Evangelium
Wer bin ich, dass die Mutter
meines Herrn zu mir kommt?
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Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
39In
jenen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland
von Judäa.
40Sie
ging in das Haus des Zacharías und begrüßte Elisabet.
41Und
es geschah: Als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib.
Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt
42und
rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die
Frucht deines Leibes.
43Wer
bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?
44Denn
siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude
in meinem Leib.
45Und
selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.
Es dürfte selten sein – wenn nicht
sogar einmalig, dass in einem Sonntagsevangelium kein Mann zu Wort kommt,
sondern nur Frauen. Heute ist es so. Maria und Elisabeth begegnen sich. Beide
sind schwanger. Beide erwarten ihr erstes Kind. Auf den ersten Blick nichts
Ungewöhnliches. Doch bei genauerem Hinsehen sind die Umstände schon
außergewöhnlich. Denn eigentlich dürfte keine der beiden schwanger sein.
Elisabeth ist wider alle Erwartung trotz ihres Alters und obwohl sie als
unfruchtbar galt – schwanger geworden. Maria hat die Nachricht von ihrer
Schwangerschaft erst vor kurzem bekommen. Sie ist noch sehr jung und noch nicht
einmal richtig verheiratet. Und Josef, ihr Verlobter ist weder der leibliche
Vater des ungeborenen Kindes noch weiß er schon etwas. Ob das gut gehen kann?
Aber da ist noch mehr. Das
allerdings sieht man nicht von außen. Das sieht man nur mit dem inneren Auge,
dem Auge des Glaubens. – Darum ist es auch das Kind in Elisabeths Bauch, das als
erstes hellsichtig ist und strampelt und seine Mutter aufmerksam macht.
Von ihrem Kind „angestoßen“ sieht
auch Elisabeth tiefer, sieht ganz klar, was da gerade passiert. Vor ihr steht
Maria. Aber noch ein Anderer steht vor ihr. Etwas anderes steht ihr und der
ganzen Welt bevor, ist zum Greifen nahe: Der Messias, der Retter Israels, ist da
– als heranwachsendes Kind in Marias Bauch. Er wird zur Welt kommen. Die Zeit,
in der Gott alles zum Guten wenden wird, hat begonnen.
Elisabeth ist – nach Maria – die
Erste, die es erfährt und die es mit großer Freude, mit Jubel und Dankbarkeit
bezeugt. „Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt“, fragt
sie. Und spricht dann eine Seligpreisung: „Selig ist die, die geglaubt hat,
was der Herr ihr sagen ließ.“
Maria ihrerseits gibt spontan
Antwort. Ihr Herz ist voll Freude, voll Freude über Gott. Maria ruft ihre Freude
hinaus. Sie jubelt und singt. Sie singt ein Lied. Sie bezeugt Gott als Retter.
Sie preist seine Größe und Macht. Sie preist seine Treue und sein Erbarmen.
Es ist schade, dass das Magnifikat
der Gottesmutter nicht mehr Teil des heutigen Evangeliums ist. Eigentlich gehört
er dazu. – Aber wir beten oder singen das Magnifikat ja jeden Abend in der
Vesper. Es hat Eingang gefunden in das Abendlob der Kirche und bildet dort den
Höhepunkt.
Liebe Schwestern und Brüder!
In der Bibel gibt es viele
Begegnungsgeschichten. Eine der schönsten und faszinierendsten ist diese
Begegnung zwischen Maria und Elisabeth. – Aber nicht nur Maria begegnet
Elisabeth, nicht nur zwei Frauen, die guter Hoffnung sind, begegnen sich, auch
die Kinder begegnen sich: Johannes begegnet Jesus, der Vorläufer dem kommenden
Messias, der Erlöser seinem Wegbereiter.
Eine bewegende Geschichte, ein
aufregender Besuch, eine Begegnung voll Seligkeit und Freude.
In wenigen Tagen, an Weihnachten,
sucht Gott die Begegnung mit jedem von uns. Gott will ankommen auch bei uns, bei
Ihnen und bei mir. Er will auch in uns Mensch werden.
Die Frage ist: Ob wir mit dem
geschmückten Christbaum und dem bereiten Gabentisch auch ein bereites Herz
haben?
Jetzt aber, in dieser Stunde
begegnet Jesus uns unter den Gestalten von Brot und Wein. Er kommt zu uns im
Mahl der Liebe. Er schenkt sich uns in heiliger Kommunion. Da passt es, zu beten
oder zu singen: „Ach, zieh mit deiner Gnade ein!“ Und: „Wohne in mir,
mache mich eins nun mit dir, der mich zum Leben erkoren!“
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