Zweite Lesung am 4. Sonntag im
Jahreskreis (1 Kor 13, 4 – 13)
Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung,
Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe
Lesung
aus dem ersten Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Korínth
Schwestern und Brüder!
4Die Liebe ist
langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt
nicht, sie bläht sich nicht auf.
5Sie handelt nicht
ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen,
trägt das Böse nicht nach.
6Sie freut sich nicht
über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit.
7Sie erträgt alles,
glaubt alles, hofft alles, hält allem stand.
8Die Liebe hört niemals
auf. Prophetisches Reden hat ein Ende, Zungenrede verstummt, Erkenntnis
vergeht.
9Denn Stückwerk ist
unser Erkennen, Stückwerk unser prophetisches Reden;
10wenn aber das
Vollendete kommt, vergeht alles Stückwerk.
11Als ich ein Kind war,
redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind.
Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war.
12Jetzt schauen wir in
einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir
von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, dann aber
werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch
erkannt worden bin.
13Für jetzt bleiben
Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die
Liebe.
STANDORTBESTIMMUNG und
GEWISSENSERFORSCHUNG
mit dem „Hohen Lied der Liebe“ (1 Kor
13)
Die Liebe ist langmütig: Habe ich
Geduld mit dem Ehepartner? Mit den Kindern? Mit den Verwandten? Mit den
Hausbewohnern? Mit mir selbst? Bin ich mir bewusst, dass meine
Mitmenschen – genauso wie ich – nicht von heute auf morgen reifen,
sondern Zeit brauchen?
Die Liebe ist gütig: Bin ich um
das Wohl des Ehepartners, der Kinder, der Verwandten bemüht? Ist mir
dies das erste Anliegen?
Die Liebe ereifert sich nicht:
Neige ich dazu, den anderen meine Ansichten aufzuzwingen? Kann ich
andere Meinungen gelten lassen? Neige ich dazu aufzubrausen?
Die Liebe prahlt nicht: Tue ich
wichtig vor den anderen?
Habe ich es nötig, vor den anderen mehr
zu gelten, als ich bin?
Die Liebe handelt nicht ungehörig:
Bin ich mir in Bezug auf die Familie, meine Gemeinschaft, die Kinder,
die Geschäftspartner, Mitarbeiter und Freunde bewusst, dass ich irgendwo
unrecht handle und es nicht ändere?
Die Liebe sucht nicht ihren Vorteil:
Ist jemand in der Familie ständig der „Nettozahler“ und ich der „Profiteur“?
Wird jemand ausgenutzt? Lasse ich den anderen die gebührende Freiheit
zur eigenen Entfaltung?
Die Liebe lässt sich nicht zum Zorn
reizen: Habe ich mich in schwierigen Situationen im Griff? Raste ich
schnell aus? Warum gelingt es mir nicht, Probleme friedlich zu lösen?
Die Liebe trägt das Böse nicht nach:
Habe ich ein Elefantengedächtnis? Warum gelingt es mir nicht, zu
vergeben?
Die Liebe freut sich nicht über das
Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit: Bin ich schadenfroh?
Fühle ich mich höherwertig als die anderen? Lasse ich andere gern im
Unklaren?
Die Liebe erträgt alles: Kann ich
einstecken, ohne mich zu beklagen? Kann ich um der Einheit willen auch
einmal nachgeben?
Die Liebe glaubt alles: Habe ich
wirklich Vertrauen in den Ehepartner, die Kinder, die Verwandten und
Freunde? Oder begegne ich allen eher mit der Sichtweise des Verdachts?
Die Liebe hofft alles: Habe ich
die Hoffnung, dass ich mit Gottes Hilfe als Christ bestehen kann? Lebe
ich aus der Hoffnung, dass auch andere sich ändern können?
Die Liebe hält allem Stand: Neige
ich dazu, den Problemen auszuweichen? Bin ich beharrlich und
verlässlich?
Die Liebe hört niemals auf: Tue
ich in meinen menschlichen Beziehungen das Meine, damit die Liebe nicht
erkaltet? Ist es mir ein Anliegen, immer wieder neu anzufangen?
Martin Grichting
in: Deutsche Tagespost 31.01.2019 |