Evangelium
Während er betete,
veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes
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Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
In jener Zeit
28bnahm
Jesus Petrus, Johannes und Jakobus mit sich und stieg auf einen Berg, um
zu beten.
29Und
während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und
sein Gewand wurde leuchtend weiß.
30Und
siehe, es redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elíja;
31sie
erschienen in Herrlichkeit und sprachen von seinem Ende, das er in
Jerusalem erfüllen sollte.
32Petrus
und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und
sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm
standen.
33Und
es geschah: Als diese sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu
Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten
bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elíja. Er wusste aber
nicht, was er sagte.
34Während
er noch redete, kam eine Wolke und überschattete sie. Sie aber
fürchteten sich, als sie in die Wolke hineingerieten.
35Da
erscholl eine Stimme aus der Wolke: Dieser ist mein auserwählter Sohn,
auf ihn sollt ihr hören.
36Während
die Stimme erscholl, fanden sie Jesus allein. Und sie schwiegen und
erzählten in jenen Tagen niemandem von dem, was sie gesehen hatten.
Jahr für Jahr hören wir am zweiten
Fastensonntag das Evangelium von der Verklärung Jesu. In allen drei
synoptischen Evangelien (Markus, Matthäus, Lukas) findet sich diese
Szene. Sie ist ein Stück vorweggefühltes Ostern. Die Herrlichkeit der
Auferstehung wird für einen Augenblick Gegenwart.
Zurzeit befinden wir uns
im Lukas-Jahr. Und Lukas setzt einige eigene Akzente bei seiner
Schilderung der Ereignisse. Akzente, die so auffallend und bemerkenswert
sind, dass es reizt, einen Blick darauf zu werfen, sie zu beleuchten und
zu fragen, was Lukas seiner Gemeinde damals und uns heute sagen will.
Deutlicher als bei Markus
und Matthäus ist die Verklärung auf dem Berg im Lukas-Evangelium
eingerahmt von Ankündigungen des Leidens und Sterbens Jesu. Voraus geht
die erste Leidensankündigung (Lk 9, 22) und Jesu Wort von der
Kreuzesnachfolge. Kurz darauf folgt die zweite Leidensankündigung (Lk 9,
43b - 45).
Jesus ist auf dem Weg nach
Jerusalem und er sagt den Seinen voraus, was ihn dort erwartet. Doch die
Jünger tun sich schwer. Sie verstehen nicht und haben anderes im Kopf.
Zum Beispiel „ersten Plätze“ und wer der Größte von ihnen ist. Da
schenkt Jesus drei auserwählten Aposteln – Petrus und den beiden
Zebedäus-Söhnen Jakobus und Johannes – das Erlebnis seiner Verklärung
auf dem Berg und offenbart ihnen seine göttliche Herrlichkeit.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Auch unser Leben kennt das
Kreuz. Wir erfahren leidvolle Zeiten, Krisen, Scheitern, Angst und
Traurigkeit … Gott erspart uns nicht die Durststrecken, die
Schattenseiten, die leidvollen Zeiten. Doch Jesus in seiner Verklärung
sagt uns und zeigt uns, dass über jedem Kreuzweg und jeder
Leidensgeschichte der Glanz der Hoffnung liegt, die Sonne des
Ostermorgens und hineinleuchtet in die Dunkelheiten unserer Nächte. Leid
und Not und Tod haben nicht das letzte Wort. Im Schauen auf Jesus in
seiner Verklärung können wir erkennen, was letztlich auf uns zukommt,
was Ende unseres Weges ist und Ziel unseres Lebens: die Herrlichkeit der
Auferstehung, Wohnen in SEINEM Licht, Leben in SEINEM Leben.
Eine Besonderheit in der
Darstellung des Lukas ist auch, dass Jesus mit den drei Jüngern auf den
Berg steigt, um zu beten – und während Jesus betet ereignet sich die
Verklärung. Das ist typisch für die Sichtweise des Lukas. Denn Lukas
zeichnet Jesus auch sonst gern als Beter. An vielen Stellen betont
Lukas, dass Jesus betet (vgl. 3, 21; 5, 16; 6, 12; 11, 1; 22, 39 - 46).
– Das Gebet, die innige Verbundenheit mit dem Vater, die Gewissheit, mit
ihm ganz eins zu sein und aus dieser Erfahrung schöpfen zu können, eben
dies ist für Lukas die Grundlage der Gottessohnschaft Jesu.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Im Schauen auf Jesus als
Beter können wir lernen, dem Gebet den ihm gebührenden Platz in unserem
Leben zu geben. Ohne das Gebet besteht die Gefahr, dass all unser Tun
und Mühen – sei es seelsorglich oder caritativ, im Apostolat oder in der
Nächstenliebe – bloßer Aktionismus wird. Es gilt immer wieder neu, dem
persönlichen und gemeinschaftlichen Gebet, das unser geistliches Leben
atmen lässt, die rechte Zeit zu geben.
Ein besonderes Interesse
zeigt Lukas an der Unterredung Jesu mit Mose und Elija. Die beiden
stehen für den Alten Bund, wobei Mose das jüdische Gesetz repräsentiert
und Elija die Propheten. – Anders als Markus und Matthäus erwähnt Lukas
ausdrücklich, dass Mose und Elija mit Jesus über sein „Ende“
reden, „das sich in Jerusalem erfüllen sollte“. Im Griechischen
steht für „Ende“ das Wort „exodos“. Das lässt an das Leiden und
Sterben Jesu denken, an seinen Tod am Kreuz, aber auch an seine
Vollendung in der Auferstehung.
Jetzt schon – auf dem Weg
zum Kreuz – gibt es auf Tabor ein Aufleuchten der
Auferstehungsherrlichkeit, die sich allerdings nicht festhalten (Hütten
bauen) lässt.
Im Unterschied zu Markus
und Matthäus sagt Lukas auch, dass die drei Jünger, die Jesus als Zeugen
mit auf den Berg genommen hat, zunächst eingeschlafen waren und erst
durch das Verklärungsereignis wieder wach werden. Ganz offensichtlich
sieht Lukas hier eine Entsprechung zum Gebet Jesu im Garten von
Getsemani. Auch dort sind es diese drei Jünger, die einschlafen während
Jesus in seiner Todesangst zum Vater betet (vgl. Lk 22, 39 - 46).
Liebe Schwestern und
Brüder!
Wer von uns kennt auf
seinem Glaubens- und Lebensweg nicht Phasen der Trägheit, der Müdigkeit
und Gleichgültigkeit? Doch auch wir sind aufgerufen, nicht nur jetzt, in
der österlichen Bußzeit, sondern unser ganzes Leben lang unseren
Nachfolgeweg, so gut wir können, wachend und betend zu gehen.
Liebe Mitchristen!
Diese besonderen Akzente,
die Lukas in seiner Schilderung der Verklärung Jesu setzt, können uns
deutlich machen, dass auch wir auf unserem Weg an der Kreuzesnachfolge
nicht vorbeikommen. Aber es gibt immer wieder auch Zeichen österlicher
Hoffnung, es gibt die Erfahrung der unmittelbaren Nähe Gottes, die uns
heute – wie die Jünger damals – durchhalten lässt und uns hilft, mit
Vertrauen und Hoffnung unseren Weg zu gehen.
Eben darum hat die
Erzählung von der Verklärung mit gutem Grund ihren festen Platz in der
Leseordnung für die Fastenzeit, Jahr für Jahr neu. |