Was machen die Apostel, die Jünger Jesu
nach der Himmelfahrt?
Jesus hatte ihnen ja zugesagt.
„Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ - Und
er hatte ihnen den Heiligen Geist versprochen, den Tröster, den Beistand. Sie
sollten sich nicht allein gelassen fühlen.
Und
er hatte sie in seine Sendung mit hinein genommen:
„Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!“
„Ihr
sollt meine Zeugen sein bis an die Grenzen der Erde!“
„Macht alle Menschen zu meinen
Jüngern...!“
Wie
verhalten sich die Apostel? Wie reagieren sie auf diesen
umfangreichen, universalen Sendungsauftrag?
-
Hätten sie nicht resignieren und auseinanderlaufen
können
angesichts dieser riesengroßen Aufgabe? Wie sollen sie das
fertigbringen, diese kleine Schar, Leute ohne Welterfahrung, ohne
entsprechende Ausbildung, ohne Fremdsprachen zu können, ohne
machtvolle Beziehungen zu haben? - Ja, die Jünger hätten
resignieren und auseinanderlaufen können.
-
Eine andere Möglichkeit wäre gewesen,
dass sich die Jünger nach den umwerfenden und unglaublichen
Erfahrungen mit Jesus, voller Elan ins Zeug gelegt und mit
Begeisterung sich gleich hineingestürzt hätten in ihre Sendung, in
ihren Auftrag, dass sie sofort und voll Eifer losgezogen wären.
Nach dem Motto: Es ist viel zu tun, auf, packen wir’s an, ran an
die Arbeit, die Aufgaben drängen: verkündigen, missionieren,
Menschen bekehren, Caritas organisieren, Gemeinden gründen, Ämter
verteilen, Kirche aufbauen! Nur keine Zeit verlieren!
-
Die Apostel hätten auch, wie wir es wohl getan
hätten, zunächst einmal eine Krisensitzung abhalten können,
eine Synode einberufen, schließlich Kommissionen bilden, um zu
diskutieren, wie es denn nun weitergehen soll, was zu machen sei,
welche Strategie die beste sei. Welche Art von Werbefeldzug für die
Sache Jesu wohl am wirksamsten, am Erfolg versprechendsten sei.
Wie verhalten sich die Jünger? Wie
reagieren sie tatsächlich?
Wir haben es in der Lesung gehört:
Sie gehen nach Jerusalem. Und dort in ein
Obergemach. Es ist der Abendmahlsaal. Es ist der Raum, wo
sie ihm, dem Auferstandenen begegnet sind, wo sie mit
Freude erfahren haben: er lebt.
Dorthin gehen sie und verharren einmütig
im Gebet.
-
kein Resignieren, kein Aufgeben, kein
Auseinanderlaufen angesichts der großen Aufgabe.
-
auch keine hektische Betriebsamkeit, kein
überstürzter Aktionismus, kein blindes Losstürmen und
Herumfuhrwerken.
-
auch kein Krisenmanagement, keine
Strategiediskussionen, keine Planungskonferenzen.
„Sie verharren einmütig im Gebet.“
Die Jünger Jesu setzen vor die Aktion die
Meditation. Vor der Sendung kommt die Sammlung, vor dem
Tun das Gebet, vor der Mission die Kontemplation, vor dem Handeln
das Händefalten, vor dem beherzten Zupacken das Erheben des Herzens.
„Sie verharren einmütig im Gebet.“
Lukas sagt nicht einfach:
„Sie beteten“, sondern „sie verharrten einmütig im Gebet“.
„Verharren“ hat etwas mit durchhalten, mit aushalten zu tun.
Beharrlich dran bleiben. Sie verharren im Gebet. Sie beten ganz
intensiv, wach, geduldig und ausdauernd.
Und
„einmütig“,
einträchtig! Ohne dieses Einmütigkeit, ohne diesen Zusammenhalt wären
die ersten Christen schnell am Ende gewesen. Sie sind sich eins in der
Erkenntnis, dass sie das Wesentliche nicht machen können, dass es ihnen
von oben geschenkt werden muss. Sie verharren einmütig im Gebet.
