Sicher ist Ihnen
auch schon mal passiert, dass sie etwas Wichtiges verloren haben, einen
Schlüssel, eine größere Banknote, ein wichtiges Dokument oder was auch
immer.
Dann wissen Sie,
wie das ist, wenn man sucht und sucht, alle Schubladen durchwühlt und
dann das Verlorene endlich findet.
Welch eine
Erleichterung!
Eine solche
Geschichte findet sich auch in der Bibel.
Es geht um eine
Frau und um eine Drachme. Eine Drachme war in der damaligen Währung ein
Geldstück von hohem Wert.
Eines Tages
bemerkt die Frau, dass sie von ihren 10 Drachmen eine verloren hat.
Jetzt tut sie das, was wir alle kennen:
Die Frau beginnt
zu suchen und stellt dabei das ganze Haus auf den Kopf. Das ist an sich
natürlich und selbstverständlich.
In dieser
Geschichte aber erhält die Sucherei eine außergewöhnliche Bedeutung.
Jesus erzählt die Geschichte nämlich in einem bestimmten Zusammenhang.
Er spricht von seinem Gottesbild.
Er erzählt den
Leuten, wie er sich Gott vorstellt, wie er Gott erfahren hat.
Gott, so sagt er,
verhält sich wie eine Frau, die etwas ganz Kostbares verloren hat und
nun unermüdlich danach sucht.
Hier in der
Geschichte ist es ihre Drachme. Und es wird dann ziemlich genau
beschrieben, wie die Frau es anstellt, um ihre Drachme wieder zu finden:
Sie zündet eine Lampe an, um in alle Ecken und Winkel hineinzuleuchten;
sie holt einen Besen, um sorgfältig jedes Zimmer auszukehren. Ja, das
ganze Haus kehrt sie aus, und ich stelle mir vor, wie sie auch den
Kehricht auf ihrer Schaufel noch einmal genauestens anschaut.
Die Frau ist ein
Bild für Gott, sagt Jesus. So wie diese Frau ihre Drachme sucht, so
sucht Gott den einzelnen Menschen.
Und Jesus hebt
hervor: Hier geht es vor allem um den Menschen, der im Leben
gestrauchelt ist, der herausgefallen ist aus dem Netz des Guten, der für
die menschliche Gesellschaft verloren erscheint.
Wer hat sich nicht
schon mal verhaspelt im Leben? Sich mit Schuldgefühlen gequält? Sich
allein gefühlt, verloren und im Abseits! – Genau diese Phasen und
Momente im Leben sind gemeint. Da geht Gott auf die Suche wie eine Frau,
die ihre Drachme verloren hat.
Etwas haben wir
Menschen der Drachme voraus: Wir haben eine Stimme und können rufen oder
auch nur wimmern: Hier bin ich, Gott, hier ganz zuunterst unter dem
Kehricht und Schutt meines Elends! – Wetten, Gott hätte uns so manches
Mal etwas schneller gefunden, wenn wir auch ganz leise nur uns gemeldet
hätten.
Doch die
Geschichte von der Frau und der verlorenen Drachme ist noch nicht zu
Ende. Als die Frau endlich ihr Geldstück gefunden hat, ist sie außer
sich vor Glück. Sie ruft all ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen:
„Freut euch mit mir, ich habe die Drachme gefunden!“ Und sie gibt
ein Fest.
Das ist ein Bild
für Gott und seinen Himmel.
So wie die Frau
ihre Drachme gesucht hat, so sucht Gott den Menschen. Und jeder Mensch,
der sich wie die verlorene Drachme finden lässt, löst im Himmel ein Fest
aus und auf der Erde vermehrt er sein und andrer Glück.
Wer möchte da
nicht dabei sein!
Schwester Ingrid Grave OP |