Für die meisten von Ihnen war dieser
Gründonnerstag ein gewöhnlicher Arbeitstag. Jetzt sind Sie hier bei der Feier
des Abendmahls. - Es ist keine Sonntagspflicht, die Sie getrieben hat, sich hier
einzufinden. Sie sind von sich aus gekommen.
Gemeinsam treten wir nun in dieser Feier in das
Ostergeschehen ein. Wir beginnen das „sacrum triduum“, die heilige
Dreitagefeier vom Leiden, vom Sterben und von der Auferstehung des Herrn.
Was feiern wir heute? Was feiern wir überhaupt in diesen Tagen? Wir feiern die
Liebe, die Liebe Gottes, die Liebe unseres Herrn: „Da
er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung.“
Ein 3-faches Geheimnis dieser Liebe wird uns
heute geoffenbart:
Diese Liebe wird sichtbar im Kreuz,
d.h. in der Hingabe seines Lebens, im Leiden und Sterben Jesu.
Im
Eingangsvers zur heutigen Messfeier heißt es: „Wir
rühmen uns im Kreuz Jesu Christi. In ihm ist uns Heil geworden und Auferstehung
und Leben. Durch ihn sind wir erlöst und befreit.“
Im Zeichen des Kreuzes wird uns die Liebe Gottes
deutlich.
„So sehr hat Gott die
Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für uns dahingab...“
Jesu ausgestreckte Arme am Kreuz sind Zeichen
seiner Liebe. Sein durchbohrtes Herz ist Zeichen seiner Liebe.
Oft fällt es uns leichter an Gottes Gerechtigkeit
und sein Gericht zu glauben als an seine Liebe, seine große, überströmende
Liebe, wirklich glauben und sie auch annehmen und aus dieser Liebe leben. Oft
zweifeln wir daran, ohne Vorleistung und Bedingungen, ja selbst im Versagen
geliebt und angenommen zu sein. Wie unglaublich scheint uns das.
Unbegreiflich groß und geheimnisvoll ist die
Liebe Gottes, sichtbar im Kreuz unseres Herrn.
Diese Liebe erwartet von uns die Antwort eines liebenden Herzens:
„Liebt
einander“, sagt Jesus, „wie ich euch geliebt habe.“
Wir feiern die Liebe des Herrn sichtbar im
Abendmahl.
Wir feiern die Stiftung
des neuen Bundes. Wir feiern die Einsetzung des heiligsten Altarsakramentes.
Jesus schenkt sich den Seinen, er schenkt sich uns in der Feier der Eucharistie.
Er
spricht das wunderbare Vermächtnis: „Nehmt hin, das ist mein Leib für
euch“..., „nehmt, das ist mein Blut, vergossen für euch.“ Wir feiern das
„wahre Lamm, das die Sünde der Welt hinwegnimmt“.
Was wir heute und in den kommenden Tagen feiern,
ist „für uns“, „pro nobis“ geschehen. In der Eucharistie begegnen wir dem
Gott, der für uns da ist, der sich uns schenkt, der uns sucht, der uns heimholt,
der für uns leidet und stirbt.
Was da geschah: im Abendmahlssaal, in der
Ölbergnacht, auf Golgotha, im Sterben Jesu am Kreuz, das geht uns an, denn es
ist „für uns“ geschehen.
Deshalb fordert dieses Geschehen von uns Antwort,
und wenn es die Antwort des Kindergebetes wäre: „Ich danke dir, Herr Jesus
Christ, dass du für mich gestorben bist.“
Gerade an diesem Abend, da uns der Herr seinen
Leib und sein Blut als Vermächtnis übergibt, da er für uns in die Nacht der
Todesangst geht, wollen wir diese Antwort geben, eine Antwort der Herzlichkeit,
der Dankbarkeit und der Bereitschaft, seine Liebe weiterzugeben und vor den
Menschen zu bezeugen.
Die Liebe des Herrn wird sichtbar in der
Fußwaschung.
Sie ist keine Handlung der Höflichkeit oder eine
gesellschaftliche Sitte. Sie ist niedrigster Sklavendienst - ja mehr noch: der
Schöpfer kniet vor seinem Geschöpf - selbst vor seinem Verräter, wäscht ihm die
Füße, und gibt darin ein entscheidendes Zeichen, das Zeichen des Dienens und
demütiger Liebe.
Bevor Jesus von den Seinen geht, zeigt er im Sklavendienst der Fußwaschung den
tiefsten Sinn seines Lebens, die dienende Liebe: „Seht
ich bin in eurer Mitte wie einer der dient.“
Was Jesus an diesem Abend
tat, war kein einmaliger Akt, sondern Ausdruck seines ganzen Lebens, eine
Spiegelung seines ganzen Menschenlebens. Im Sklavendienst der Fußwaschung fasst
er nochmals sein ganzes Leben wie in einem Brennpunkt zusammen. Hier zeigt er
noch einmal, was in seinem ganzen Leben für ihn typisch war: dienende Liebe und
liebende Hingabe.
Zu diesem Dienst ist er in die Welt gekommen.
Diesen Dienst will er uns Menschen erweisen. Es ist ein Liebesdienst. An ihm
können wir die Liebe Gottes zu uns Menschen ablesen.
Deswegen fragt Jesus seine Jünger zum Schluss:
„Begreift ihr, was ich euch getan habe?“ Versteht ihr, was Sinn und Inhalt
meines Lebens war? - Diese Frage stellt Jesus auch uns, die wir in seinem
Gedächtnis Abendmahl feiern.
„Tut einander, wie ich euch getan habe!“
Das ist und bleibt sein Auftrag bis heute. Das soll immer wieder unser Bemühen
sein: die Liebe Jesu zu begreifen, tief und immer tiefer zu verstehen, was er an
uns und für uns getan hat und auch in dieser Stunde wieder tut, wenn er sich uns
schenkt in seinem Leib, dem Brot des Lebens. Das soll immer wieder unser Bemühen
sein auch über den Gottesdienst hinaus, im Alltag, hineinzuwachsen in seine
Gesinnung, hineinzuwachsen in seine Liebe, um dann - als von Gott Geliebte -
seine Liebe zu erwidern, selber Liebe zu üben und seine Liebe weiterzuschenken.
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