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		Vor einiger Zeit bin ich 
		auf ein ganz einfaches und eingängiges Wort bei dem großen evangelischen 
		Theologen Karl Barth (1886 - 1868) gestoßen. Es lautet: „Hände aus 
		der Tasche nehmen! Hände hin und wieder in den Schoß legen! Hände von 
		Zeit zu Zeit falten!“ – Als ich das las und nachsinnend ein wenig 
		dabei verweilte, da kam mir der Gedanke, das könnte ein gutes und 
		hilfreiches Motto für die Fastenzeit sein. Drei einfache und zugleich 
		griffige, im wahrsten Sinne des Wortes „hand-liche“ Leitlinien für ein 
		christliches Leben im Alltag.  
		
		  
		
		Erstens: „Hände aus der 
		Tasche nehmen!“  
		
		Ein Kennzeichen von echtem 
		Christsein ist es, wenn Wort und Tat übereinstimmen. Es sollte in der 
		Kirche, in den Gemeinden und in unserem Leben so sein, dass nicht nur 
		geredet wird, sondern auch gehandelt. Nur schöne Worte machen und hehre 
		Reden schwingen, aber selbst nicht handeln, das untergräbt alle 
		Glaubwürdigkeit.  
		
		Das gilt auch für die 
		Botschaft Jesu. Sie will nicht nur gehört und verkündet werden, sondern 
		auch verwirklicht und in die Tat umgesetzt. – Roger Schutz, der frühere 
		Prior von Taize, sagt: „Lebe das, was du vom Evangelium begriffen 
		hast und sei es noch so wenig!“ – Aber das leb, das mach konkret, 
		das versuche umzusetzen und hinein zu buchstabieren in dein Leben.
		 
		
		Also: die Hände aus der 
		Tasche nehmen, anpacken, sich einsetzen, mitgestalten, tatkräftig 
		helfen, wo Hilfe nötig ist. Im wahrsten Sinn des Wortes „Hand-Werker“ 
		für die Sache Jesu sein.  
		
		  
		
		Zweitens: „Hände hin 
		und wieder in den Schoß legen!“ 
		
		Diese Aussage von Karl 
		Barth hat nicht weniger Gewicht wie die erste. Ja, wir dürfen und sollen 
		die Hände immer wieder einmal in den Schoß legen, nichts tun, ausruhen! 
		Nichts machen, nichts leisten, nichts müssen! Kein Druck, keine Hektik! 
		Verschnaufen, Atem holen, sich Ruhe und Erholung gönnen!  
		
		  
		
		„Kommt und ruht ein 
		wenig aus“, sagt Jesus zu seinen Freunden als sie müde und erschöpft 
		von ihrem ersten Missionseinsatz zurückkommen, aber angesichts der 
		vielen Menschen, die kamen und gingen, viel Lärm und Betrieb vorfanden. 
		
		  
		
		Ein Kennzeichen unseres 
		Lebens als Christen und für unsere christlichen Gemeinden müsste es 
		sein, das wir – ohne schlechtes Gewissen – auch einmal die Hände in den 
		Schoß legen können, „herunterkommen“, innehalten, die ruhelose 
		Betriebsamkeit unterbrechen und uns Muße gönnen. 
		
		  
		
		„Engagierte 
		Gelassenheit“ nenne ich gern die Spannung, die zu einem Leben nach 
		dem Evangelium, d. h. zu einem Leben im Sinne Jesu gehört: Dienst und 
		Einsatz einerseits, helfen und zupacken, wo immer es möglich und nötig 
		ist, andererseits aber auch wissen, dass wir nicht die „Macher“ unseres 
		Lebens sind, dass Gott uns kennt und um uns weiß, dass wir in seinen 
		guten Händen sind – auch dann, wenn die Gesundheit nachlässt und die 
		Kräfte schwinden. Wissen, dass wir nicht nur zum Arbeiten bestimmt sind, 
		sondern auch genießen und uns selbst Gutes tun dürfen. Wissen, dass wir 
		loslassen dürfen und darauf vertrauen, dass Gott uns trägt und hält.
		 
