Zweite Lesung
Das Evangelium,
das ich euch verkündet habe, ist der Grund, auf dem ihr steht
Lesung
aus dem ersten Brief des Apostels
Paulus
an die Gemeinde in Korínth
1Ich erinnere
euch, Schwestern und Brüder, an das Evangelium, das ich euch verkündet
habe. Ihr habt es angenommen; es ist der Grund, auf dem ihr steht.
2Durch dieses
Evangelium werdet ihr gerettet werden, wenn ihr festhaltet an dem Wort,
das ich euch verkündet habe, es sei denn, ihr hättet den Glauben
unüberlegt angenommen.
3Denn vor allem
habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für
unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift,
4und ist begraben
worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift,
5und erschien dem
Kephas, dann den Zwölf.
6Danach erschien
er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind
noch am Leben, einige sind entschlafen.
7Danach erschien
er dem Jakobus, dann allen Aposteln.
8Zuletzt erschien
er auch mir, gleichsam der Missgeburt.
11Ob nun ich
verkünde oder die anderen: Das ist unsere Botschaft und das ist der
Glaube, den ihr angenommen habt.
20 Jahre nach dem Tod Jesu
am Kreuz gab es in der Hafenstadt Korinth eine Gruppe von
Jesusanhängern. Paulus hatte die Gemeinde in den Jahren 50/51 gegründet.
– Etwa eineinhalb Jahre hatte er in Korinth verbracht. Bald nach seinem
Weggang brachen in der Gemeinde große Streitigkeiten aus, nicht nur
persönlicher Art, sondern auch über Grundfragen des Glaubens.
So gab es dort eine kleine
Gruppe von Leuten, die waren überzeugt: Eine Auferstehung der Toten gibt
es nicht. – Wir wissen das aus dem 1. Korintherbrief, den Paulus im
Frühjahr 55 von Ephesus aus nach Korinth geschrieben hat.
Im Kapitel 15 lesen wir:
„Wenn aber verkündet wird, dass Christus von den Toten auferweckt
worden ist, wie können dann einige von euch sagen: Eine Auferstehung der
Toten gibt es nicht?“ (15, 12)
Paulus ist einigermaßen
irritiert. Denn für ihn steht ein ganz entscheidender Punkt des
christlichen Glaubens auf dem Prüfstand: „Wenn es keine Auferstehung
der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber
Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer,
leer auch euer Glaube“ (1 Kor 15, 13f.) – Für Paulus steht hier –
ganz ohne Frage – der Kern des Glaubens zur Debatte. Aber eines tut er
überraschenderweise nicht. Er gibt den Korinthern keineswegs die
Anweisung, die Auferstehungs-Leugner aus der Gemeinde auszuschließen.
Vielmehr versucht er, sie mit Argumenten zu überzeugen. Das ganze 15.
Kapitel des 1. Korintherbriefes ist ein Zeugnis intensiver
Argumentationsarbeit.
Ausdrücklich weist Paulus
darauf hin, dass dem Glauben an die Auferstehung der Toten eine
Überlieferung zugrunde liegt, dass er diesen Glauben nicht selbst
erfunden oder konstruiert hat, sondern, dass er ihn empfangen und
übernommen hat: „Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch
ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der
Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt
worden, gemäß der Schrift, und erschein dem Kephas (Petrus), dann den
Zwölf“ (1 Kor 15, 3 - 5).
Gestorben – begraben –
auferweckt – erscheinen.
Woran erinnert Sie das,
liebe Schwestern und Brüder?
Dies ist das älteste
christliche Glaubensbekenntnis, das wir kennen. Paulus hat es selbst
schon übernommen. Es ist also wesentlich älter als der 1.
Korintherbrief. Der Apostel hat dieses Bekenntnis kurz nach seiner
Bekehrung in einer christlichen Gemeinde so kennengelernt. Die heutige
Bibelwissenschaft ist sich einig, dass es spätestens um das Jahr 40
entstanden sein muss, eher sogar noch früher.
Wir haben hier – dank der
Auferstehungsleugner in Korinth – einen sehr alten Text vor uns, der
wohl schon in den ersten Jahren nach der Auferstehung Jesu entstanden
ist. Ein absoluter Glücksfall für unseren Osterglauben!
