Eine Mutter, die ihr Kind
zur Welt bringt, braucht einen Helfer, jemanden, der ihr in dieser
schönen, aber auch schweren Stunde beisteht.
Alles menschliche Leben
beginnt mit dem Beistand.
Ein neugeborenes Kind,
das nicht von anderen betreut und versorgt wird, hat keine
Überlebenschance.
Wir können alle Phasen
und Stationen im Leben des Menschen nachgehen: wir stoßen immer wieder
auf Helfer und Helferinnen:
In der Erziehung der
Kinder und Jugendlichen, in der Berufsausbildung, im Rat und in der Tat
des Freundes, des Partners, des Lebensgefährten, im Kampf um das Recht,
in der geistlichen Begleitung, in der ärztlichen Behandlung, in der
Vergebung der Sünden, in der Begleitung der Sterbenden, beim Hinablassen
des Sarges in das Grab.
Ohne Beistand läuft
nichts. Überall und stets aufs Neue sind wir auf Menschen angewiesen,
die uns helfen und beistehen.
Ohne die Nähe und
Zuwendung anderer Menschen können wir nicht leben oder wir verkümmern
und verkrüppeln innerlich, seelisch.
Heute werden wir noch auf
einen „anderen Beistand“ aufmerksam gemacht. Er wird auch Helfer,
Tröster, Rater, Fürsprecher genannt. Es ist der Heilige Geist.
Unmittelbar vor seinem
Tod, in den ergreifenden Abschiedsworten, die Jesus beim letzten
Abendmahl gesprochen hat, als Trauer und Wehmut die Jünger erfasste, da
kündete er diesen „Beistand“ an. Jesus will die Seinen nicht
allein und auf sich gestellt zurücklassen.
Der griechische Ausdruck
für „Beistand“ heißt „Paraklet“, das bedeutet wörtlich:
der Herbeigerufene.
Unter einem Parakleten
verstand man im Altertum einen, den man anrief, wenn man unglücklich,
ratlos, verzweifelt war. Paraklet konnte einer sein, der vor Gericht
einem Angeklagten Rechtsbeistand gewährte. Paraklet war ein
Sachverständiger, der einem Ratlosen mit seinem Wissen und seiner
Erfahrung zu Hilfe kam. Paraklet wurde einer genannt, der resignierte,
deprimierte Kämpfer aus ihrer Lethargie und Niedergeschlagenheit holte
und sie inspirierte, motivierte, Mut und Zuversicht einflößte.
Fridolin Stier übersetzt
„Beistand“ auch mit „Mutbringer“.
Andere Bezeichnungen für
den Heiligen Geist in der Heiligen Schrift selbst sind: einer der für uns
eintritt, einer, der sich unserer Schwachheit annimmt.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Fühlen wir uns nicht oft
hilflos und verlassen? Brauchen wir nicht immer wieder Trost und neuen
Mut? Haben wir nicht immer wieder Hilfe und Beistand nötig? Sehnen wir
uns nicht alle nach einem, der bei uns ist und uns nicht allein lässt,
auf den man sich verlassen kann in jeder Situation, einen, der
aufzurichten, Halt und Kraft zu geben vermag?
In einem Kinderlied heißt
es: „Das wünsch ich sehr, dass immer einer bei
mir wär, der lacht und spricht: Fürchte dich nicht!“
Es ist schön und wir
können gar nicht dankbar genug sein, wenn wir Menschen kennen, die uns
beistehen, uns begleiten, uns Mut machen, stützen und stärken.
Aber wir wissen auch, wie
begrenzt oft menschliche Hilfe ist. Da bleibt immer ein Rest, ein
Ungenügen. Der andere hat oft mit sich selbst genug zu tun, ist krank
oder nicht in der Nähe, hat wenig Zeit und eines Tages entreißt ihn der
Tod.
Die große Sehnsucht in
uns Menschen nach einem, der mit uns geht und uns versteht, die große
Sehnsucht nach Geborgenheit und Gemeinschaft, nach Stütze und Halt wird
nie ganz gestillt, nie ganz erfüllt. – Keinen Menschen kann ich einfach
festhalten. Kein Mensch kann meine endgültige Erfüllung sein, allenfalls
ein Zeichen, ein Erahnen, ein Vorgeschmack auf bleibende, endgültige
Erfüllung. Wir Menschen bleiben Suchende und Hungrige.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Wenn Jesus in seinen
Abschiedsreden davon spricht, dass er die Seinen nicht als Waisen
zurücklässt, verloren, heimatlos, herumirrend und schutzlos, wenn er
ihnen einen Beistand verspricht, der immer bei ihnen bleibt, dann ist
das etwas sehr Tröstliches für die Jünger damals, aber auch für uns
heute.
Christus ist bei uns mit
seinem Geist. Er ist wirklich bei seiner Kirche, bei seiner Gemeinde und
bei jedem seiner Jünger und Jüngerinnen. – Durch den Heiligen Geist ist der
Auferstandene in unserer Mitte: Er sagt uns sein Wort. Er bricht mit uns
das Brot.
Er sagt zu uns: „Seht, ich bin bei euch alle Tage!“
Ja, er sagt sogar: „Ihr
seid in mir und ich bin in euch!“
Unser ganzes Leben bleibt
ein Wandern ohne Ziel, ein Irren in der Wüste, ein Stolpern ohne Halt
und ein Sterben ohne Gott, wenn wir den Beistand nicht entdecken und
wahrnehmen, durch den Jesus und in dem Jesus auch heute bei uns ist und
uns hineinnimmt in seine Gemeinschaft, die alles übersteigt, in die
Liebesbeziehung mit Gott.
„Ich bin bei euch alle
Tage!“ – „Ihr seid in mir und ich bin in euch!“
Wie stärkend, wie
befreiend, wie trostreich ist doch diese Gewissheit der Gegenwart
Gottes, des Innewohnens Gottes in jedem von uns!
„In IHM leben wir,
bewegen wir uns und sind wir.“ (Apg 17, 28)
„Euer Herz sei ohne
Angst!“
Nehmen wir doch, liebe Mitchristen, diese Worte des Herrn glaubend und
vertrauend in unser Leben hinein.
Wer so glaubt und
vertraut, der darf sich geborgen wissen in der Sorge und Liebe des
Herrn, der darf seinen Beistand erfahren. Und kann selbst im „dunklen
Tal“ sprechen:
„Ich fürchte kein
Unheil. Denn du bist bei mir.“ (Ps 23)