Exerzitien mit P. Pius

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Wasser in der Wüste

3. Fastensonntag - Lesejahr A; Ex 17, 3 - 7

 

 

Erste Lesung

Gib uns Wasser zu trinken! (Ex 17, 2)

Lesung

aus dem Buch Éxodus

In jenen Tagen

3dürstete das Volk nach Wasser und murrte gegen Mose. Sie sagten: Wozu hast du uns überhaupt aus Ägypten heraufgeführt, um mich und meine Söhne und mein Vieh vor Durst sterben zu lassen?

4Mose schrie zum Herrn: Was soll ich mit diesem Volk anfangen? Es fehlt nur wenig und sie steinigen mich.

5Der Herr antwortete Mose: Geh am Volk vorbei und nimm einige von den Ältesten Israels mit; nimm auch den Stab in die Hand, mit dem du auf den Nil geschlagen hast, und geh!

6Siehe, dort drüben auf dem Felsen am Horeb werde ich vor dir stehen. Dann schlag an den Felsen! Es wird Wasser herauskommen und das Volk kann trinken. Das tat Mose vor den Augen der Ältesten Israels.

7Den Ort nannte er Massa und Meríba, Probe und Streit, weil die Israeliten gehadert und den Herrn auf die Probe gestellt hatten, indem sie sagten: Ist der Herr in unserer Mitte oder nicht?

 

 

„Durst ist schlimmer als Heimweh.“ Und Heimweh ist schon schlimm genug. Den Durst zu löschen ist ein urmenschliches Bedürfnis. Dazu braucht es – ob für Pflanzen, Tiere oder Menschen – vor allem eines: Wasser. Ohne Wasser kein Leben. Ohne Wasser geht alles ein, verdorrt oder verschmachtet.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Israeliten haben den Auszug aus Ägypten hinter sich. Gott hat sie wunderbar herausgeführt und befreit. Ihr Weg ging aber nicht geradewegs ins Gelobte Land, sondern zunächst in die Wüste. In der Wüste sind Brunnen und Wasserquellen überlebenswichtig.

 

In der ersten Lesung heute machen die Israeliten allerdings die Erfahrung, dass es kein Wasser gibt. Alle – Frauen, Kinder, Männer, Tiere – befinden sich in sengender Hitze ohne Wasser. Eine lebensbedrohliche, eine Existenz gefährdende Situation! Um nicht zu verdursten, brauchen sie unbedingt und ganz dringend Wasser.

Wie reagiert das Volk? Dieses Volk, das aus unerträglicher Sklaverei gerettet wurde? Dieses Volk auf dem Weg der Verheißung in ein neues Land? Dieses von Gott geliebte Volk?

Was machen sie? Sie wenden sich in ihrer Not nicht an Gott. Sie beten und rufen nicht zu ihm. Sie bitten nicht um Wasser. Sie suchen nicht einmal danach. Sie murren vielmehr und klagen gegen Mose. Sie meutern und rebellieren gegen ihren Anführer – und indirekt gegen Gott.

 

Aber hat Gott ihnen nicht schon mehrmals in so mancher Notlage wunderbar geholfen? Direkt nach der Rettung am Schilfmeer (Ex 15), in einer Situation, wo es nur Bitterwasser gab, ungenießbar, nicht zu trinken. Da murrt das Volk gegen Mose. Doch Gott schafft Abhilfe. Das bittere Wasser wird süß.

Wenig später (Ex 16) fühlen sich die Israeliten so ausgezehrt, dass sie Angst haben, vor Hunger zu sterben. Sie bereuen ihren Aufbruch aus Ägypten. Sie sehnen sich zurück. Die Vergangenheit wird verklärt, die Unterdrückung vergessen. Dort lebte man zwar in Knechtschaft, hatten aber wenigstens genug zu essen. Und Durst mussten man an den Ufern des Nils auch nicht leiden.  – Auch diesmal erbarmt sich Gott. Er schickt Wachteln und Manna, Brot vom Himmel – jedoch nicht ohne die eindringliche Mahnung, sich seiner Führung endlich ohne Vorbehalt anzuvertrauen.

Dessen ungeachtet wiederholt sich jetzt (Ex 17) in Massa („Versuchung“) und Meriba („Streit“) das Murren. Die Auflehnung ist dieses Mal so groß, dass Mose sogar um sein Leben fürchtet. „Es fehlt nur wenig und sie steinigen mich!“

Die Erzählung gipfelt auf in der Frage, die ganz am Schluss der heutigen Lesung steht: „Ist Gott in unserer Mitte oder nicht?“ Von wegen Vertrauen in Gottes Gegenwart, seine Nähe und seine Hilfe! „Ist Gott in unserer Mitte oder nicht?“ Eine Frage, die große Zweifel und tiefe Glaubensnot erkennen lässt.

