Exerzitien mit P. Pius

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Jesus, der gute Hirt

4. Ostersonntag im Lesejahr C; Joh 10, 27 - 30

 

Evangelium

Ich gebe meinen Schafen ewiges Leben

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes

In jener Zeit sprach Jesus:

27Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie und sie folgen mir.

28Ich gebe ihnen ewiges Leben. Sie werden niemals zugrunde gehen und niemand wird sie meiner Hand entreißen.

29Mein Vater, der sie mir gab, ist größer als alle und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen.

30Ich und der Vater sind eins.

 

Das Bild vom Hirten und seinen Schafen ist in unseren Breitengraden selten geworden. Ein Schäfer, der mit seinen Schafen übers Land zieht oder seine Herde irgendwo weiden lässt, hat jedoch nach wie vor etwas Idyllisches und Anrührendes an sich.

 

Idyllisch und geruhsam war der Beruf des Hirten zurzeit Jesu in Palästina allerdings nicht. Es war ein harter Beruf, mühevoll, anspruchsvoll, entbehrungsreich. Keine Sache für Träumer!

 

Der gute Hirt, der für seine Schafe sorgt, sie auf gute Weise führt, der sie beschützt und bei Gefahr verteidigt, wurde schon im Alten Testament ein Bild für Gott selbst. – Und so betet der Psalmist: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen“ (Ps 23). Und Psalm 79 nennt das Volk Israel „die Herde seiner Weide“.

 

Das Neue Testament geht einen Schritt weiter und überträgt das Bild vom Hirten auf Jesus. ER ist für die Menschen da. ER widmet sich ihnen und geht auf sie ein. ER schenkt ihnen sein Wort, seine Zuwendung, seine Liebe. ER erbarmt sich ihrer.

 

Einmal heißt es (vgl. Mk 6, 34): „Als Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben“. Sie waren führungslos, orientierungslos, schutzlos. „Und er lehrte sie lange.“ – ER nimmt sich ihrer an. ER schenkt ihnen seine Zeit. ER gibt ihnen Weisung. ER zeigt ihnen den Sinn und das Ziel des Lebens auf.

 

Schließlich sagt Jesus von sich selbst unmissverständlich und klar: „Ich bin der gute Hirt.“ Und er verdeutlicht sein Hirt-Sein durch drei Aussagen: „Meine Schafe hören auf meine Stimme. Ich kenne sie und sie folgen mir“ (vgl. Joh 10, 14 - 16).

 

Sehen Sie, liebe Mitchristen, da ist eine ganz enge Beziehung, eine große Nähe und Vertrautheit zwischen Hirt und Schafen.

Der gute Hirt kennt jedes Tier. Er weiß um die Eigenart jedes einzelnen und geht liebevoll und fürsorglich damit um.

Die Schafe erwidern sein Wohlwollen und seine Zuwendung. Sie haben Vertrauen zu ihm. Sie hören auf seine Stimme und folgen ihm bereitwillig.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Durch Jesu Leiden und Sterben erfuhr das Bild vom Guten Hirten noch eine Ergänzung, eine zusätzliche Interpretation:

„Der gute Hirt gibt sein Leben hin für seine Schafe.“

 

Wie ein guter Hirt sich persönlich einsetzt und alles tut, um seine Schafe zu schützen und zu retten, und sogar bereit ist, für sie in den Tod zu gehen, so hat Jesus sein Leben für die Menschen hingegeben. ER ist für uns gestorben, damit wir das Leben haben. (vgl. Joh 10, 11 - 18)

 

Die frühen Christen haben das alles verstanden. Deshalb waren die ersten Christusdarstellungen (z. B. in den Katakomben und auf Sarkophagen) Bilder vom guten Hirten.

 

Das Schaf, das Jesus auf seiner Schulter trägt, war für sie ein Bild für die verlorene Welt. ER, der Herr, bringt sie zurück. ER macht sich Mühe um sie. ER holt sie heim. ER lässt sich seine Liebe ganz viel kosten. ER geht ganz weit in seiner Liebe.

 

Von ihm heißt es: „Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung“ (Joh 13, 1).

Und: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben hingibt für seine Freunde“ (vgl. Joh 14, 13).

Ja, Christus hat uns geliebt und sich für uns hingegeben!

 

Auf einem Wegkreuz habe ich einmal die Worte gelesen: „Das tat ich für dich. Was tust du für mich?“ Das ist die Frage an mich, an uns persönlich: Wie weit bin ich bereit zu gehen in meiner Liebe? Spüre ich, wie Gottes Liebe meine Liebe ruft?

 

In einem Gebet heißt es:

„Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun…“

Liebe Schwestern und Brüder! Wir alle sind berufen, gute Hirten und gute Hirtinnen zu sein, füreinander und für die Menschen, die uns begegnen und die uns anvertraut sind.

 

Das ist es: Die Menschen, mit denen ich, bzw. mit denen wir zu tun haben, sollen – in unserem fürsorglichen, achtsamen Umgang miteinander, durch unsere Solidarität mit den Armen und Schwachen, durch unsere Güte und Hilfsbereitschaft – etwas von der Hirtensorge Gottes erkennen und erfahren.

 

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