Liebe Schwestern und Brüder,
wenn Sie sich noch an das Evangelium vom Ostermorgen erinnern, dann
haben Sie sicher noch im Ohr, dass der Engel den Frauen am Grab sagt,
der Auferstandene werde den Jüngern nach Galiläa vorausgehen. Dort
würden sie ihn finden.
Im heutigen Evangelium hören wir nun, dass die Jünger das auch gemacht
haben. Sie sind wieder nach Galiläa an den See zurückgekehrt. Weg von
Jerusalem. Dorthin, wo damals alles mit Jesus begonnen hat.
Aber es scheint, dass sie auch wieder in ihr altes Leben zurückgekehrt
sind - so als habe es Jesus nicht gegeben, ihn nicht, ihre Berufung
nicht - und auch keine Auferstehung von den Toten. Denn sie gehen wieder
fischen. Wie früher.
Von Ostern und von einem neuen Leben ist da nichts entdecken.
Und so lange sie ihr „altes“ Leben weiterführen, solange sie alles
wieder „wie früher“ machen, da tut sich auch nichts Besonderes. Im
Gegenteil: Sie arbeiten ohne Erfolg.
„Wir haben nichts gefangen“,
so müssen sie dem Mann antworten, der am Ufer steht und sie nach ein
paar Fischen fragt. Nichts, trotz aller Mühe. – Aber dann fordert sie
dieser Mann am Ufer, den sie nicht erkennen, auf, das Netz auf der
rechten Seite auszuwerfen.
Liebe Schwestern und Brüder,
das ist ein ganz wichtiger Moment in dieser Geschichte.
Und ich weiß nicht, ob wir hier in unseren Breiten um die Zumutung wissen,
die dieser Auftrag für die Jünger beinhaltet. Sie sollen am hellen
Morgen ein Netz auswerfen - und dann auch noch so nahe am Ufer. Dabei
weiß jedes Kind dort am See, dass so etwas sinnlos ist: Denn Fische
fängt man nur nachts - und man muss schon ein Stück weit hinausfahren in
Richtung Seemitte.
Es ist schon seltsam, dass diese Fischer das überhaupt mitmachen. Aber
dann, als sie etwas offensichtlich total Verrücktes wagen, da ist das
Netz voll, so voll, dass sie es gar nicht mehr einholen können. Erfolg
also auf der ganzen Linie – genau dort, wo niemand es erwartet und
vermutet hätte. Wirklich ein Wunder!
Liebe Schwestern und Brüder,
eine Fischer-Geschichte – vor allem aber eine Oster-geschichte. Eine
Geschichte, die aufhorchen lässt: Dort, wo diese Fischer nicht mehr das
tun, was sie immer gemacht haben, sondern das tun, was der Herr ihnen
sagt, da sind ihre Netze auf einmal voll.
Und wir dürfen davon ausgehen, dass diese Ostergeschichte wohl für eine
bestimmte junge Christen-Gemeinde aufgeschrieben wurde. Eine Gemeinde,
die es nicht ganz einfach hat – und die in der Gefahr steht, zu
resignieren.
Eine Christengemeinde, die sich bemüht - aber vergeblich und ohne
Erfolg. Vielleicht haben diese Leute auch das Gefühl: Der Herr ist
überhaupt nicht da. Immer noch Karfreitag. Und deshalb wird ihr eine
Ostergeschichte geschenkt, von der sie etwas lernen soll – und die ihr
Mut machen will.
Was könnte das sein, was sie lernen soll?
Vielleicht soll sie lernen, dass sie immer mit dem Herrn rechnen darf,
dass er da ist – auch wenn man ihn mit den Augen gar nicht erkennen
kann. Aber: Er ist da. Irgendwo am Ufer, denn er lässt sie nicht allein.
