Barnabas hat Paulus für die
Missionsarbeit gewonnen. Er war der Mentor des Paulus. Er hat gesehen,
was in ihm steckt. Von jetzt an ist in der Apostelgeschichte
hauptsächlich von Paulus die Rede. Es wird von seinen Missionsreisen
berichtet, von seinem Tun, seinem Weg und seinem Schicksal.
Heute hören wir in der
Lesung, wie Barnabas und Paulus auf ihrer ersten Missionsreise am Sabbat
in Antiochien in Pisidien eine Synagoge besuchen und am Gottesdienst
teilnehmen. Als Gäste werden sie, wie es Brauch ist, eingeladen, ein
„Wort des Trostes“ zu sagen, das heißt, die Lesungen aus der
heiligen Schrift geistlich auszulegen.
Es fällt auf: Barnabas lässt Paulus den Vortritt,
wohl deswegen, weil er der wortgewandtere, der bessere Prediger ist.
Ohne Ehrgeiz und Eitelkeit kann Barnabas sich zurücknehmen, damit das
Evangelium möglichst gut zur Geltung kommt.
Barnabas geht es nicht um
sich, sondern darum, möglichst viele Menschen für das Evangelium zu
gewinnen. Er stellt sich ganz in den Dienst der einzig wichtigen Sache,
dass Menschen zum Glauben kommen an Jesus Christus. Er ist wirklich ein
wahrer Diener Christi.
Paulus deutet in seiner
Predigt die Geschichte Israels im Licht des Glaubens.
Angefangen von der Erwählung Israels zur Zeit der
Stammväter über die Zeit in Ägypten und während des Wüstenzuges bis hin
zur Epoche der Richter und Könige hat Gott sein Volk geleitet.
Paulus deutet die Geschichte
Israels als Heilsgeschichte. Mag diese Geschichte von außen gesehen noch
so chaotisch und verworren erscheinen, mag noch so viel Gewalt und
Unrecht von Menschen ausgegangen sein, mag es noch so viele krumme
Touren gegeben haben, Auflehnung und Verweigerung, Gott ist dennoch
gegenwärtig.
Er vermag auch auf krummen Zeilen gerade zu schreiben. Er
vermag auch Unglück und Böses zum Guten zu wenden.
Gott führt und leitet.
Paulus zeigt in seiner
Predigt auf, dass die Heilstaten in der Geschichte Israels und Gottes
rettendes Handeln an Jesus zuinnerst zusammenhängen, dass da kein Bruch
ist, sondern Kontinuität, eine Linie, ein roter faden.
Vor allem zeigt Paulus auf,
dass das Heilswirken Gottes in der Geschichte seinen unüberbietbaren
Höhepunkt in Jesus Christus findet.
Der Gott, der durch Mose
sein Volk aus der Knechtschaft in die Freiheit führte, der Gott, der den
kleinen David zum großen König machte, ist auch der Gott, der Jesus als
Gesalbten, als Retter geschickt hat.
Jesus Christus ist der lang
ersehnte und erwartete Heiland. Er ist der Erlöser, auf den die
Propheten gehofft haben und auf den zuletzt auch der Täufer hingewiesen
hat. Er ist der verheißene Retter. In ihm findet das Handeln Gottes an
seinem Volk seine Erfüllung.
So wie der Apostel Paulus in
seiner Verkündigung, die Zuhörer einlädt, in die Geschichte Israels
zurückzublicken, um diese Geschichte im Licht des Glaubens zu deuten und
Gottes Wirken als Heilsgeschichte zu erkennen, so darf auch ich
Gott in meinem Lebens geheimnisvoll am Werk sehen.
Mögen da auch noch so viele
dunklen Etappen sein, mag es da noch so viele krummen Touren geben, mag
da noch so viel eigenes Unvermögen, Versagen und Schuld sein, leidvolle
Zeiten, Krisenzeiten: Gott ist da. Er hält zu mir wie zu seinem Volk. Er
steht zu mir. Er gibt mich nicht auf. Gott
führt und leitet.
Vielleicht ist gerade
dort das Heilswirken Gottes in meiner Lebensgeschichte am
wirksamsten und am tragendsten, wo ich schwere Zeiten
durchzustehen hatte und sein Dasein, sein Mit-mir-Sein am wenigsten
spürte und vermutete.
Sie kennen wahrscheinlich die Geschichte von den
„Spuren im Sand“, die
das gut zum Ausdruck bringt:
„Ich träumte eines Nachts, ich ging im Sand am Meer
entlang mit meinem Herrn. Seine Spuren im Sand waren neben den meinen.
Ich sah zurück und stellte fest, daß in den schwersten Zeiten meines
Lebens nur eine Spur zu sehen war. Das verwirrte mich sehr und ich
wandte mich an meinen Herrn: „Als ich dir damals alles, was ich hatte,
übergab, um dir zu folgen, da sagtest du, du würdest immer bei mir sein.
Warum hast du mich verlassen als ich dich so verzweifelt brauchte?“ –
Der Herr nahm meine Hand: „Geliebtes Kind, nie ließ ich dich allein,
schon gar nicht in Zeiten der Angst und Not. Schau, wo du nur ein Paar
Spuren im Sand erkennst, da habe ich dich getragen.“
Möge auch uns deutlich
werden, wo Gott in unserem Leben am Werk war, wo er uns geführt,
getragen und gehalten hat. Möge die Gewissheit seiner Gegenwart uns
Freude schenken und Zuversicht geben für das Heute und das Morgen.