Exerzitien mit P. Pius

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Im Saal in Jerusalem

7. Sonntag in der Osterzeit, Lesejahr A; Apg. 1, 12 - 14

 

 

Erste Lesung

Sie alle verharrten einmütig im Gebet

Lesung

aus der Apostelgeschichte

Als Jesus in den Himmel aufgenommen worden war,

12kehrten die Apostel von dem Berg, der Ölberg genannt wird und nur einen Sabbatweg von Jerusalem entfernt ist, nach Jerusalem zurück.

13Als sie in die Stadt kamen, gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben: Petrus und Johannes, Jakobus und Andreas, Philíppus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon, der Zelót, sowie Judas, der Sohn des Jakobus.

14Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Lesung aus der Apostelgeschichte zeigt uns die Kirche ganz am Anfang. Sie zeigt sie uns sozusagen in ihrem „embryonalen Zustand“.

Die kleine Jüngergemeinde befindet sich im Saal in Jerusalem, dem sogenannten Obergemach, in dem Jesus auch der Überlieferung nach das letzte Abendmahl mit den Seinen gehalten hat.

Namentlich aufgezählt sind die 11 Apostel ohne Judas. Genannt sind auch die Frauen, die zum Jüngerinnen- und Jüngerkreis Jesu gehörten. Genannt sind auch die „Brüder Jesu“, die wir als Verwandte Jesu verstehen dürfen und die sich offensichtlich dem Jüngerkreis angeschlossen hatten.

Interessant ist, dass Maria, die Mutter Jesu, nicht einfach dem Kreis der Frauen zugezählt wird, sondern eine Sonderstellung einnimmt. Sie wird als „Maria, die Mutter Jesu“ eigens namentlich aufgeführt.

 

Liebe Schwestern und Brüder,

diese christus-gläubigen Menschen im Saal in Jerusalem bilden sozusagen die Keimzelle der Kirche. Noch ist diese kleine Urgemeinde verängstigt und unsicher. Aber sie betet, neun Tage lang. Daraus hat sich die kirchliche Tradition der „Novene“, des neuntägigen Gebetes, gebildet, in welchem Gemeinden, Gemeinschaften oder auch Einzelne in wichtigen Anliegen neun Tage lang beten.

 

Am Pfingsttag bricht dann der Heilige Geist herein in den Saal von Jerusalem. Er kommt im Zeichen des Sturmes, des tosenden Orkans, als Symbol unbändiger Kraft; im Zeichen des Feuers, dem Symbol der glühenden Leidenschaft und Begeisterung, der Wärme und Geborgenheit; im Zeichen der Zungen als Symbol des Verstehens und der Eintracht. Der Heilige Geist ist die Seele der Kirche. Er ist ihr Lebensprinzip.

Aber nicht nur der Kirche als ganzer oder als Institution oder als Gemeinde bzw. Gemeinschaft, sondern jedes einzelnen Christen. Jeder einzelne Christ ist geisterfüllt. Jeder Getaufte trägt in sich den Geist Christi, der ihn gestalten und durch ihn sich in der Welt auswirken will, damit Kirche öffentlich und für alle Völker als sichtbares Zeichen des Heils erkennbar werden kann.

 

Werfen wir noch einmal einen Blick in den Saal in Jerusalem, wo die Urgemeinde sich versammelt hat:

Maria als Mutter Jesu wird eigens genannt. Daraus hat sich eine liebenswerte Legende gebildet: Einige Kilometer von Damaskus/Syrien entfernt, gibt es ein christliches Dorf mit dem Namen Ma-a lula. Dieses Dorf zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus: Zum einen: Die Christen dort verstehen noch die Sprache Jesu, das Aramäische, das nach wie vor weitergegeben wird. Und: Es gibt dort ein griechisch-orthodoxes Frauenkloster, in welchem die Nonnen in einem wunderschönen gestalteten Schrein eine Ikone verwahren: Maria mit dem Kind. Die Nonnen behaupten und bekennen: Lukas, der Evangelist und Verfasser nicht nur des nach ihm benannten Evangeliums, sondern auch der Apostelgeschichte, habe diese Ikone gemalt.