Im gemeinsamen Gebet aber
wächst eine Verbundenheit. In die hinein kann dann der Pfingstgeist
wirken.
Liebe Schwestern und Brüder!
Man redet heute viel davon, dass die
Kirche sich modernisieren müsse. Strukturen müssten geändert und neue
Formen gefunden werden. Die Kirche müsse sich besser darstellen
und verkaufen.
Das mag richtig sein. - Doch
manchmal scheint mir, dass man den zweiten Schritt vor dem ersten machen
möchte.
Gewiss,
es geht nicht ohne Sitzungen. Es geht auch nicht ganz ohne Verwaltung.
Konferenzen müssen sein, Organisation muss sein. Es braucht
Entscheidungen. Ganz klar!
Es gibt in der Tat ein Problemstau in
unserer Kirche. In vielen Bereichen besteht Handlungsbedarf.
Doch der erste Schritt
am Beginn der Kirchengeschichte war das Gebet, das Sich-öffnen auf Gott
hin. Ich glaube, dass darum auch der zweite Schritt so gut
gelungen ist. Voll Eifer, tapfer und unerschrocken sind sie
hinausgegangen in alle Welt, haben keine Mühen gescheut, haben viele
Strapazen auf sich genommen,
haben Kopf und Kragen riskiert für die Sache Jesu. Und nicht wenige
haben ihr Blut vergossen als Zeugen des Glaubens.
Wir
wünschen uns
die Kraft der jungen Kirche, ihren Mut, ihre Hoffnung, die
Aufbruchsstimmung von damals, die Glaubensoffensive der ersten Christen,
ihre Begeisterung und den missionarischen Schwung. Wir wünschen uns
eine neue, mitreißende Verkündigung des Evangeliums, eine tiefgreifende,
am Glauben orientierte, spirituelle Erneuerung.
Vergessen wir aber nicht:
Damals gingen Tage des Gebetes voraus, Tage der Sammlung und Stille,
des Wartens, des Sich-Öffnens für den verheißenen Heiligen Geist.
Wir
können lernen:
Erstwichtig ist das Gebet. Es hat Vorrang. Dem Gebet, dem Gottesdienst
sollen wir nichts vorziehen.
Gott kann nur
dann durch uns in die Welt hinein wirken, wenn wir uns seinem Geist
öffnen. Und das geschieht vor allem im Gebet.
Fragen wir einmal, jede und jeder sich
selbst:
Auf
Kosten wovon
vermindern wir immer wieder die Zeit für das Gebet, für die Stille, die
Meditation, den Gottesdienst?
Wir
sind
ständig auf Trab, in Action, eingespannt und darum angespannt. Wir
sind total in Anspruch und in Beschlag genommen von vielen
Pflichten, Aufgaben und Terminen. Jede Minute ist verplant. Oft über den
Feierabend hinaus. Auch das Wochenende ist belegt. Da muss man dieses
noch und jenes.
Und
was bleibt auf der Strecke?
Die Besinnung, das Gebet, das Ausruhen bei Gott, das Atemholen der
Seele. Das kommt zu kurz. Da wird am schnellsten abgezwackt oder es
fällt ganz aus.
Verstehen Sie mich nicht falsch:
Aktion gehört unbedingt zur Nachfolge Christi. Keine Frage! Nur
sie muss vorher im Gebet, im Hören auf Gottes Wort ihren Grund gefunden
haben.
Das sagen uns die Apostel im Obergemach
von Jerusalem:
Meditation kommt vor Aktion, Empfangen
kommt vor Geben, Sammlung vor Sendung.
Was
wir glaubend,
hörend, betend empfangen, ist wichtiger als das, was wir selbst,
schaffen, machen, leisten, produzieren.
Wir
sind eingeladen,
uns auszustrecken nach oben, uns zu öffnen für die Gaben Gottes, für
seinen Leben spendenden Geist.
Wir
sind eingeladen,
uns erfüllen und durchdringen zu lassen von Gottes Freude und Frieden,
von seinem Licht und seiner Kraft, von seiner Gnade und seinem Segen.
Amen
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