Ein
altes Märchen erzählt:
Ein
junger König beauftragte die Gelehrten seines Landes,
die Weltgeschichte für ihn zu schreiben. Sie machten
sich bald an die Arbeit. Nach vierzig Jahren legten sie
das Ergebnis in tausend Bänden vor.
Der
König, der inzwischen schon sechzig Jahre alt geworden
war, sagte: „Tausend Bände kann ich nicht mehr lesen.
Kürzt alles auf das Wesentliche!“
Nach
zehn Jahren hatten die Gelehrten den Inhalt der
Geschichte der Menschen auf hundert Bände
zusammengefasst. Der König sagte: „Das ist zu viel. Ich
bin schon siebzig. Schreibt nur das Wesentliche!“
Die
Gelehrten machten sich erneut an die Arbeit und fassten
das Wichtigste in einem einzigen Buch zusammen. Damit
kamen sie zum König, als dieser schon im Sterben lag.
Der
wollte wenigstens noch das Wesentliche aus der Arbeit
der Gelehrten wissen. Da fasste der Vorsitzende der
Gelehrtenkommission das Wesentliche der Geschichte der
Menschheit in einem einzigen Satz zusammen: „Sie lebten,
sie litten, sie starben.“
„Sie
lebten, sie litten, sie starben!“
Ist das
alles, was über unser Leben, das Leben von uns Menschen
zu sagen ist? „Sie lebten, sie litten, sie starben!“
Fehlt da
nicht eine wesentliche Dimension?
Hat das
Grab das letzte Wort?
Ist der
Tod die Endstation?
Auch Jesus
lebte 30 Jahre in Nazareth, er hat gelitten, ist
gestorben und wurde begraben. Er lebte, er litt, er
starb.
Leben,
leiden, sterben ..., wenn das alles wäre, wenn da
nichts mehr käme, wenn es kein Danach und Darüber-hinaus
gäbe… Wäre das nicht trostlos und hoffnungslos?
Mit
Ostern steht alles auf dem Spiel. Es geht um Tod und
Leben.
Ist mit
dem Tod alles aus? Endet alles im Nichts?
Oder gibt
es eine Zukunft über den Tod hinaus?
Was
bleibt, wenn alles vorbei ist?
Ohne
Ostern wäre Golgota die dunkelste Stunde der
Menschheit. Ohne Ostern wären die Sakramente leere
Zeichen.
Ohne
Ostern wären die Märtyrer die bedauernswertesten
Menschen.
Ohne
Ostern wäre unser ganzes christliches Mühen umsonst.
Unser
Glaube, unser Christsein wäre blanker Unsinn.
Paulus
sagt es knapp und unmissverständlich: „Ist Christus
nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung
leer und euer Glaube sinnlos.“
Wenn es
Ostern nicht gäbe, wenn ich nicht glauben würde,
dass Christus auferstanden ist, könnte ich eher heute
als morgen mein Ordensgewand an den Nagel hängen. Und
das Messgewand hätte ich vorhin in der Sakristei erst
gar nicht anziehen brauchen.
Ohne
Ostern wäre auch dieser Gottesdienst wertlos, unser
Beten und Singen wäre sozusagen für die Katz. Wir alle
könnten einpacken, der Organist seine Noten, Sie ihr
Gesangbuch, der Sakristan könnte das ewige Licht
ausblasen und die Kirche abschließen, für immer. Daraus
ließe sich vielleicht ein Museum machen, ein Konzertsaal
oder ein Kolumbarium (eine Urnenbegräbnisstätte).
Alles
steht und fällt mit dem Glauben an die Auferstehung.
Der
Osterglaube ist das Grundereignis, das Herzstück, der
Dreh- und Angelpunkt unserer Religion. Denn der
Auferstehung verdanken wir alles. Durch die Auferstehung
wird Jesu Wort Gotteswort und sein Werk Erlösungswerk.
Alles
verdanken wir Ostern: unseren Glauben, unsere Hoffnung,
unser Leben in der Gnade, unsere eigene Auferstehung,
unsere Ewigkeit.
Seit
Ostern wissen wir: unser Sehnen und Hoffen geht
nicht in Leere, sondern findet Erfüllung und Vollendung.
Seit
Ostern wissen wir: Der Tod ist keine Sackgasse,
sondern ein Unterwegssein in die Vaterarme Gottes.
Wir sind
nicht unterwegs zum Friedhof. Natürlich führt kein Weg
daran vorbei - wir alle müssen sterben - aber einer
führt darüber hinaus, in das Licht und das Leben in
Gott.
Denn dort,
wo der Tod einen Punkt setzt, Schluss, aus, amen,
da setzt
Gott einen Doppelpunkt, einen alles verheißenden
Doppelpunkt.
Der Tod
ist nicht Ende, sondern Wende, nicht eine unüberwindbare
Mauer oder ein schrecklicher Abgrund, sondern Tor ins
Leben, Durchgang zum Leben in Gottes Licht, in Gottes
Frieden.
Der
Satz unseres Glaubensbekenntnisses: „Ich glaube
an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben der
kommenden Welt“, dieser Satz ist keine Phrase. Er
ist vielmehr die letzte, sichere Konsequenz aus allem,
was wir Christen glauben.
Und so
heißt es in einer Präfation beim Gedächtnis der
Verstorbenen: „Deinen Gläubigen, o Herr, wird das
Leben gewandelt, nicht genommen!“
Was für
eine Hoffnung für unsere Verstorbenen und für uns
selbst! Der Mensch hat ein Ziel. Dieses Ziel ist Gott.
Wir haben
über unseren Tod hinaus Zukunft in Gott.
Hinter
unserem Leben steht einer, der weiß um unseren
Hunger nach Leben, um unsere Sehnsucht nach Freude, um
unser Verlangen nach Glück. Und er wird es erfüllen.
Damit sind
Leid und Not und Tod nicht aus der Welt geschafft. Aber
das Dunkel unseres Lebens ist erhellt.
Jesu
Auferstehung gibt uns Hoffnung und Zuversicht.
Jesus
lebte, er litt, er starb.
In
österlicher Freude dürfen wir die Gewissheit anfügen.
„Christus resurexit halleluja!“ Christus ist
wahrhaft auferstanden!
Mit ihm
werden auch wir nicht nur leben, leiden und sterben,
sondern auferstehen zum ewigen Leben.
Jesus
sagt: „Ich lebe und auch ihr werdet leben!“
Und in
einem Lied singen wir: „Jesus lebt, mit ihm auch
ich“.
Liebe
Mitchristen!
Gehen wir
glaubend, hoffend und liebend unseren Weg an der Hand
Gottes „… bis nach der Zeit den Platz bereit an
seinem Tisch wir finden“.
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