„Ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten,
sondern um sie zu retten“, sagt Jesus heute im Evangelium und
umschreibt damit seine Sendung.
„Ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten,
sondern um sie zu retten.“
Wie vielen wurde früher Angst gemacht mit Gott.
Gott als strenger Richter. Gott sozusagen als Polizist,
als Staatsanwalt, der strafende, der rächende Gott.
Da empfinde ich dieses Wort regelrecht als befreiend:
„Ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern um sie zu
retten.“ So versteht Jesus seine Sendung. Zur Angst vor Gott
besteht demnach keine Berechtigung. Gott sinnt Gedanken des Friedens,
nicht des Verderbens. Es geht ihm um Rettung und Heil.
Wenn ich in die Evangelien schaue, auf Jesu Umgang mit
den Menschen, dann kann ich das fast auf jeder Seite lesen. Ich finde es
zigfach, hundertfach bestätigt. In der Begegnung mit Jesus, im
Zusammensein mit ihm, konnten Menschen aufatmen. Sie fanden Heil und
Heilung und kamen zu neuem Leben.
Ich denke an die Ehebrecherin: „Wer von euch
ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein!“ Und als Jesus mit der
Frau allein ist, sagt er zu ihr: „Auch ich verurteile dich nicht!“.
Jesus rettet sie im wahrsten Sinn des Wortes vor dem Tod.
Ich denke an Petrus, wie er auf dem Wasser
schreitet und untergeht. Er ruft: „Herr, rette mich!“
Sofort streckt Jesus seine Hand aus.
Ich denke an Maria von Magdala, die Jesus von
sieben Dämonen befreit. Er errettet sie aus einer Vielzahl von Süchten
und falschen Abhängigkeiten.
Ich denke an den Zöllner Zachäus. Von Menschen
erlebt er Ablehnung und Verurteilung. Jesus sagt: „Heute ist diesem
Haus das Heil widerfahren“.
Ich denke an Bartimäus, den blinden Bettler, an
die gekrümmte Frau, die blutflüssige Frau und viele andere. Jesus heilt
sie. Er spricht das rettende Wort. Er richtet auf, tröstet, befreit,
schenkt Ansehen und Würde.
Ich denke an die Aussätzigen. Von Menschen erleben sie
Ausgrenzung, Isolation. Jesus führt sie zurück in die Gemeinschaft, ins
Leben.
Da ist Levi. Jesus ruft ihn von der Zollstätte weg
in seine Nachfolge. Daraufhin gibt Levi ein Gastmahl. Jesus isst mit
Zöllnern und Sündern.
Zur Sünderin im Haus des Pharisäers sagt Jesus:
„Deine Sünden sind dir vergeben. Geh hin in Frieden.“ Jesus schenkt
Verzeihung, Frieden, einen neuen Anfang.
„Ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten,
sondern um sie zu retten.“
„Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter
geboren“, verkünden die Engel den Hirten.
„Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“,
sagt Jesus zum reumütigen Schächer am Kreuz.
Retten, nicht richten! Richter gibt es viele!
Wie gern, wie oft richten wir, urteilen, verurteilen,
reden über andere, zeigen auf andere, weisen Schuld zu, suchen
Sündenböcke, manchmal vielleicht auch, um von unseren eigenen Fehlern
abzulenken.
„Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“,
sagt Jesus in der Bergpredigt. Und: „Seid barmherzig, wie euer Vater
im Himmel barmherzig ist!“
Nicht richten, sondern retten! Was könnte das für
uns heißen im Alltag, im Umgang miteinander?
Manchmal gehen wir vielleicht auch mit uns selbst hart
ins Gericht, sind uns selbst gegenüber ein allzu strenger Richter, haben
mit uns selber wenig Geduld, können uns selber nicht verzeihen, sind
hart und unbarmherzig uns selbst gegenüber. Doch nur wer barmherzig mit
sich ist, ist’s auch zum andern neben sich.