Evangelium
Ich werde den Vater
bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben
+
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
15Wenn
ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.
16Und
ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand
geben, der für immer bei euch bleiben soll,
17den
Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn
nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt
und in euch sein wird.
18Ich
werde euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch.
19Nur
noch kurze Zeit und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich,
weil ich lebe und auch ihr leben werdet.
20An
jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir
und ich bin in euch.
21Wer
meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber
liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn
lieben und mich ihm offenbaren.
„Das
wünsch ich sehr, dass immer einer bei mir wär, der lacht
und spricht: Fürchte dich nicht!“
Liebe Schwestern und
Brüder!
Als ich vor einigen Jahren
in einer Pfarrei den Erstkommuniongottesdienst zu halten hatte – ich war
kurzfristig eingesprungen, weil der zuständige Pfarrer erkrankt war – da
haben die Erstkommunionkinder dieses Lied gesungen: „Das wünsch ich
sehr, dass immer einer bei mir wär, der lacht und spricht: Fürchte dich
nicht!“
Die Kinder haben dieses
Lied so frisch und froh im Kanon gesungen, dass es eine Freude war,
ihnen zuzuhören. Für mich war das sehr eindrücklich. Ja, das Lied hat
sich mir eingeprägt. Und es kommt mir immer wieder einmal in den Sinn.
„Das wünsch ich sehr,
dass immer einer bei mir wär, der lacht und spricht: Fürchte dich
nicht!“
In der Tat, liebe
Mitchristen: Wer wünscht sich das nicht? Jemanden, der einem
beisteht und zu einem hält, jemanden, der einem die Angst nimmt und Mut
macht, jemanden, auf den man sich verlassen kann? Besonders in
schwierigen Situationen, in der Not, wenn Sorgen überhandnehmen oder
wichtige Entscheidungen anstehen? Dass da einer oder eine bei mir ist,
neben mir, mit mir, die oder der ein Auge auf mich hat, die Hand
schützend über einen hält, in Traurigkeit tröstet, in Verzagtheit
aufrichtet und in Mutlosigkeit Zuversicht schenkt. Ja, wer wünscht sich
das nicht?
Nun, liebe Schwestern
und Brüder, einen solchen Beistand verheißt im heutigen Evangelium
Jesus den Seinen. Und mit ihnen verheißt er ihn auch uns! – Es ist ein
Beistand besonderer Art, ein Beistand, der von Gott ausgeht und den Gott
selbst schenkt: der Heilige Geist, der hier auch „Geist der Wahrheit“
genannt wird, weil er die Menschen auf den wahren Weg des Lebens führt.
Der Heilige Geist ist die
Art und Weise, wie Jesus nach seinem Tod und seiner Auferstehung bei den
Menschen anwesend sein möchte: nicht mehr sichtbar und greifbar, nicht
mehr leibhaftig – und doch „lebendig“, nämlich ganz und gar präsent und
wirksam.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Sie wissen: Jesus
hat sich nach seiner Auferstehung den Jüngern mehrfach gezeigt und ist
ihnen erschienen. Doch Jesus macht den Seinen auch unmissverständlich
klar, dass diese Phase der Erscheinungen, der leibhaftigen Begegnungen
mit ihm, dem Auferstandenen, begrenzt ist und schon bald aufhören wird.
Ganz klar und deutlich sagt er ihnen: „Nur noch kurze Zeit bin ich
bei euch.“
Und tatsächlich:
Mit seiner Himmelfahrt ist die Zeit der Erscheinungen abgeschlossen. Die
Himmelfahrt Christi bedeutet ja nichts anderes, als dass Jesus nun
wirklich und endgültig bei Gott ist. Und nun müssen die Jünger allein in
der Welt zurechtkommen. Nun beginnt etwas Neues, nämlich die Zeit der
Kirche.
Doch Jesus kündigt an,
dass er die Menschen nicht einfach sich selbst überlassen, dass er sie
nicht verlassen und „verwaist“ zurücklassen wird. Vielmehr wird er ihnen
einen „anderen“ Beistand schicken, der „für immer“ bei ihnen bleibt,
heute und für alle Zeiten. Er wird bei ihnen stehen, mit ihnen gehen und
die Kraft sein, aus der sie leben können.
Wer sich von diesem
Beistand erfüllen lässt, dem wird sich Jesus Christus offenbaren und der
wird ihn erkennen. Wer sich ihm öffnet, der ist mit Jesus Christus und
dem Vater in Liebe verbunden. Wer ihn in sich aufnimmt, für den ist die
Einhaltung der Gebote keine lästige Pflichterfüllung, sondern Ausdruck
und Konsequenz seiner Gottes- und Christusbeziehung.
Sie merken, liebe
Schwestern und Brüder, die Geistsendung an Pfingsten ist bereits als
Verheißung im Blick, auch wenn es bis dahin noch eine Weile dauert. Für
uns ist sie Anlass zu fragen: Vertrauen auch wir auf diesen Beistand?
Rechnen wir mit ihm? Sind wir überhaupt offen und empfänglich für ihn?
Trauen wir ihm auch zu, dass er in der Kirche wirkt, dass er sie führt
und leitet? Oder haben wir uns ihm gegenüber längst verschlossen und ihn
vergessen?
|