EVANGELIUM
Es erscholl eine Stimme aus der Wolke:
Dieser ist mein geliebter Sohn
+ Aus dem heiligen Evangelium nach
Markus
In jener Zeit
2nahm Jesus
Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg, aber
nur sie allein. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt;
3seine Kleider
wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann.
4Da erschien
vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose, und sie redeten mit Jesus.
5Petrus
sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten
bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.
6Er
wusste nämlich nicht, was er sagen sollte; denn sie waren vor Furcht ganz
benommen.
7Da
kam eine Wolke und überschattete sie und es erscholl eine Stimme aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören.
8Als
sie dann um sich blickten, sahen sie auf einmal niemand mehr bei sich außer
Jesus.
9Während
sie den Berg hinabstiegen, gebot er ihnen, niemanden zu erzählen,
was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden
sei.
10Dieses
Wort beschäftigte sie, und sie fragten einander, was das sei: von den
Toten auferstehen.
Alltagserfahrungen,
die wir alle schon gemacht haben und immer wieder machen können:
Ein
kurzer Blick zwischen zwei Liebenden. Er signalisiert: Ganz gleich was
um uns herum geschieht: Wir verstehen uns; wir sind uns einig; wir
wissen, was wir aneinander haben.
Oder
Menschen, von denen wir es gar nicht gedacht hätten, schenken uns
unerwartet eine Geste der Zuneigung, des Trostes.
Das sind Augenblicke,
in denen plötzlich und überraschend etwas aufleuchtet und gegenwärtig
wird, das uns für einen Moment aus dem Alltag herausreißt und eine
tiefere Wirklichkeit aufleuchten lässt. – Planen kann man das nicht und
festhalten auch nicht.
Und doch
sind wir ganz gewiss und zweifeln nicht, dass hier, in solchen Momenten,
etwas Besonderes geschieht.
Was sich
darin zeigt und was da aufleuchtet, ist – trotz der Kürze des Moments –
nicht vorbei wie ein Feuerwerk. Die Liebe, die Zuwendung und der Trost
sind untergründig weiterhin spürbar, wirken nach, tun gut, ob
ausgesprochen oder unausgesprochen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Das Evangelium von der Verklärung Jesu
erzählt von einer ähnlichen Erfahrung, die drei Jünger mit Jesus auf dem
Berg machen. Eine Momenterfahrung. Ein kurzer unerwarteter Augenblick
voll Licht und Herrlichkeit. Rasch vorübergehend und nicht festzuhalten.
– Wie ein Wetterleuchten in der Nacht, das für einen Moment eine ganze
Landschaft erhellt –. Und doch nachwirkend, prägend und wohl auch
unvergesslich.
Jesus
steigt mit Petrus, Jakobus und Johannes auf einen Berg. Plötzlich
erscheint Jesus wie verwandelt. Seine Kleider strahlen leuchtend weiß.
Elija und Mose
sind bei ihm, zwei große und bedeutsame Gestalten der Geschichte
Israels. Der eine repräsentiert das Gesetz, der andere die Propheten.
Sie versinnbildlichen, dass Jesus zur himmlischen Welt gehört und lassen
zugleich erkennen, dass Jesus noch mehr ist als sie, größer und
bedeutsamer.
Dann
verändert sich schlagartig die Szene. Eine lichte Wolke erscheint. Und
aus der Wolke ertönt eine Stimme. Die Stimme sagt nur einen einzigen
Satz: „Das ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören!“
Und schon
ist wieder alles vorbei. Ein kurzer Moment, aber der hat’s in sich. Eine
Augenblickserfahrung, die auf Größeres hinweist. An Jesus leuchtet etwas
auf, das auf Gott hinweist. Seine Göttlichkeit scheint blitzartig auf.
Seine lichterfüllte Herrlichkeit wird offenbar. Erfahrung Gottes
ereignet sich.
Viele Jahre später
erinnert der Verfasser des 2. Petrusbriefes an diese Erfahrung auf dem
Berg. Er schreibt in 1, 16 - 17: „Wir sind
nicht irgendwelchen klug ausgedachten Geschichten gefolgt, als wir euch
die machtvolle Ankunft Jesu Christi unseres Herrn, verkündeten, sondern
wir waren Augenzeugen seiner Macht und Größe. Er hat von Gott, dem
Vater, Ehre und Herrlichkeit empfangen; denn er hörte die Stimme der
erhabenen Herrlichkeit, die zu ihm sprach: „Das ist mein geliebter Sohn,
an dem ich Gefallen gefunden habe. – Diese Stimme, die vom Himmel kam,
haben wir gehört, als wir mit ihm auf dem heiligen Berg waren.“
Damals
reagierten die Jünger mit Verwirrung, Bestürzung, Furcht.
Oft heißt
es in ähnlichen Situationen, z.B. bei der Verkündigung an Maria, bei der
Berufung des Mose am Dornbusch, bei Petrus, als dieser total erstaunt
und erschrocken ist angesichts des unerwartet reichen Fischfangs,
oftmals heißt es da: „Fürchte dich nicht!“ Das heißt: Hab keine
Angst! Glaube! Vertraue!
Liebe Mitchristen!
Es ist gut,
wenn wir aufmerksam werden für das, was in unserem Umfeld vorgeht und
nicht blind und abgestumpft in den Tag leben.
Es ist gut,
wenn wir dann und wann eine neue Sicht auf unser Leben bekommen.
Vielfach braucht es Abstand, Ruhe, Stille, Aufmerksamkeit, ein gutes
Wahrnehmen, Sehen und Hören.
Es ist gut,
wenn wir Erfahrungen machen können, die uns mitten im Alltag auf etwas
Größeres verweisen: auf den tragenden Grund unseres Lebens.
Und es ist gut,
wenn wir mit jemandem über unsere Erfahrungen sprechen, sie mitteilen
und uns darüber austauschen können, wie die Jünger, die beim Abstieg vom
Berg einander fragen und sich darüber unterhalten, was heißt „von den
Toten auferstehen“. „Dieses Wort“, so heißt es, „beschäftigte sie“.
Für einen Augenblick
durften die Jünger auf dem Berg einen Schimmer von der verborgenen
Herrlichkeit und Heiligkeit Jesu sehen.
Wir begegnen Jesus,
den geliebten Sohn, in seinem Wort, das wir hören. Wir begegnen ihm in
den Gestalten von Brot und Wein auf dem Altar, in denen er selbst sich
uns schenkt.
Mögen
wir immer mehr eins werden mit ihm. Er in uns, wir in ihm.
Mögen
wir immer verbunden sein und bleiben mit ihm.
Möge
die Gemeinschaft mit ihm uns stärken und unser ganzes Wesen umwandeln.
Möge er
uns heiligen an Leib und Seele, dass wir immer mehr seine Konturen
annehmen, ihm ähnlich werden und ihm folgen können auf seinem Weg.
ER sei
das Wort, auf das wir hören; das Licht, das uns erleuchtet; die Kraft,
die uns stärkt, und der Beistand, der uns nicht verlässt.
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