Evangelium
Wer in mir bleibt und in
wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht
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Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
In jener Zeit sprach Jesus
zu seinen Jüngern:
1Ich
bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Winzer.
2Jede
Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab und jede Rebe, die
Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt.
3Ihr
seid schon rein kraft des Wortes, das ich zu euch gesagt habe.
4Bleibt
in mir und ich bleibe in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht
bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr,
wenn ihr nicht in mir bleibt.
5Ich
bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich
bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts
vollbringen.
6Wer
nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen und er verdorrt. Man
sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer und sie verbrennen.
7Wenn
ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles,
was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten.
8Mein
Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine
Jünger werdet.
Unter der Überschrift
“Pfarrgemeinderat“ notiert Lothar Zenetti:
„Von Programmen
sprachen wir und Tagesordnungspunkten, von Aktionen sprachen wir und von
Sofortmaßnahmen, von Modellen sprachen wir und neuen Perspektiven, von
Problemen sprachen wir und Meinungsäußerungen, von Strukturen sprachen
wir und Gemeindebildung. Von Jesus Christus sprachen wir nicht, und
seine Meinung war nicht gefragt. So hing er still am Kreuz aus
Oberammergau.“
Organisation ist wichtig,
auch ein gutes Management, optimale Betriebsführung. Keine Frage. Auch
Beratungen, Planungen und Arbeitsstrategien müssen sein. Wie können wir
noch effektiver und funktionsgerechter arbeiten? – Aber das ist nicht
alles. Und es ist nicht das erste!
Die Kirche, die
Pfarrgemeinde, eine kirchliche Gemeinschaft braucht zuerst die innere
Kraft. Und die kommt von Gott. Sie kommt aus der Begegnung mit ihm in
seinem Wort und in seinem Sakrament. Sie wird im Gebet, in der
Besinnung, in der Meditation geschenkt.
Ich will nicht sagen, dass
es nicht wichtig wäre, sich gemeinsam Gedanken über Gemeindebildung,
neue Seelsorgsstrukturen und die Verlebendigung kirchlichen oder
gemeinschaftlichen Lebens zu machen. Ich sage nicht, dass man nicht
diskutieren, Programme entwerfen und Modelle entwickeln sollte.
Für wichtiger halte ich
allerdings, Jesus zu fragen, die Verbindung zu dem nicht abreißen zu
lassen, von dem wir glauben, dass er die Quelle unseres Denkens, Redens
und Tuns ist. Es gilt immer wieder Kontakt zu dem herzustellen und
Verbindung zu dem aufzunehmen, der gesagt hat: „Wer in mir bleibt,
und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht“
Es gilt immer wieder auf
den zu schauen, auf den zu hören, und sich von dem die nötigen
Handlungsimpulse zu holen, der gesagt hat: „Getrennt von mir könnt
ihr nichts tun.“
In der gleichen Linie
liegt, was der große Mystiker Meister Eckhart so ausdrückt: „Die ein
gutes Leben beginnen wollen, die sollen es machen wie einer, der einen
Kreis zieht. Hat er den Mittelpunkt des Kreises richtig angesetzt und
steht der fest, so wird die Kreislinie gut. Das soll heißen: Der Mensch
lerne zuerst, dass sein Herz fest bleibe in Gott, so wird er auch
beständig werden in allen seinen Werken.“
Die Lebendigkeit einer
Gemeinde, die Lebendigkeit einer Ordensgemeinschaft, die Lebendigkeit
von uns Christen steht und fällt nicht mit dieses oder jenen
Aktivitäten. Sie gründet vielmehr darauf, dass wir unser Herz festmachen
in Jesus Christus. Immer wieder die Verbundenheit mit ihm suchen, die
Gemeinschaft mit ihm, die Freundschaft mit ihm. Und uns seinem Geist
öffnen! Uns von seinem Geist beseelen, beleben, inspirieren, animieren
und leiten lassen.
So sehe ich zum Beispiel
auch die Chance von Besinnungstagen, Tage einer religiösen Auszeit, Tage
des Mitlebens in einem Kloster und vor allem die Chance von Exerzitien
darin, dass uns wieder einmal Raum und Zeit gegeben wird, in die
Verbundenheit mit Gott zu kommen, in die Verbundenheit mit Jesus
Christus und diese Verbundenheit mit ihm – in der Stille, im Gebet sowie
im Hören und Betrachten seines Wortes – zu vertiefen, die Gemeinschaft
mit ihm zu stärken und zu festigen.
Das, was wir hörend,
glaubend, betend empfangen ist immer wichtiger und kommt vor dem, was
wir selbst machen, hervorbringen und bewerkstelligen.
Die Aktion gehört
unbedingt zur Nachfolge Jesu. Keine Frage! Nur, sie muss zunächst und
immer wieder in der Kontemplation, im Hören auf Gottes Wort ihren Grund
gefunden haben. Sonst wird es leicht leerer Aktivismus und bloße
Betriebsamkeit.
„Wer in mir bleibt, und
in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht“
„In Ihm bleiben“,
das löst nicht alle Probleme, aber es
kann jene Gelassenheit
schenken, die es auch erlaubt, Spannungen auszuhalten und mit offenen
Fragen zu leben.
„In ihm bleiben“, heißt in
seiner Liebe leiben. In seiner Liebe bleiben, ist aber keine Sache nur
des Gefühls oder einer Augenblicksstimmung. In seiner Liebe bleiben
wirkt sich aus und zeigt sich darin, dass wir versuchen, täglich aus dem
Glauben zu leben, Barmherzigkeit zu üben und die Liebe zu tun. |