Adventskranz,
Adventskalender, Kerzen, Gebäck, Lichterketten, traute Lieder, Stille,
Besinnlichkeit, Gemütlichkeit.
Verheißungsvoll und
stimmungsreich ist die Zeit, die jetzt wieder beginnt, die Zeit
Weihnachten entgegen, die Zeit des Advents.
In starkem Kontrast zu
dieser heimeligen Atmosphäre, die wir mit der Adventszeit assoziieren,
stehen die Lesungen vom heutigen Sonntag.
Da ist nichts von
romantisch-heimeliger Adventsstimmung.
Da ist keine heile Welt.
Da ist – in der ersten Lesung – eine gewaltige Volksklage: „Wie
unreine Menschen sind wir geworden, unsere ganze Gerechtigkeit ist wie
ein schmutziges Kleid“ (Jes 63, 5). Schwer lastet die „Gewalt der
Schuld“ (Jes 63, 6) auf uns.
Irgendwie ist alles
ermüdet und erschöpft. Gottes Freude und Nähe werden schmerzlich
vermisst.
„Reiß doch den Himmel
auf und komm herab“,
ruft flehentlich der Prophet. Welch ein Leidensdruck! Ein Gebetsschrei
aus tiefer Not, in Ausweglosigkeit und Verzweiflung.
„Wo bleibst du Trost
der ganzen Welt“,
fragt der Dichter Friedrich Spee im Lied, das sich auf diesen Jesajatext
bezieht.
„Komm herab“,
lautet der leidenschaftliche Ruf nach dem Heiland, nach dem Retter, nach
Gott.
Nur von ihm ist Rettung,
Leben und Zukunft zu erwarten.
Der erste Advent hat in
seinen biblischen Texten nichts Heimeliges und Liebliches.
Auch im Evangelium ist
von schrecklichen Katastrophen die Rede, von kosmischen Erschütterungen
und apokalyptischen Zeichen, die der Wiederkunft des Menschensohnes
vorangehen.
Einher damit geht viel
Schlimmes, große Not, viel Elend und schweres Leid.
Das Evangelium erinnert
an das Ende der Welt und an die letzte Ankunft Jesu Christi.
Dieses große Ereignis hat
jedoch kein Datum. „Niemand weiß, wann die Zeit
da ist.“
Und so mündet alles in
den dringenden Aufruf, sich bereit zu halten und wachsam zu sein.
Gleich dreimal steht im
abschließenden Gleichnis vom Hausherrn, der auf Reisen geht, die
inständige Mahnung zur Wachsamkeit.
„Seht euch vor und
seid wach!“
Wir kennen diese Mahnung.
Jahr für Jahr klingt sie an unsere Ohren.
Doch was bedeutet
wachsam sein und wie geht das?
Wachsam sein hat mit
HÖREN zu tun.
Achtsam sein, aufmerksam
sein, hellwach. Die Klopfzeichen Gottes vernehmen. Seine Impulse
wahrnehmen. Auf seine Stimme hören. Seine Stimme heraushören unter
vielen Stimmen.
In allem, was geschieht,
ergeht Gottes geheimnisvolle Sprache an uns. Dazu braucht es Stille und
Schweigen.
Wachsein hat mit SEHEN
zu tun.
Sehen, wo ich gebraucht
werde. Sehend sein für Gottes Zeichen. Seine Nähe, sein Kommen, seine
Gegenwart wahrnehmen. Gott finden in allen Dingen. Gott umarmt uns durch
die Wirklichkeit.
Wachsam sein hat mit
WARTEN zu tun.
Geduld haben, Ausschau
halten, sich sehnen. Der Sehnsucht auf die Spur kommen. Der Sehnsucht
nach Gott Raumgeben.
Wachsein hat mit
BEREIT-SEIN zu tun.
So leben, dass der Herr
mich jeden Tag bereitfindet. So leben, dass er zu jeder Stunde kommen
kann. Mit seinem Kommen rechnen. Sich darauf einstellen. Wissen, worauf
es ankommt, wenn er kommt. Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde!
Es geht um den Wandel in
der Gegenwart Gottes.
Es geht darum, in Fühlung
zu bleiben mit Gott.
Es geht darum, Sorge zu
tragen, dass die Verbindung zu Gott nicht abbricht, das nichts mich von
ihm trennt, dass ich immer mehr eins werde mit ihm.
Es geht darum, täglich
Liebe zu üben. Wissen, das wir Gott lieben, wenn wir die Schwester, den
Bruder lieben.
Die Mahnung zur
Wachsamkeit will uns nicht Angst machen. Sie will uns wachrütteln.
Die Mahnung zur
Wachsamkeit will uns aus Lethargie, Müdigkeit und Gedankenlosigkeit
aufwecken.
Das ist das Gegenteil von
einschläfern.
Dass wir nicht
abgestumpft, gleichgültig und oberflächlich dahinleben.
Dass wir nicht in den Tag
hinein leben und den „lieben Gott“ einen guten Mann sein lassen
Dass wir der Gefahr
widerstehen, es uns allzu bequem zu machen, uns ganz im Irdischen
einzurichten und im rein Materillen aufzugehen, als ob das alles wäre.
Dass wir den Gedanken an
Ende und Tod nicht verdrängen, sondern präsent haben und immer damit
rechnen.
Des Teufels liebstes
Möbelstück ist bekanntlich die lange Bank.
Wenn jemand meint, es ist
ja noch genug Zeit, dann wird die notwendige Umkehr immer wieder aufs
Neue vertagt und hinausgeschoben.
Dass das Ende unverhofft
kommt, dass es einen Augenblick gibt, wo ich nichts mehr zum Heil wirken
kann, wird in der hl. Schrift immer wieder betont. Der Tod ist für jeden
Menschen ein Schlusspunkt. Danach kann ich nichts mehr besser machen und
Versäumtes nicht mehr nachholen. Darum „lebe so, dass du allezeit zu
sterben bereit bist!“ (Maria Ward).
Wachsam sein heißt, die
Illusion aufgeben, ewig zu leben oder die anderen ändern zu wollen,
statt uns selbst.
Wachsam sein heißt,
unseren Selbstwert nicht von der Anerkennung durch andere Menschen
abhängig zu machen oder vor uns selbst durch die Flucht in Arbeit
und/oder Zerstreuung davonzulaufen.
Wachsam sein heißt, zum
Wesentlichen finden, erkennen wer wir wirklich sind und was unsere
eigentliche Berufung ist.
„Umkehren möchte ich
in den kommenden Tagen des Advents
aus meinen falschen
Vorstellungen,
aus meiner Halb- und
Hartherzigkeit,
aus meinem
oberflächlichen Beten
in der Erwartung des
Herrn.
Einkehren möchte ich
in den kommenden Tagen des Advents
in die Mitte meines
Lebens,
in die Stille meines
Herzens,
in die Tiefe meiner
Seele,
in die Gegenwart
Gottes.
Bekehren möchte ich
mich in den kommenden Tagen des Advents
zu mehr gelebter
Wachsamkeit,
zu größerem Vertrauen
auf IHN,
zur Vorfreude auf SEIN
Kommen,
zum wahren Gott meines
Lebens.“
Paul Weismantel