Es ist ein wunderbares,
ein ergreifendes und zu Herze gehendes Evangelium. Ich höre es immer
wieder gern.
„Euer Herz sei ohne
Angst! Glaubt an Gott und glaubt an mich!“
Gerade zuvor hatte Jesus
den Jüngern gesagt, dass er nur noch kurze Zeit bei ihnen sein werde. Er
hat bereits seinen Weg durch Leiden und Kreuz zur Auferstehung im Blick.
Und dem künftigen Verräter hat er schon angewiesen: „Was du tun willst,
tue bald!“
Die Jünger sind
erschrocken, durcheinander, verängstigt.
Ein Leben ohne Jesus? Wie
soll das gehen? - Jesus spürt ihre Verwirrung und Angst. Es ist die
Angst vor einer ungewissen Zukunft. Es ist die Angst vor dem Alleinsein.
Sie können sich das gar nicht vorstellen.
Gegen die Angst gibt es
nur ein Mittel: Vertrauen.
Als Jesus einst in der
vierten Nachtwache über den See zu ihnen kam und sie aufschrien vor
Angst, da hat er ihnen zugerufen: „Habt Vertrauen. Ich bin es.“
Und so prägt ihnen Jesus erneut ein: „Euer Herz sei ohne Angst!“
Und: „Glaubt an Gott und glaubt an mich!“
Glauben und Vertrauen
sind imstande, Angst und Sorge zu überwinden. Allerdings: Widerstände
und Widrigkeiten werden damit nicht beiseite geschafft, Not und Gefahren
werden nicht beiseite gewischt, Leid wird nicht aufgehoben. All das
bleibt und wird es immer wieder geben. Auch dem Glaubenden bleibt es
nicht erspart. Aber die Jünger Jesu sollen und dürfen all dem getrost
ins Auge schauen. Sie sollen und dürfen sich auch inmitten der Übermacht
des Bösen von der Hand des Vaters getragen und von Jesus durch alle
Schrecken hindurch geführt wissen.
„Muss ich auch wandern
in finsterer Schlucht. Ich fürchte kein Unheil. Du bist bei mir!“
Gott bewahrt nicht vor
allem Leid, aber in allem Leid.“
Noch einen Grund, nicht
betrübt und verzagt zu sein, gibt Jesus den Seinen in der Stunde des
Abschiedes an: dass er nämlich nicht von ihnen geht, um sie im Stich zu
lassen oder sie ihrem Schicksal zu überlassen. Er geht gar nicht fort.
Sondern er geht ihnen voraus zum Vater. Die Trennung ist keine
endgültige. Wo er ist, da verspricht er auch ihnen einen Platz und
Geborgenheit: „Ich gehe hin euch eine Wohnung zu bereiten. Wenn ich
hingegangen bin und euch eine Wohnung bereitet habe, dann werde ich
wieder kommen und euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich
bin.“
„Zu mir“,
das meint Verbundenheit, Gemeinschaft mit Jesus, Gemeinschaft mit Gott.
Das meint Zusammensein, Freude, Glück. All das, wonach wir uns ihm
tiefsten sehnen.
„Damit auch ihr dort
seid, wo ich bin.“
Da ist Herrlichkeit und Licht, da ist Ruhe und Frieden. Und alles ist
Gnade und Geborgenheit am Herzen Gottes.
Unser Leben hat dieses
Ziel, liebe Schwestern und Brüder! Wir gehen einer großen Verheißung
entgegen: Leben in seinem Licht, Leben in seinem Glück, Leben in seinem
Leben. Leben in seiner Vollendung. Ja, „das Leben wird uns gewandelt
nicht genommen. Und wenn die Herberge unserer irdischen Pilgerschaft
zerfällt, ist uns im Himmel eine ewige Wohnung bereitet.“
Dem Thomas im Evangelium
fällt es schwer, daran zu glauben. Jedenfalls kommt ihm das, was Jesus
mitgeteilt hat, recht schleierhaft vor. Er kann es noch nicht einordnen.
„Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst“, wendet er ein.
Jesus hat wohl vom Haus
des Vaters gesprochen, aber wo muss er es suchen? Wo wohnt Gott? Eine
uralte Frage. Bis heute ist sie nicht verstummt.
Gott ist jenseitig. Er
ist der ganz andere. Er hat alles geschaffen. Er wohnt in unzugänglichem
Licht. Er ist unsagbar größer, als wir Menschen begreifen. Und doch ist
er uns ganz nahe. Seine Gegenwart umhüllt und durchdringt uns wie die
Luft, die wir atmen und ohne die wir nicht leben können. „In ihm
leben wir, bewegen wir uns und sind wir“, sagt Paulus bei seiner
Rede auf dem Areopag in Athen.
Bei allen Mystikern
finden wir die Aussage: Gott wohnt in uns.
Augustinus sagt: „Gott
ist mir näher als ich mir selbst.“ Er ist uns innerer als unser
Innerstes.
Bei Tauler findet sich
das Wort: „Wer sehen könnte, wie im Seelengrund Gott wohnt, den würde
dieses Gesicht selig machen.“ Glauben, dass Gott in mir wohnt, sich
immer wieder bewusst einüben in die Gegenwart Gottes. Das ist
Kontemplation: Wahrnehmen der lebendigen Gegenwart Gottes in uns und
Wandeln in der ständigen Gegenwart Gottes. Mir geht immer mehr auf, wie
wichtig das ist, wie kostbar und beseligend.
Thomas möchte eine
direkte und unverhüllte Antwort über das Ziel und den Weg Jesu. Jesus
gibt sie ihm. „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“
Eine Antwort, die an
Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt.
Im Pluralismus der
Weltanschauungen und in unserer permissiven Gesellschaft hören viele
diese Antwort nicht mehr gern. „Niemand kommt
zum Vater außer durch mich.“
Inmitten einer Welt, wo
unzählige Heilsangebote propagiert werden und viele ihre Wege zum Glück
anpreisen ist und bleibt diese letzte Aussage eine Provokation. „Niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ In Jesus Christus ist
den Menschen, ist uns, die Richtung gewiesen.