Aber diese Gemeinde soll noch ein Zweites lernen, etwas, was vielleicht
noch wichtiger ist: Dass sie sich nicht wundern darf, wenn der Herr
Dinge von ihr verlangt, die sie bisher noch nie getan hat. Dass sie, um
im Bild der Fischer zu bleiben, ihre Netzte auch mal zu Zeiten und an
Orten auswerfen sollen, wo sie es nie gemacht hätten.
Sie muss lernen, dass es nicht nur auf ihr Können ankommt, sondern viel
mehr auf den Ruf des Herrn: Dass sie so flexibel sein muss, dass nicht
nur auf ihre Erfahrungen vertraut, sondern viel mehr dem Auftrag des
Auferstandenen. Hören auf das, was der Herr sagt.
Und da hat es der Herr manchmal schon ganz schön schwer.
Wie oft wird er das zu hören bekommen, wenn sich bei uns mal was ändern
soll – in der Pfarrei, in der Ordensgemeinschaft, wenn wir mal einen
neuen Weg gehen müssten, damit wir auch morgen noch lebendig sind: „Das haben wir noch nie so gemacht! --- Wir haben es immer anders
gemacht; so wie früher …“
Und dann bleibt alles beim Alten - und wir wundern uns, dass die Netze
immer leerer werden. Die Netze, die Kirchen, die Klöster … Das haben
wir noch nie so gemacht … Was soll das denn?!
Liebe Schwestern und Brüder,
das sind „Killerphrasen“, Totschlagargumente. Weil dann wirklich alles
beim Alten bleibt. Und dann hat nicht einmal Gott eine Chance, etwas
Neues entstehen zu lassen – weil wir das nicht wollen. – Nein, wer mit
dem Auferstandenen zu tun haben will, der muss damit rechnen, dass auch
mal alles anders wird als es bisher war.
Wer auf den Auferstandenen hört, der muss – und der darf doch darauf
vertrauen, dass dieser doch noch ganz andere Möglichkeiten hat - mit den
Menschen, mit seiner Gemeinde, mit uns. Neue Gedanken, neue Wege.
Und wer den Auferstandenen wirklich um Hilfe bittet, der muss doch auch
damit rechnen, dass der dann sicher nicht sagt: Macht alles genau so
weiter wie bisher, weiter im alten Trott, nur nix ändern ---- sondern
dass unter Umständen jetzt was ganz anderes kommt. Und dass mit einem
Mal Dinge möglich sind -und auch gemacht werden müssen -, an die man
vorher im Traum nicht gedacht hätte.
Weil da ein Gott ist, der dort erst so richtig anfängt, wo wir Menschen
schon längst am Ende sind. Ein Gott, der uns aber nachläuft und in
unsere Erfolglosigkeit hineinruft: Versuch es noch einmal! ABER versuch`s
jetzt mal auf der anderen Seite, auf der rechten, der richtigen Seite!
Mach`s doch mal anders als Du es sonst immer gemacht hast - und lass
mal neue Gedanken in deinem Kopf zu, und neue Ideen. Gedanken, in
denen nicht nur das zählt, was früher war und was Du kannst, sondern
wo das zum Tragen kommen kann, was der Herr will, was ER von Dir
will – und was ER dann möglich macht, wenn Du dabei mitmachst.
Liebe Schwestern und Brüder,
was diese junge Christengemeinde damals lernen musste, ich denke, das
müssen auch wir heute lernen: Sensibel zu sein für den Herrn,
wenn er am Ufer unseres Lebens steht und uns ruft.
Darauf zu vertrauen, dass er uns schon sagt, was zu tun ist und was
richtig ist, auch wenn wir es bisher immer anders gemacht haben.
Denn mit dem Herrn bricht immer ein neuer Morgen an - und immer eine
neue Chance. Wir sind nicht dazu verurteilt, dass alles beim Alten
bleibt, sondern dazu berufen, das Neue zu wagen - mit IHM. Damit ER uns
dann die Netze füllen kann.
nach einer
Predigt-Vorlage von Richard Baus