Exerzitien mit P. Pius

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3. Fastensonntag, Lesejahr C

(Predigt zum Eröffnungsvers und Tagesgebet der hl. Messe)

 

Der Eröffnungsvers lautet:

Meine Augen schauen stets auf den Herrn;

denn er befreit meine Füße aus dem Netz.

Wende dich mir zu und sei mir gnädig,

denn ich bin einsam und gebeugt.“

 

Der Beter beschreibt seine Situation so, wie wir sie wohl oft und oft erleben: Er kommt sich wie gefangen und gefesselt vor. Eine Schlinge hat sich zugezogen. Er hat gestrampelt und gekämpft bis zur Erschöpfung. Dabei hat er sich nur noch immer tiefer im Netz verstrickt.

Wenn er meint, seine Feinde und Plagegeister – verwirrende Gedanken und Gefühle etwa, zermürbende Sorgen und Ängste – endlich überwunden zu haben, so sind sie im nächsten Moment schon wieder da. Sie lassen ihn nicht los. Sie machen ihm zu schaffen, setzen ihm zu. Immer mehr gerät er in Bedrängnis.

Und in solcher Not findet er sich ganz allein: „Ich bin einsam und gebeugt“ sagt der Beter, niedergedrückt, geknickt, gequält von einer Angst, die niemand teilt, geplagt von einer Bangigkeit des Herzens, an der niemand teilnimmt und mitträgt.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Solche Not der Seele, solche Angst des Herzens kennen wir alle in irgendeiner Form. Doch verschieden ist die Weise, wie wir damit umgehen und darauf reagieren. Da gibt es viele Möglichkeiten: Einer versinkt in Traurigkeit und Resignation. Ein anderer rutscht total in ein Loch, fällt in abgrundtiefe Depression. Ein anderer erschöpft sich in Jammern und Klagen. Wieder ein anderer fängt an zu Schimpfen oder zu Fluchen. Noch ein anderer sucht Ersatzmittel, „Tröster“, die ihm helfen sollen zu vergessen: betäubende Medikamente z. B. oder Alkohol, Drogen. Einer dreht sich ausweglos um sich selber und verzweifelt fast dabei. Ein anderer sucht immer wieder neu bei Menschen nach einer Hilfe. Aber es wird immer schlimmer. Es gibt viele Weisen, wie Menschen hier reagieren können.

Ganz anders reagiert der Beter: Er streckt sich mit allen Kräften seines Herzens aus nach Gott und lässt ihn nicht mehr aus dem Blick: „Meine Augen schauen stets auf den Herrn, denn er befreit meine Füße aus dem Netz.“

Menschlich gesehen ist das eigentlich unvernünftig. Müsste man nicht, je gefährlicher der Weg wird, je mehr die Füße behindert sind, umso mehr nach unten schauen und auf jeden Schritt achten? – Welch ein Glaube wohnt im Herzen dieses Beters, der in seinen Nöten nicht untergeht, der sich vielmehr entschlossen abwendet von allem, was ihn ängstigt, beunruhigt und verwirrt, und seine Augen voll Hoffnung und Vertrauen auf den Herrn richtet: „Er befreit meine Füße aus dem Netz!“

 

Ein großes Vertrauen drückt auch seine Bitte aus: „Wende dich mir zu und sei mir gnädig!“ Er bittet nicht um diese oder jene konkrete Form der Hilfe, wie er es sich selbst wünscht oder vorstellt.

Etwas anderes ist ihm wichtig und darum bittet er: um Gottes persönliche Zuwendung, um seinen Beistand, um sein „Gnädigsein“, das heißt um seine Huld, um seine liebevolle Herabneigung, um die Erfahrung von ihm angenommen, bei ihm aufgehoben und geborgen zu sein.

 

Im Tagesgebet setzt die Kirche diesen Eröffnungsvers in ein Gebet um:

„Gott, unser Vater,

du bist der Quell des Erbarmens und der Güte.

Wir stehen als Sünder vor dir und unser Gewissen klagt uns an…“

 

Hier wird deutlich gesagt, wer Gott ist und ebenso unmissverständlich, wer wir sind: Sünder.

Ist nicht tatsächlich das Netz, in dem wir uns immer wieder ganz schlimm gefangen finden, unsere Schuld, unser immer wieder neues Versagen?

Ist nicht die Last, die uns drückt, die Stimme unseres Gewissens, die Stimme aus unserem Inneren, die Stimme, die uns durch alle Versuche des Beschönigens, Entschuldigens und Verdrängens hindurch unerbittlich zu verstehen gibt, wie es tatsächlich mit uns steht?

