EVANGELIUM
Der Menschensohn muss zwar
seinen Weg gehen, wie die Schrift über ihn sagt. Doch wehe dem Menschen,
durch den der Menschensohn verraten wird
+ Aus
dem heiligen Evangelium nach Matthäus
In jener Zeit
14ging
einer der Zwölf namens Judas Iskariot zu den Hohenpriestern
15und
sagte: Was wollt ihr mir geben, wenn ich euch Jesus ausliefere? Und sie
zahlten ihm dreißig Silberstücke.
16Von
da an suchte er nach einer Gelegenheit, ihn auszuliefern.
17Am
ersten Tag des Festes der Ungesäuerten Brote gingen die Jünger zu Jesus
und fragten: Wo sollen wir das Paschamahl für dich vorbereiten?
18Er
antwortete: Geht in die Stadt zu dem und dem und sagt zu ihm: Der
Meister lässt dir sagen: Meine Zeit ist da; bei dir will ich mit meinen
Jüngern das Paschamahl feiern.
19Die
Jünger taten, was Jesus ihnen aufgetragen hatte, und bereiteten das
Paschamahl vor.
20Als
es Abend wurde, begab er sich mit den zwölf Jüngern zu Tisch.
21Und
während sie aßen, sprach er: Amen, ich sage euch: Einer von euch wird
mich verraten und ausliefern.
22Da
waren sie sehr betroffen, und einer nach dem andern fragte ihn: Bin ich
es etwa, Herr?
23Er
antwortete: Der, der die Hand mit mir in die Schüssel getaucht hat, wird
mich verraten.
24Der
Menschensohn muss zwar seinen Weg gehen, wie die Schrift über ihn sagt.
Doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird. Für ihn
wäre es besser, wenn er nie geboren wäre.
25Da
fragte Judas, der ihn verriet: Bin ich es etwa, Rabbi? Jesus sagte zu
ihm: Du sagst es.
„Weh dem
Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird. Für ihn wäre es
besser, wenn er nie geboren wäre“.
Ein hartes Wort, das der
Evangelist Matthäus Jesus da in den Mund legt.
Judas, Apostel, einer der
Zwölf, einer, der zum engsten Kreis der Jünger um Jesus gehörte, hat
Jesus verraten. – Für die junge Christengemeinde ein unfassbarer
Vorgang. Es blieb nicht aus: Judas wurde dämonisiert. Er galt als
verdammt, in die tiefste Hölle verbannt.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Es gibt wohl kaum eine
biblische Gestalt, die so verachtet ist wie Judas. Weithin gilt er als
der Bösewicht schlechthin. Abscheu erfüllt auch uns, wenn wir jemanden
einen „Judas“ nennen.
Die Frage ist allerdings,
ob Judas die Beseitigung Jesu überhaupt intendiert und gewollt hat? Oder
hatte er vielleicht ganz andere Motive? War es Geldgier? Oder war er
einfach von Jesus enttäuscht? Wollte er ihn dazu bringen, endlich zu
zeigen, wer er ist und was er als Messias drauf hat? Endlich
entschlossen die Macht ergreifen? Endlich die verhasste römische
Besatzungsmacht vertreiben. Endlich das ersehnte Reich Davids wieder
aufrichten? Endlich zeigen, wer der Herr der Welt ist?
Jetzt wäre die Gelegenheit
doch günstig – nach dem triumphalen Einzug in Jerusalem, wo so viele ihm
als Sohn Davids gehuldigt und zugejubelt haben. Jetzt oder nie! Wenn er
Jesus ausliefern würde, dann müsste dieser handeln, endgültig – so mag
er gedacht haben.
Judas war ein Zelot, ein
„Eiferer“, der Typ des Ungeduldigen, dem Gottes und Jesu Handeln viel zu
langsam ist, viel zu nachsichtig viel zu liebevoll. Dass Jesus den Weg
der Gewaltlosigkeit und des Friedens geht, das will nicht in seinen
Kopf. Nun greift er ein. Er nimmt er die Sache selbst in die Hand. Will
er dafür sorgen, dass sich endlich etwas tut, dass endlich etwas
geschieht. Ist er die treibende Kraft, bereit aufs Ganze zu gehen und
Jesu Verhaftung und Gefangennahme herbeizuführen?
War es so? Suchte Judas
die Konfrontation? Wollte er die Entscheidung provozieren und den Gang
der Dinge forcieren? Wollte er letztlich mit dem Mittel der Auslieferung
einen guten Zweck dienen? – Oder war Judas einfach nur Werkzeug Gottes?
Hat er in seinem Heilsplan und seinem Heilswerk die Rolle gespielt, die
ihm zugedacht war? Wir wissen es nicht. Es wird viel darüber spekuliert
und diskutiert. Letztlich bleibt es wohl ein Geheimnis.
Etwas können wir aus dem
gesamt der biblischen Berichte sagen:
Jesus ging den Weg zum
Kreuz, den Weg des Leidens, nicht weil Judas ihn verraten hat, sondern
weil es so vom Vater für ihn bestimmt war. Jesus ging bewusst in diese
„Stunde“. Mehrmals hat er sein Leiden und Sterben vorausgesagt. Es war
seine freie Tat.