Und nun das Entscheidende:
Das alte Credo bekennt, „dass er auferweckt worden ist“. Das Tun
Gottes wird im Passiv umschrieben. Gott hat am Gekreuzigten gehandelt.
Paulus führt dann eine
regelrechte Liste von Zeugen an, denen Jesus nach seinem Tod als der
Lebendige erschienen ist: „…und erschein dem Kephas (Petrus), dann
den Zwölf. Danach erschein er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die
meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen. Dann
erschein er dem Jakobus, dann allen Aposteln. Zuletzt erschien er auch
mir, gleichsam der Missgeburt. Denn ich bin der Geringste von den
Aposteln. Ich bin nicht wert Apostel genannt zu werden, weil ich die
Kirche Gottes verfolgt habe“ (1 Kor 15, 5 - 9).
Paulus legt großen Wert
auf die Feststellung, dass, als er seinen Brief schreibt, die meisten
Auferstehungszeugen noch leben. Er will den Korinthern damit
offensichtlich sagen: Die meisten dieser Zeugen könnt ihr noch befragen,
ihr könnt ihr Zeugnis auf seine Glaubwürdigkeit hin überprüfen.
Am Schluss verweist Paulus
auf seine eigene Bekehrung. Er versteht sie als eine Erscheinung des
Auferstandenen. Diese Berufungserfahrung vor Damaskus (etwa im Jahr
33/34) ist das entscheidende Ereignis in seinem Leben gewesen, das ihn
völlig aus seiner bisherigen Lebensbahn geworfen hatte. Aus dem
unerbittlichen und gnadenlosen Verfolger der christlichen Gemeinde wird
der Apostel, der durch die halbe damals bekannte Welt zieht, um das
Evangelium von Jesus zu verbreiten, unter unglaublichen Mühen und
Strapazen. Dabei ist sich Paulus sehr bewusst, dass er eigentlich
überhaupt nicht in die Reihe der übrigen Erscheinungszeugen passt. Er
bezeichnet sich hier als Missgeburt, als den geringsten Apostel,
nicht wert, Apostel genannt zu werden, „weil ich die Kirche Gottes
verfolgt habe“. Er ist zutiefst überzeugt: dass er in dieser ihn
überwältigenden Erfahrung des auferstandenen Jesus zum Glauben an ihn
gefunden hat, das verdankt er ganz und gar der Gnade, dem Wohlwollen,
dem Entgegenkommen Gottes (1 Kor 15, 10).
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir können die Auferstehung Jesu nicht im strengen Sinn beweisen. Einen
Gott, den wir mit unseren Mitteln und Methoden beweisen könnten, wäre
nicht Gott, er wäre kleiner als wir. Im strengen Sinn beweisen lässt
sich die Auferstehung Jesu nicht. Und doch hängt unser christlicher
Glaube nicht einfach in der Luft. Da sind die vielen Zeugen damals,
allen voran Paulus, die von sich sagen: Jesus ist uns als der Lebendige
erschienen, wir haben ihn gesehen, wir sind ihm begegnet.
Daran allerdings geht kein
Weg vorbei: Wir müssen es diesen Zeugen glauben, es ihnen abnehmen, dass
sich der auferstandene Christus ihnen gezeigt hat, dass sie ihm begegnet
sind. Diese Menschen haben fast alle für ihre Überzeugung, für ihren
Glauben ihr Leben hingegeben, Petrus und Paulus, und all die anderen.
Das macht für mich ihr Zeugnis glaubwürdig.
Für mich kommt noch ein wichtiger
Punkt hinzu: Der Glaube an die Auferweckung Jesu, der Glaube an unsere
eigene Auferweckung entspricht einer Frage, die tief in mir drin sitzt:
Was wird mit uns im Tod? Diese Frage stellt sich mir vor allem im Blick
auf die vielen unschuldigen Opfer der Geschichte, von denen es im
letzten Jahrhundert bis heute so viele gegeben hat, wie noch nie in der
gesamten Menschheitsgeschichte. Ist ihr Leben einfach Vergangenheit? Ist
ihr (oft junges) Leben einfach abgebrochen? Ich kann und will das nicht
glauben. Gerade für sie hoffe ich.
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