Das ist die Wirklichkeit – unsere eigene Wirklichkeit!

Aber unsere eigene Wirklichkeit ist nur die halbe Wirklichkeit.

Zur vollen Wirklichkeit gehört, was im Tagesgebet der heiligen Messe an erster Stelle genannt ist: „Gott, unser Vater, du bist die Quelle des Erbarmens und der Güte.“

Was unserem Schuldigsein vorausgeht und nachfolgt und es unendlich überragt, das ist Gottes Vergebungswille, seine Bereitschaft, uns aufzuheben, anzunehmen, neu zu schaffen.

All unsere Not, unsere Ausweglosigkeit und unsere Niederlagen sind immer schon umfangen von seiner Liebe, von seinem Entgegenkommen, von seinem liebevollen Blick.

Darum heißt es im Tagesgebet der hl. Messe weiter:

„Sie auf unsere Not und lass uns Vergebung finden.“

Hier könnte das Gebet enden, tut es aber nicht. Es geht weiter und lautet vollständig: „Lass uns Vergebung finden durch Fasten, Gebet und Werke der Liebe!“

 

Eigenartig, überraschend, wie da unser eigenes Tun hervorgehoben wird. Passt das zu dem, was vorher das Gebet von Gott gesagt hat: dass er die Quelle des Erbarmens und der Güte ist?

Ist unsere Befreiung und Rettung abhängig von unserer Anstrengung, unserem Bemühen, von dem, was wir bringen und leisten? Knüpft Gott seine Liebe an Voraussetzungen? Liebt Gott uns nicht bedingungslos?

 

Liebe Mitchristen!

Gott verlangt nach unserem Bemühen nicht im Sinne einer Leistung. Und er macht unser Tun nicht zur Vorbedingung für seine Hilfe.

Unser Bemühen, unser Tun kann immer nur ein Ausdruck, oft ein hilfloser oder stümperhafter Ausdruck unseres Wollens, unserer Bereitschaft und letztlich unserer Liebe sein.

Und sehen Sie: Danach sehnt Gott sich, danach verlangt ihn.

Und er nimmt unser Bemühen an, auch wenn es noch so armselig und noch so unvollkommen und immer bruchstückhaft ist.

 

Ja, er wartet darauf, weil er sein Heil nicht ohne uns, schon gar nicht gegen uns, sondern nur mit uns wirken und schenken will.

 

In der Familie meines Bruders konnte ich es früher beim Heimat­urlaub immer wieder erleben, wie es meiner kleinen Nichte Spaß machte, wenn sie der Mama im Haushalt helfen durfte, wie sie sich freute, wenn sie beim Kochen oder Backen sich beteiligen und mithelfen durfte. Und mein jüngster Neffe hilft heute noch gern seinem Vater bei anfallenden Arbeiten in Haus und Hof und Feld.

Die Mutter und der Vater könnten es auch allein, aber sie lassen die Kinder mittun, auch wenn ihr Tun vielleicht nicht ganz so ist, wie wenn sie es selber machen würden. Aber die Kinder haben das Gefühl, etwas beitragen zu können, gebraucht zu werden, wertvoll und wichtig zu sein.

So braucht Gott auch unsere Anstrengung und unsere Leistung nicht. Aber er schenkt uns die Freude des Mittuns. Und er nimmt unser Tun und Mühen an. Auch das Geringste, das wir geben, es zählt bei Gott und er macht es groß.

 

Am Schluss heißt es im Tagesgebet:

„Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herr.“

Er selbst kennt unser Angst und Not, unsere Versuchungen und Grenzen. Er ist ihnen nicht ausgewichen. Er selbst musste – wie es im Hebräerbrief heißt – „unter Schreien und Tränen“ lernen, damit zu leben.

Aber gerade darum, „weil er in allem selbst in Versuchung geführt worden ist“, weil er Traurigkeiten und Erschütterungen der Seele erlebt hat, Todesangst, Blutschweiß, Einsamkeit, das Gefühl der Gottverlassenheit, gerade darum – es klingt wie eine Bedingung – wurde er befähigt, ja geradezu ermächtigt, die Schwachheit und Mühsal anderer zu verstehen und aufzunehmen.

„Wir haben einen Hohepriester, der mitfühlen kann mit unseren Schwächen“, heißt es im Hebräerbrief.

 

Zusammen mit ihm bitten wir in unseren Bedrängnissen, die er von innen her kennt. Er selbst ist zugleich die tröstende und befreiende Antwort des Vaters.

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