 

Doch hätte das Volk – auf Grund vorausgehender Erfahrungen von Hilfe und Errettung – nicht wissen können, dass Gott auch in ausweglosen und Existenz bedrohenden Situationen da ist, dass sie sich auf ihn verlassen können, dass er nicht zugrunde gehen lässt, nicht Untergang und Verderben will, sondern Heil und Leben? Hätte das Volk Israel nicht wissen können, dass Gottes Fürsorge nicht nachlassen würde?

Undankbar, so scheint es, sind die Menschen – und sehr vergesslich. Vergessen die Rettung aus Ägypten und aus dem Roten Meer. Vergessen die bereits erlebten Wunder auf dem bisherigen Wüstenzug. Vergessen der brennende Dornbusch und die Zusage: Ich bin da. Und ich werde da sein für euch!

 

Die Israeliten hätten sich in ihrer Not direkt an Gott wenden können. Sie hätten zu ihm beten, ihn beschwören und inständig seine Hilfe anrufen können. Sie hätten sich mündig zeigen und Verantwortung übernehmen können für ihr Schicksal. Stattdessen murren sie, begehren auf, konfrontieren Mose mit ihrem Ärger und machen ihn für die Misere verantwortlich. Aber was kann er dafür?

 

Eines fällt auf: Kein Donnerwetter, kein Strafgericht von Seiten Gottes! Gott hat nicht genug an diesem Volk. Er schreibt es nicht ab. Er lässt es nicht fallen. Gott hat Geduld. Er erbarmt sich. Er beweist seine Treue gegen ihre Untreue. Und er erweist sich von Neuem als Retter. – Er gibt Mose Anweisungen, der Not abzuhelfen. Am Berg Horeb, wo Gott sich Mose im brennenden Dornbusch gezeigt und ihm den Gottesnamen offenbart hat (vgl. Ex 3, 14), da, wo Gott Israel immer wieder nahekommen und seine Gebote übermitteln wird (Horeb und Sinai sind identisch!), da soll Mose mit seinem Stab auf den Felsen schlagen. Und es geschieht, was kein Mensch erwarten konnte: Aus dem harten, trockenen Felsen sprudeln lebensrettende Wasser.

 

Wie gesagt: Obwohl das Gottesvolk auf wunderbare Weise aus Ägypten befreit und am Schilfmeer vor seinen Verfolgern errettet wurde, obwohl es auch während der Wüstenwanderung – von Gott geführt – immer wieder seine Hilfe erfahren und seine wunderbare Macht erleben durfte, trotz all dem ließ jede neue Herausforderung, jede neue Krisensituation und jede neue Enttäuschung die vielfach erlebte Zuwendung und Hilfe Gottes vergessen und schürte Zweifel, Misstrauen und Verzagtheit.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Diese Erzählungen sind Mahnung und Zuspruch auch an uns, wenn wir unser eigenes Leben als Wüste empfinden und Angst haben, darin verloren zu gehen. – Gerade dann fordert uns der Psalmbeter (siehe Antwortpsalm!) auf: „Verhärtet euer Herz nicht wie in Meriba, wie in der Wüste am Tag von Massa!“ Denn: „Dort haben euere Väter mich versucht, sie haben mich auf die Probe gestellt und hatten doch mein Tun gesehen“ (Ps 95, 7.8 - 9). Verhärtet nicht euer Herz! Verschließt es nicht! Vielmehr: Hört auf die Stimme des Herrn! Glaubt an ihn! Vertraut ihm! Er will nicht Untergang und Verderben, sondern Segen und Heil.

 

Die Erfahrung der Güte und Treue Gottes in der Vergangenheit kann und soll die Zuversicht wecken auf sein Da-Sein und Mit-Sein auch in der Gegenwart und auf sein Da-Sein, sein Mitgehen und seine Treue auch in kommenden Zeiten.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Auch uns, die wir getauft sind, auch uns, die wir an Gott glauben und uns zu Christus bekennen, bleiben Wüstenerfahrungen nicht erspart. Auch wir kennen Durststrecken in unserem Leben. Auch wir kennen Situationen, in denen wir uns von Gott verlassen fühlen, wo wir fragen: Wo ist Gott? Warum hilft er nicht? Situationen, in denen wir haltlos umherirren und uns starke Glaubenszweifel plagen. Die heutige Lesung kann uns Mut machen und Hoffnung geben, auch in dunklen Stunden, in Angst und Not, an Gottes Gegenwart und Liebe zu glauben, „der den Fels zum Wasserteich wandelt und Kieselgestein zu quellendem Wasser“ (Ps 113, 8).

 

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