Exerzitien mit P. Pius

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Dem Herrn den Weg bereiten

(2. Adventssonntag - Lesejahr B; Jes 40, 1 - 5.9 - 11; Mk 1, 1 - 8)

 

ERSTE LESUNG

Bahnt für den Herrn einen Weg!

 

Lesung aus dem Buch Jesaja

1Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott.

2Redet Jerusalem zu Herzen und verkündet der Stadt, dass ihr Frondienst zu Ende geht, dass ihre Schuld beglichen ist; denn sie hat die volle Strafe erlitten von der Hand des Herrn für all ihre Sünden.

3Eine Stimme ruft: Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste! Baut in der Steppe eine ebene Straße für unseren Gott!

4Jedes Tal soll sich heben, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, und was hüglig ist, werde eben.

5Dann offenbart sich die Herrlichkeit des Herrn, alle Sterblichen werden sie sehen. Ja, der Mund des Herrn hat gesprochen.

9Steig auf einen hohen Berg, Zion, du Botin der Freude! Erheb deine Stimme mit Macht, Jerusalem, du Botin der Freude! Erheb deine Stimme, fürchte dich nicht! Sag den Städten in Juda: Seht, da ist euer Gott.

10Seht, Gott der Herr, kommt mit Macht, er herrscht mit starkem Arm. Seht, er bringt seinen Siegespreis mit: Alle, die er gewonnen hat, gehen vor ihm her.

11Wie ein Hirt führt er seine Herde zur Weide, er sammelt sie mit starker Hand. Die Lämmer trägt er auf dem Arm, die Mutterschafe führt er behutsam.

 

 

EVANGELIUM

Bereitet dem Herrn den Weg!

 

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Markus

1Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes:

2Es begann, wie es bei dem Propheten Jesaja steht: Ich sende meinen Boten vor dir her; er soll den Weg für dich bahnen.

3Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!

4So trat Johannes der Täufer in der Wüste auf und verkündigte Umkehr und Taufe zur Vergebung der Sünden.

5Ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.

6Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften, und er lebte von Heuschrecken und wildem Honig.

7Er verkündete: Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken, um ihm die Schuhe aufzuschnüren.

8Ich habe euch nur mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.

 

 

 

„Wir machen den Weg frei.“ –

Wahrscheinlich kennen Sie diesen Slogan, mit dem eine Bank Werbung macht.

„Wir machen den Weg frei.“

Das soll heißen: Wir machen es möglich. Wir räumen die Steine aus dem Weg, wir machen das Krumme gerade und das Holprige eben. Wir beseitigen alle Hindernisse. Mit uns und als Kunde von uns gelangen Sie auf einen guten Weg. Sie kommen schnell voran. Sie erreichen einfach und unkompliziert ihre Ziele. – Im Grunde genommen verspricht das besagte Kreditinstitut Leichtigkeit, Zufriedenheit, Wohlstand und Glück.

Natürlich wissen wir „Geld allein macht nicht glücklich“.

Und freie Bahn haben und freie Fahrt ist zwar schön, aber im wirklichen Leben doch eher selten. Die Realität sieht oft anders aus. Die Wege des Lebens und die Straßen der Welt sind gar nicht immer so gerade, so einfach, gar nicht so problemlos, sorgenfrei und unbeschwert, wie der Slogan der Bank das suggeriert und verheißt.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Im Evangelium haben wir einen Satz gehört, der so ähnlich klingt wie der Slogan der Bank: „Bereitet dem Herrn den Weg!“

 

Der Unterschied: Einmal heißt es: „Wir machen den Weg frei!“

Das ist eine Ankündigung, ein Versprechen. Wir machen das! Und dazu ist gedacht: Für dich, für euch. Ihr müsst euch gar nicht selbst mühen und anstrengen. Wir machen das.

 

Das andere Mal sind wir selbst aufgefordert, den Weg frei zu machen, ihn zu bereiten. Und dann auch nicht für uns selbst, damit wir zügig vorankommen und schnell das Ziel erreichen, sondern IHM. Dem Herrn sollen wir den Weg bereiten.

„Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straße!“

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Das Evangelium legt diesen Ruf: „Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straße!“ Johannes dem Täufer in den Mund, dem Rufer in der Wüste, der sich selbst in der Rolle des Wegbereiters sieht. – Doch ursprünglich ist es ein Wort des Propheten Jesaja. Wir haben es in der Lesung gehört. Und bei ihm ist es gemünzt auf Israel, das auserwählte Volk.

 

Dieses Volk befindet sich in der Verbannung, im Exil. Es wurde in das ferne, heidnische Babylon verschleppt. Die heilige Stadt Jerusalem ist zerstört, der prächtige Tempel liegt in Trümmern.

Ein Ende der Not und Schmach ist nicht abzusehen, die Lage ganz und gar hoffnungslos, die Zukunft völlig im Dunkeln.

