Am
Palmsonntag ist eigentlich keine Predigt vorgesehen.
Darum an
dieser Stelle eine Meditation, die Gedanken aus einer Ansprache von
Papst Franziskus aufnimmt.
Am
Palmsonntag vor einem Jahr hat der Papst bei der hl. Messe auf dem
Petersplatz, nachdem die Passion vorgetragen worden war, ein paar Fragen
gestellt, die ich gern weitergeben möchte, weil sie mich selbst
angerührt und betroffen gemacht haben, und weil es sich meines Erachtens
lohnt, über diese Fragen nachzudenken und nachzusinnen.
Auf dem
Petersplatz wurde es am Palmsonntag letzten Jahres ganz still, als der
Papst sein Manuskript beiseitelegte und ohne Konzept, ganz frei und sehr
ruhig zu sprechen begann.
„Wer
bin ich vor meinem Herrn?
Wer
bin ich vor Jesus, der festlich in Jerusalem einzieht?
Bin
ich fähig, meine Freude auszudrücken, ihn zu loben?
Oder
gehe ich auf Distanz?
Wir
haben (in der Passion) viele Namen gehört:
Führende Persönlichkeiten (kamen vor), Priester, Pharisäer,
Gesetzeslehrer, die entschlossen waren, ihn zu töten und die nur auf
eine Gelegenheit warteten, ihn festzunehmen.
Bin
ich wie einer von ihnen?
Auch
noch einen anderen Namen haben wir gehört: Judas.
Dreißig Silberlinge. Bin ich Judas?
Weitere Namen haben wir gehört: die Jünger, die nichts verstanden, die
einschliefen, während der Herr litt.
Ist
mein Leben eingeschlafen?
Oder
bin ich wie die Jünger, die nicht begriffen, was es bedeutet, Jesus zu
verraten?
Bin
ich wie jener andere Jünger, der alles durch das Schwert lösen wollte?
Bin ich wie sie?
Bin
ich wie Judas, der Liebe heuchelt und den Meister küsst, um ihn
auszuliefern, ihn zu verraten? Bin ich – ein Verräter?
Bin
ich wie jene Vorsteher, die in Eile zu Gericht sitzen und falsche Zeugen
suchen? Bin ich wie sie? Und wenn ich so etwas tue – falls ich es tue –
glaube ich, dass ich damit das Volk rette?
Bin
ich wie Pilatus?
Wenn
ich sehe, dass die Situation schwierig ist, wasche ich mir dann die
Hände? Weiß ich dann meine Verantwortung nicht zu übernehmen? Und lasse
Menschen verurteilen oder verurteile sie selber?
Bin
ich wie jene Menschenmenge, die nicht genau wusste, ob sie sich in einer
religiösen Versammlung, in einem Gericht oder in einem Zirkus befand und
den Barabbas wählte?
Bin
ich wie die Soldaten, die den Herrn schlagen, ihn bespucken, ihn
beleidigen und sich mit der Demütigung des Herrn amüsieren?
Bin
ich wie Simon von Zyrene, der müde von der Arbeit kam, aber den guten
Willen hatte, dem Herrn zu helfen, das Kreuz zu tragen?
Bin
ich wie diejenigen, die am Kreuz vorbeikamen und sich über Jesus lustig
machten: „Er war doch so mutig! Er steige vom Kreuz herab! Dann werden
wir ihm glauben.“
Bin
ich wie jene mutigen Frauen und wie die Mutter Jesu, die dabei waren und
schweigend litten?
Bin
ich wie Josef, der heimliche Jünger, der den Leib Jesu liebevoll trägt,
um ihn zu begraben?
Bin
ich wie die beiden Marien, die am Eingang des Grabes verharren, weinend
und betend?
Bin
ich wie diese Anführer, die am folgenden Tag zu Pilatus gehen, um zu
sagen: „Schau, der hat gesagt, er werde auferstehen. Dass nur nicht noch
ein Betrug geschieht!“ Und die das Leben blockieren, das Grab zusperren,
um die Lehre zu verteidigen, damit das Leben nicht herauskommt?
Wo ist
mein Herz? Welchem dieser Menschen gleiche ich“
Das sind
Fragen von Papst Franziskus, Fragen zur Besinnung am Palmsonntag und,
wie ich meine, darüber hinaus.
Ob sie
uns nicht die ganze Woche begleiten können?
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