiben“
ist anscheinend nicht selbstverständlich. Und in der Tat: erleben wir es alle
nicht immer wieder, wie gefährdet es ist? Wie viele Möglichkeiten gibt es nicht,
aus der Lebensverbindung mit ihm herauszufallen oder auch sich herauszumogeln?
Unmerklich kann sie einem abhanden kommen wie eine Liebe oder Freundschaft. Sie
kann erkalten, versanden wie eine Liebe oder Freundschaft.
Freundschaften
aber muss man pflegen. Das wissen wir aus eigener Erfahrung. Sonst gehen sie
über kurz oder lang ein.
Auch unsere
Beziehung zu Jesus verdorrt, „schläft ein“, kommt abhanden oder geht verloren,
wenn sie nicht immer wieder ganz bewusst auch von unserer Seite aus gepflegt und
lebendig erhalten wird.
„BLEIBT IN MIR!“
- Das kann auf vielfältige Weise geschehen:
Eine
Möglichkeit ist das Gebet und die Meditation. Immer wieder seine Nähe
suchen; gern in seiner Gegenwart verweilen. Den Tag mit dem Gebet beginnen,
nicht mit dem Radio oder mit der Zeitung. Auch zwischendurch immer wieder einmal
innehalten. Um 12 Uhr höre ich vielleicht die Angelusglocke. Warum nicht den
„Engel des Herrn“ beten? Vor allem auch den Tag im Gebet beschließen, ihn in
Gottes Hände zurücklegen.
Ich mache die
Erfahrung: wo ich aus der Kraft des Gebetes zu leben versuche, da gewinne ich
langen Atem, da komme ich auch besser über Misserfolge und Enttäuschungen
hinweg.
Eine
andere Möglichkeit: Hören auf Gottes Wort. Mich davon ansprechen, berühren
und betreffen lassen. Auf diese Weise auch vertrauter werden mit Jesus Christus,
mit seinen Worten und Taten. Auf diese Weise sein Leben, sein Wesen, sein Tun,
sein Schicksal immer mehr kennen und verstehen lernen, so dass er mir immer mehr
aufgeht und klar wird, so dass Vertrauen wachsen und eine tiefe Beziehung und
Verbundenheit entstehen kann.
Ich mache die
Erfahrung: Gottes Wort gibt Orientierung, es zeigt den Weg. Und es gibt
wirklich, wie es in einem Lied heißt: „es gibt Trost, es gibt Halt in Bedrängnis
Not und Ängsten. Es ist wie ein Stern in der Dunkelheit.“ Es ändert und heilt,
nährt und befreit.
Eine dritte Möglichkeit:
die Mitfeier des Gottesdienstes. Hier spricht er nicht nur sein Wort zu uns,
sondern er begegnet uns in der Feier der Eucharistie im Brot des Lebens. Er lädt
uns ein, bei ihm zu sein und mit ihm Mahl zu halten. Er schenkt uns seine Nähe
wie es mehr nicht geht. Er selbst gibt sich uns zur Speise. Gibt es eine
innigere Verbindung? ER in mir und ich in IHM!
Jesus sagt: „Wer
in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht.“ - Das klingt
wie eine Zusage, fast wie eine Garantie. Wagen wir es doch, dieser festen
Zusage Jesu zu trauen! Und tun wir das unsrige, um in IHM zu bleiben. Dazu lädt
er uns ein: „Bleibt in mir!“
„Wer in mir
bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht.“ Ein solches Jesuswort
darf uns einfach gut tun und Mut machen.