Leicht war es für ihn
nicht. Am Ölberg schwitzt er Blut und leidet Todesangst. Er bittet
flehentlich: „Vater, nimm diesen Kelch von mir!“ Fügt dann aber
hinzu: „Nicht wie ich will, sondern wie du willst.“ Immer war es
oberstes Gebot Jesu, den Willen seines Vaters zu tun. Schon als
Zwölfjähriger erwiderte er seinen Eltern, die ihn in Jerusalem verloren
und drei Tage lang gesucht hatten: „Wusstet ihr nicht, dass ich in
dem sein muss, was meines Vaters ist?“ Und im ältesten Text des
Neuen Testaments, dem Philipper-Hymnus, heißt es: „Er erniedrigte
sich und ward gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.“
Liebe Schwestern und
Brüder!
Mit dem Finger auf Judas
zeigen und in ihm alle Bosheit und Schlechtigkeit versammelt sehen,
jedes Laster und alles Schlimme, Niederträchtige und Schändliche ihm
zuschreiben, dazu haben wir kein Recht. Keiner hat Grund, sich über
Judas zu erheben.
Vielleicht ist auch hier
ein Wort Jesu hilfreich und wegweisend, das er an anderer Stelle und in
anderem Zusammenhang gesagt hat: „Wer von euch ohne Sünde ist, der
werfe als erster einen Stein.“ – Sollten wir nicht lieber auf uns
selbst schauen, statt einen Sündenbock zu suchen? Sind wir nicht selbst
immer wieder Versuchungen ausgesetzt? Finden wir das Böse nicht auch in
unserem eigenen Herzen? Und schlägt es sich nicht oft auch nieder in
unserem Verhalten, in unseren Worten und Taten?
Verachten wir, wenn wir
Judas verachten, nicht einen Teil in uns? Wo bin ich mir selbst
gegenüber unehrlich und untreu gewesen, wo einem Menschen, wo Gott
gegenüber? Wo habe ich schon einen Menschen verraten – vielleicht den
eigenen Partner, die Partnerin, den besten Freund, die Freundin, wo
meinen Gott?
Ich denke, es ist gut, den
Judas in mir selbst zu entdecken, sich ihm zu stellen, an die eigene
Brust zu klopfen, damit ich mir nicht selbst etwas vormache, mir in die
eigene Tasche lüge und gleichsam mich selbst hintergehe und verrate.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Das Nachdenken über Judas,
den Apostel und Jesus-Jünger, der seinen Freund und Meister den Gegnern
mit einem Kuss ausgeliefert und letztlich in den Tod gegeben hat, dieses
Nachdenken kann uns vor Augen führen, wie sehr wir alle auf Vergebung
angewiesen sind.
Noch etwas: Die furchtbare
Tat des Judas geschah im Schatten des Kreuzes. Dürfen wir es wagen, den
Wert des kostbaren Blutes Jesu zu begrenzen und die fortwährende Kraft
seines Opfers einzuschränken, seiner Hingabe des Lebens – aus Liebe, für
uns? Hat Jesus nicht auch die Schuld des Judas auf sich genommen? Ist er
nicht auch für am Kreuz gestorben?
In einer Kirche in Burgund
ist Judas auf einem Säulenkapitell zwei Mal dargestellt. Auf der einen
Seite Judas wie er sich erhängt und seinem Leben verzweifelt ein Ende
gemacht hat und auf der anderen Seite ist Jesus zu sehen, wie er den
toten Judas auf seinen Schultern trägt – wie das verlorene Schaf. Jesus,
der gute Hirt, er lässt Judas nicht hängen, Er nimmt ihn vom Strick,
nimmt ihn auf seine Schultern. Er bringt ihn nach Hause, er holt ihn
heim.
Ein geniales Bild, finde
ich, mit einer unerhörten Botschaft in Stein gemeißelt. Der unbekannte
Künstler war anscheinend überzeugt: Gott hat den, der sich zu Tode
geschämt hat, nicht fallen gelassen. Gott schreibt den größten Sünder
nicht ab.
Das ist Trost und Hoffnung
auch für uns: Es gibt keine Sünde, die Gott nicht vergeben könnte. Seine
Liebe ist größer als alle Schuld. – Und gerade die Beichte, das
Sakrament der Versöhnung, ist der Ort, wo wir – wie nirgendwo sonst –
der Barmherzigkeit Gottes begegnen können.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Ich möchte Sie ermutigen,
die Kartage für eine gute Beichte zu nutzen! Lassen Sie sich die
Vergebung Gottes wieder zusprechen und einen neuen Anfang schenken!
Erfahren Sie Erleichterung, Hoffnung und Freude durch die Befreiung von
allen Sünden und aller Schuld.
Gelegenheit dazu gibt es
hier in der Wallfahrtskirche noch reichlich oder auch im Sprechzimmer an
der Klosterpforte, wo ein Beichtgespräch mit einem Priester angefragt
oder telefonisch vereinbart werden kann.
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