„WIR
SIND NUR GAST AUF ERDEN“
So fängt ein Lied
an, das bei Beerdigungen und Eucharistiefeiern für Verstorbene gern gesungen
wird.
„WIR SIND NUR
GAST AUF ERDEN“
Wenn ich am
Morgen die Zeitung aufschlage und die Todesanzeigen sehe, finde ich diesen
Liedanfang bestätigt.
Auch die übrigen
Seiten in der Zeitung unterstreichen vielfältig diese Gewissheit:
Berichte und
Bilder von Katastrophen, Terroranschlägen und kriegerischen
Auseinandersetzungen.
Trauer und Leid,
Not und Tod überall.
„WIR
SIND NUR GAST AUF ERDEN“
– Das singt sich so leicht.
Aber wie kommen
wir mit dieser Erfahrung, Gast zu sein auf Erden zurecht?
Unsere
Vergänglichkeit und Sterblichkeit. Lassen wir diese Erfahrung wirklich an uns
herankommen?
Nehmen wir die
uns gesetzten Grenzen an oder verdrängen und verharmlosen wir sie?
Nicht wahr, der
Tod ist ein Thema, mit dem wir nicht gerne konfrontiert werden?
Eigentlich wollen
wir den Tod nicht wahrhaben und tun so als müssten immer nur die anderen
sterben.
Aber ist eine
solche Einstellung zum Leben ehrlich? Ist sie nicht allzu oberflächlich?
Wird ein solch
vordergründiger Lebensentwurf nicht doch eines Tages – und vielleicht viel
früher als man denkt – an den harten Tatsachen zerbrechen?
Dem Tod gegenüber
geraten wir an eine absolute Grenze.
Da erfahren wir
unsere ganze Hilflosigkeit.
Wir mögen den Tod
vielleicht um ein paar Jahre hinausschieben können, verhindern können wir ihn
nicht.
Nichts ist
gewisser als der Tod.
Der Tod kommt
tot-sicher für jeden von uns.
Der Tod ist die Realität unseres Lebens. Kein Weg führt daran vorbei.
Jeder Mensch geht
vom ersten Augenblick seines Lebens auf den Tod zu.
Irgendwann wird
man uns das letzte Hemd anziehen, das keine Taschen hat.
Hart und
unbarmherzig streicht der Tod alle Hoffnungen und Pläne durch.
Angesichts des
Todes stellt sich zutiefst die Sinnfrage:
Was ist das
Leben? Worauf läuft es hinaus?
Verpufft unser
Verlangen nach Freude, nach Miteinander ins Leere?
Bleibt unsere
Sehnsucht nach Leben und Glück ohne Antwort?
Sehen Sie: diese
Fragen stellen sich auch für die beiden Schwestern Maria und Marta, die um ihren
Bruder Lazarus trauern:
Ist jetzt alles
aus? Bleibt nur noch ein Nachruf, ein Kranz?
Oder gibt es
Leben über den Tod hinaus?
Jesus sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“
Marta hat diesen
Worten Jesu Glauben geschenkt. Sie hat sich Jesus ganz und gar anvertraut und
ihn ausdrücklich als Messias bekannt.
Jetzt schon gibt
es Auferstehung und Leben für den, der glaubt.
Jesus ist
gekommen, die so vielfältig verstrickten und gefangenen Menschen zu befreien,
ihre Fesseln wie die Totenbinden des Lazarus zu lösen. Er selbst ist das Leben,
ewig und endgültig.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Die Stimmung, die
diese Erzählung, dieses Evangelium, überschattet, ist bereits die des
bevorstehenden Todes Jesu.
Die
Zeichenhandlung, die Jesus an Lazarus vollbringt, ist ein Hinweis auf das, was
auch mit Jesus geschehen wird.
Das ist von
Anfang an der Glaube der Christen: dass Jesus nicht im Tod geblieben ist,
sondern dass der lebendige Gott, der Vater im Himmel, ihn auferweckt und in den
Himmel aufgenommen hat.
Als Christen
teilen wir das Schicksal Jesu. Wir gehen seinen Weg mit, den Weg nach Jerusalem,
den Weg in den Tod.
„Wir
sind nur Gast auf Erden.“
Aber dann gehen
wir mit ihm auch in die Auferstehung und das Leben bei Gott.
Das ist die
zentrale Aussage unseres Glaubens.
Deshalb
gilt die Frage Jesu an Marta auch uns: „Glaubst du das?
Wie Jesus
auferstanden ist und ewig lebt, so werden auch wir Licht und Leben haben in
Fülle.
Der Tod hat nicht
das letzte Wort. Der Tod ist nicht Schlusspunkt, sondern alles verheißender
Doppelpunkt.
So schmerzlich
der Tod auch ist und so weh er tut, er ist – mit christlichen Augen betrachtet –
keine hohe, unüberwindliche Mauer am Ende einer Sackgasse, sondern er ist Tür
und Tor.
Er ist Durchgang
zum Leben, zum Leben im Licht und im Frieden Gottes.
Leben in seinem
Leben, Leben in seiner Vollendung.
Ostern
klingt an:
Er, der in der
Auferweckung des Lazarus Macht über den Tod gezeigt hat, nimmt diesen Tod selber
an und überwindet und besiegt ihn für uns alle.
„Deinen Tod, o
Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in
Herrlichkeit.“
Und Gott, der
Jesus Christus von den Toten erweckt hat, wird auch uns zum ewigen Leben
erwecken.
Im Tod wird uns
das Leben gewandelt, nicht genommen.
Das ist unser
Glaube. Und das ist Trost und Hoffnung.
„WIR
SIND NUR GAST AUF ERDEN.“
Ja! Aber wir
haben ein Ziel: „Wenn die Herberge der irdischen Pilgerschaft zerfällt ist
uns im Himmel eine ewige Wohnung bereitet.“ Unsere Heimat ist im Himmel.
Und von diesem
Ziel gilt:
„Kein Auge hat
es geschaut, kein Ohr hat es gehört, in keines Menschen Herz ist es gedrungen,
das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“
„Glaubst du
das?“
Diese Frage Jesu
an Marta ist an jeden Einzelnen von uns gerichtet.
Das kommende
Hochfest der Auferstehung helfe uns, von neuem und von ganzem Herzen zu
bekennen:
„Ja, Herr, ich
glaube, dass du der Messias bist, der Sohn Gottes.“
|