		
		  
		
		Drittens: „Hände von 
		Zeit zu Zeit falten!“  
		
		Mit dieser Maxime von Karl 
		Barth stoßen wir in die Mitte unseres Glaubens vor. Weniger die Hände 
		ballen, sie viel mehr falten. Die Hände falten, das heißt: beten und 
		bitten, Gott loben und preisen, vor ihm klagen und ihm danken. Intensive 
		Gebetszeiten und lebendige Gottesdienste sollen ein Kennzeichen von uns 
		Christen und kirchlicher Gruppen sein.  
		
		  
		
		Liebe Schwestern und 
		Brüder! 
		
		Karl Barth war nicht nur 
		ein großer Theologe, er besaß auch Humor. Was er in den drei kurzen und 
		handlichen Sätzen mit einem Augenzwinkern ausspricht: „Hände aus der 
		Tasche nehmen! Hände hin und wieder in den Schoß legen! Hände von Zeit 
		zu Zeit falten!“ – das möchte ich mir und allen, die aus dem Geist 
		Jesu leben wollen, für die Fastenzeit ans Herz legen. Denn in diesen 
		drei Ratschlägen steckt ganz viel von der Botschaft Jesu.  
		
		  
		
		Wenn ich die Hände aus 
		der Tasche nehme, habe ich sie frei, um zu handeln, um anderen zu 
		helfen, um zu teilen und zu schenken. – Am Schluss des Gleichnisses vom 
		barmherzigen Samariter sagt Jesus: „Geh hin und handle genauso!“ 
		
		  
		
		Wenn ich die Hände in 
		den Schoß lege, tue ich mir selbst etwas Gutes, gönne mir eine 
		Atempause, komme zur Ruhe, finde Erholung, bin vielleicht weniger 
		gereizt und nervös, sondern geduldiger und gelassener. – Und wirke dann 
		auch auf Menschen in meiner Umgebung ausgeglichener, was allen, mir und 
		ihnen, zugutekommt. – Jesus sagt: „Kommt und ruht ein wenig aus!“
		 
		  
		
		Wenn ich die Hände 
		falte, unterbreche ich das rastlose Tun, das ständige 
		Geschäftig-Sein, die ruhelose Betriebsamkeit. Ich sammle mich und lenke 
		meine Aufmerksamkeit auf Gott. Ich nehme mir Zeit, in seiner Nähe zu 
		verweilen und alles, was mich bewegt vertrauensvoll – ob mit oder ohne 
		Worte – vor ihn zu bringen, IHM zu übergeben, alles in seine Hände zu 
		legen und in seiner Gegenwart neuen Mut und neue Kraft zu schöpfen. – 
		Jesus sagt: „Kommt alle zu mir, die ihr müde und beladen seid. Ich 
		will euch erquicken.“ 
		
		  
		
		„Hände aus der Tasche 
		nehmen! Hände hin und wieder in den Schoß legen! Hände von Zeit zu Zeit 
		falten!“  
		
		Diese drei kurzen und 
		bündigen Maxime von Karl Barth entsprechen auch dem Dreiklang der 
		christlichen Gemeinden seit der frühen Kirche, nämlich: Diakonia, 
		Martyria und Liturgia. – Das waren seit jeher und sind nach wie vor 
		die drei Markenzeichen der Kirche und jeder christlichen Gemeinschaft. 
		
		Diakonia  = Dienst am 
		Menschen, Nächstenliebe 
		
		Martyria  = Verkündigung 
		bzw. Glaubenszeugnis 
		
		Liturgia   = Feier des 
		Gottesdienstes 
		
		  
		
		Die Hände aus der 
		Tasche nehmen und tatkräftig helfen!  
		
		Die Hände in den Schoß 
		legen und so bezeugen, dass das Eigentliche Geschenk ist. – 
		 
		
		Die Hände falten 
		und sich besinnen, beten, Gottesdienst feiern. Das sind auch heute noch 
		die drei Bausteine für eine lebendige Gemeinde.  
		
		  
		
		Drei handliche Ratschläge 
		für die Fastenzeit und darüber hinaus. Drei Leitlinien, einfach und gut! 
		Einfach gut! 
		
		  
		
		(Einige Gedanken und 
		Formulierungen verdanke ich einer Vorlage von Wolfgang Raible)  |