Viele hatten auch den Glauben an Gott verloren, den Glauben daran, dass Gott da ist, dass er alle Wege mitgeht, dass er sein Volk liebt und alles zum Guten wenden kann.

 

In dieser Situation ist die Botschaft des Propheten wie ein Licht in der Nacht: „Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen! – Der Herr selbst wird kommen und euch retten.“

Er kommt und führt euch wieder heim. Er hat euch nicht vergessen. Gott ist treu. Er war und ist immer bei euch.

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Jesaja muss ein sehr gläubiger Mensch gewesen sein, ein unerschütterlich hoffender und vertrauender Mensch.

Wie hätte er sonst in dieser ausweglosen Situation solchen Trost und solche Hoffnung zusprechen können?

Dieses gläubige Vertrauen hat seinen tiefsten Grund in der Gewissheit, dass Gott nicht Untergang und Verderben will, sondern Rettung, Zukunft und Heil.

So wie Gott einst sein Volk aus der ägyptischen Knechtschaft befreit hat, so wird er es auch jetzt aus der babylonischen Gefangenschaft in die geliebte Heimat zurückführen.

 

Eine Stimme ruft: „Bahnt dem Herrn einen Weg in der Wüste!“

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Diese Aufforderung des Propheten Jesaja an sein Volk hat Johannes der Täufer aufgegriffen und angewandt auf sich, auf Jesus, den kommenden Messias und das Volk Israel damals.

 

Heute gilt diese Aufforderung uns, liebe Schwestern und Brüder!

Auch wenn tausende von Jahren dazwischen liegen, die Worte und Bilder des Propheten Jesaja und Joh. d. Täufers haben nichts an Aktualität eingebüßt. – Auch wenn wir nicht „weinend an den Flüssen von Babylon“ sitzen oder in der Schlange der Büßenden am Jordanufer stehen. – Wir hören sie im Hinblick auf das nahe Kommen Gottes im Geheimnis seiner Menschwerdung. – Wir wollen und sollen uns in diesen Tagen des Advents dafür bereiten, IHM den Weg bereiten, den Weg frei machen.

 

 

„Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!“

Wie kann das geschehen? Ein paar Hinweise:

 

Wir neigen heute dazu, in einer gewissen Geschäftigkeit und Umtriebigkeit aufzugehen und verlieren nur allzu leicht uns selbst dabei.

 

Sich bereiten, kann heißen:

Sich nicht abhetzten, die kommenden Tage nicht zu voll packen. Bereit sein in wachsamer, achtsamer Innerlichkeit.

 

Sich bereiten, kann heißen:

Im Alltag Inseln der Ruhe zu schaffen, Momente der Stille, die zur Begegnung mit uns selbst und zu Gott führen.

 

Sich bereiten, kann geschehen:

Mal innehalten. Sich besinnen. Wo lauf ich hin? Was suche ich? Was treibt mich um? Wenn nötig, die Richtung ändern. Umkehren, wenn man sich auf verkehrten Wegen befindet.

 

Sich bereiten, kann heißen:

Um-sinnen, positiv denken. Nicht alles negativ sehen, nicht nur kritisieren, lamentieren. Mit Lob und Anerkennung nicht geizen. Das Danken nicht vergessen.

 

Sich bereiten kann heißen:

Geduld haben, friedfertig sein, niemanden kränken, keinem zu leide leben, verzeihen, sich versöhnen, einander den neuen Anfang schenken.

 

Sich bereiten, kann heißen:

Gott loben, ihn preisen, ihm danken. Also sich Zeit nehmen für Gebet, für Meditation, für den Gottesdienst.

 

Sich bereiten, kann heißen:

ganz konkret: Die täglichen Gebete, das Morgen- und Abendgebet, als Angelpunkte des Tages wahrnehmen. Vielleicht das Tischgebet wieder pflegen. Oder das Gebet des „Engel des Herrn“ sich wieder zu eigen machen und dabei der Menschwerdung Gottes gedenken.

 

Sich bereiten, kann heißen:

Werke der Liebe üben. Einen Besuch machen, Zeit haben, zuhören, Freude schenken, ein Segen sein. Die Menschen nicht vergessen, die Hilfe brauchen.

Auf diese und noch manch andere Weise können wir den Weg frei machen für das Kommen Gottes.

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Das ist die Botschaft des Advent und dann auch der Weihnacht: „Gott selbst wird kommen und uns retten.“ – Es liegt ihm an uns. Er vergisst uns nicht. Gott ist verlässlich und er ist treu.

 

Und er ist schon gekommen im Kind von Bethlehem. Und immer neu kommt er zu uns und schenkt sich uns in hl. Kommunion.

Und allezeit will er Wohnung nehmen in unserem Herzen.

Halten wir den Weg frei für ihn! Öffnen wir die Türen dem Erlöser!

 

„Wäre Christus (nämlich) tausendmal in Bethlehem geboren“, so ein berühmtes Wort von Angelus Silesius, „und nicht in dir, du wärst noch ewiglich verloren.“

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