 

Wir westlich geprägten Christen werden sagen: Selbstverständlich hat Lukas diese Ikone nicht gemalt. Und doch sagt die Legende die Wahrheit. Zwar hat Lukas die Ikone nicht mit einem Pinsel gemalt, aber er hat uns als einziger Schriftsteller des Neuen Testamentes im übertragenen und geistlichen Sinn ein Marienbild hinterlassen.

Dieses Bild trägt zwei markante Züge: Im lukanischen Kindheitsevangelium ist immer wieder davon die Rede, dass Maria alle Geschehnisse und Worte bewahrte und in ihrem Herzen überdachte (vgl. Lk 2, 19.51b). – Demnach wäre Maria die Erste, von der wir Bibellesung und Bibelarbeit im Sinne meditativen Umgehens mit der Heiligen Schrift lernen können.

Noch wichtiger ist für uns das zweite Charakteristikum Marias: Maria bildet im Kreis der Urgemeinde gleichsam die Mitte, das Herz der Urgemeinde. Sie steht für Mütterlichkeit und das weibliche Element in der Kirche. Gerade heute, in der Situation, in der Kirche sich befindet, wäre die Besinnung darauf ganz, ganz wichtig. Wenn z.B. darüber nachgedacht wird, wie die Kirche mit gescheiterten Ehen und wiederverheiratetet Geschiedenen umgehen soll. Vielleicht könnte Maria als die Mitte der Urgemeinde uns auch einen Denkanstoß geben in der Frage, wie wir mit dem Problem des Amtes für Frauen umgehen sollen.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Im Saal in Jerusalem zeigen sich die ersten Anfänge der Kirche. Einige Elemente sind verbindlich und unverzichtbar für die Kirche aller Jahrhunderte: die Gemeinschaft, das gemeinsame Gebet, das Warten auf den Heiligen Geist, verbunden mit der Bereitschaft, seinem Willen zu folgen. Verbindlich und unver­zichtbar für die Kirche aller Zeiten ist selbstverständlich auch Maria in ihrer Sonderstellung als Herz der Kirche.

 

Liebe Schwestern und Brüder,

Wir in unserer Kirche haben zahllose Gremien und führen auf allen Ebenen unzählige Sitzungen durch. Zweifellos muss vieles davon sein. Es braucht Besprechungen, Beratungen, Organisation und ein gewisses Management. Aber wie steht es mit dem Gebet? Dem persönlichen und dem gemeinschaftlichen? Kommt es nicht viel zu kurz? – Und warum? Trauen wir dem Gebet etwa wenig oder gar nichts zu? Fehlt es uns an Glaube? – Oder halten wir Gott für einen weit Entfernten, ein höchstes Wesen irgendwo hoch oben, der sich für uns und die Welt gar nicht interessiert und der auch gar nicht willens ist, helfend einzugreifen? – Oder fürchten wir vielleicht, das machtvolle Wirken von Gottes heiligem Geist könnte unsere Pläne und fixen Ideen durcheinanderwirbeln?

Jedenfalls: Kirchliche Probleme lassen sich nicht mit bloßem Diskutieren, Dialogisieren, Beraten und Managen lösen, und schon gar nicht durch Anleihen bei den Methoden von Parteien und Großunternehmen. Wo Kirche, statt die Erleuchtung und Dynamik von Gottes Heiligem Geist zu erbitten, unter den Schutzmantel weltlicher Macht schlüpft, da beweist sie nur ihren Unglauben.

Lösungen für unsere kirchlichen Probleme können wir nur finden, wenn wir uns unablässig, als Einzelne und als Gemeinden, betend dem Sturm und Feuer des Heiligen Geistes aussetzen. – Tun wir das? Tun wir es genügend? Oder sitzen wir ganz viel und beten zu wenig?

 

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