ERSTE LESUNG
Der Zorn und das Erbarmen des
Herrn werden offenbar durch die Verbannung und die Befreiung des Volkes
Lesung aus dem zweiten
Buch der Chronik
In jenen Tagen
14begingen
alle führenden Männer Judas und die Priester und das Volk viel Untreue. Sie
ahmten die Gräueltaten der Völker nach und entweihten das Haus, das der Herr in
Jerusalem zu seinem Heiligtum gemacht hatte.
15Immer wieder
hatte der Herr, der Gott ihrer Väter, sie durch seine Boten gewarnt; denn er
hatte Mitleid mit seinem Volk und seiner Wohnung.
16Sie aber
verhöhnten die Boten Gottes, verachteten sein Wort und verspotteten seine
Propheten, bis der Zorn des Herrn gegen sein Volk so groß wurde, dass es keine
Heilung mehr gab.
19Die
Chaldäer verbrannten das Haus Gottes, rissen die Mauern Jerusalems nieder,
legten Feuer an alle seine Paläste und zerstörten alle wertvollen Geräte.
20Alle,
die dem Schwert entgangen waren, führte Nebukadnezzar in die Verbannung nach
Babel. Dort mussten sie ihm und seinen Söhnen als Sklaven dienen, bis das Reich
der Perser zur Herrschaft kam.
21Da ging
das Wort in Erfüllung, das der Herr durch den Mund Jeremias verkündet hatte. Das
Land bekam seine Sabbate ersetzt, es lag brach während der ganzen Zeit der
Verwüstung, bis siebzig Jahre voll waren.
22Im
ersten Jahr des Königs Kyrus von Persien sollte sich erfüllen, was der Herr
durch Jeremia gesprochen hatte. Darum erweckte der Herr den Geist des Königs
Kyrus von Persien und Kyrus ließ in seinem ganzen Reich mündlich und schriftlich
den Befehl verkünden:
23So
spricht Kyrus, der König von Persien: Der Herr, der Gott des Himmels,
hat mir alle Reiche der Erde verliehen. Er selbst hat mir aufgetragen,
ihm in Jerusalem in Juda ein Haus zu bauen. Jeder unter euch, der zu
seinem Volk gehört - der Herr, sein Gott, sei mit ihm -, der soll
hinaufziehen.
„Wie
kann Gott das zulassen?“
Nicht
wahr, liebe Mitchristen, so fragen wir, wenn wir mit schlimmen
Ereignissen konfrontiert werden, mit Unglücksfällen oder
Schicksalsschlägen, mit Ereignissen, die uns erschrecken und die uns
ratlos zurücklassen.
„Wie
konnte Gott das zulassen?“
Liebe
Schwestern und Brüder, das war auch die Frage der Israeliten, als die
Babylonier Israel besiegten, das Land ausplünderten, den Tempel
zerstörten, Jerusalem in Trümmer legten und alle, die dem Schwert
entkamen, in die Verbannung führten.
Diese
Verbannung, das Exil in Babylon, „fern auf fremder Erde“, war
eine ganz schlimme, eine sehr harte Zeit.
„An den Flüssen von Babel, da saßen wir uns weinten“,
so beginnt ein Psalm.
Nur mit
Grauen hat Israel an diese Zeit gedacht.
Aber es
hat diese Zeit auch nicht aus dem Gedächtnis verdrängt.
In der
ersten Lesung aus dem zweiten Buch der Chronik blickt der Verfasser auf
diese Zeit zurück.
Und die
Frage, die ihn beschäftigt ist: Wie kam es zu diesem schrecklichen und
schmerzlichen Ereignis der babylonischen Gefangenschaft?
Seine
Antwort: Das Volk Israel und seine Führer haben die Treue zum Bund mit
Gott aufgekündigt. Sie haben die Gräueltaten der Nachbarvölker
nachgeahmt. Sie taten, was vor Gott Unrecht ist und haben damit seinen
Tempel entweiht.
Gott aber
hatte Mitleid mit seinem Volk. Immer wieder sandte er Boten, die mahnten
und warnten. Aber man verhöhnte die Boten Gottes, man verachtete ihr
Wort, man verspottete die Propheten.
Die
Folgen des Unrechts, so das Buch der Chronik, die Konsequenz: Gottes
Strafgericht, die Wegführung nach Babel, 70 Jahre lang Verbannung. 70
Jahre lang Sklavendienst.
Gibt es
Hoffnung, liebe Mitchristen?
Wie kann
das Volk befreit werden und Erlösung finden?
Ja, es
gibt Hoffnung!
Denn das
letzte Wort, das Gott spricht, ist nicht Gericht, sondern Erbarmen.
Gott
sieht, wie das Volk jetzt, in der Zeit der Bedrängnis und Not, auf die
Mahnung der Propheten hört, wie es sich besinnt, wie es sich Gott wieder
zuwendet und sich bekehrt.
Was
geschieht?
Gott
greift ein. Er wendet das Schicksal seines Volkes.
Er ruft
Kyrus, den König der Perser, als Retter Israels.
Kyrus
besiegte die Babylonier und er erließ ein Edikt, das den Israeliten
erlaubte, in ihre Heimat zurückzukehren.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Die ganze
Geschichte Israels bezeugt Gottes Treue zu seinem Volk, auch wenn dieses
untreu wurde.
Gott hat
immer wieder seine Hand ausgestreckt.
Immer
wieder hat er Propheten gesandt und sein Heil angeboten.
Gott will
ja nicht den Tod des Sünders, sondern dass er umkehrt und lebt. Gott
will nicht Untergang und Verderben, sondern Segen und Heil.
„Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt
richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird“,
so sagt es heute das Evangelium.
Der
Mensch aber muss mittun, hören auf Gottes Wort, seiner Weisung folgen,
umkehren von falschen Wegen, ablassen von bösem Tun, das Gute tun,
Barmherzigkeit üben.
Angesichts der Liebe und des Erbarmens Gottes, wenn uns bewusst wird,
wie weit Gott gegangen ist in seiner Liebe, wenn wir sehen, was er sich
diese Liebe hat kosten lassen – und das sehen wir im Schauen auf Jesus
Christus, das sehen wir im Schauen auf sein Leiden und Sterben – sind
wir aufgerufen, selber Liebe zu üben, barmherzig zu sein, zu trösten und
zu heilen, aufzurichten und zu verzeihen.
Umkehr,
liebe Schwestern und Brüder, Hinkehr zu Gott und Hinkehr zum
Nächsten, in dem uns Christus begegnet, das ist die Aufgabe dieser Zeit
vor Ostern, in der wir uns auf das Fest unserer Erlösung vorbereiten.
Die
kostbarste Frucht von Umkehr und Buße aber ist die Liebe.
Liebe
Mitchristen!
Gott will
unser Heil. Aber er drängt es nicht auf. Er will, dass wir uns
freiwillig dafür entscheiden. |