Das Bild
zeigt einen Ausschnitt aus einem Altarvorsatz. Dieser besteht aus fünf
Bildfeldern, welche die wichtigsten Ereignisse aus dem Leben Mariens
vergegenwärtigen.
Das
Antependium des Meisters von Avia (um 1200) gehört zu den
liebenswürdigsten Werken der spanischen Romantik. Heute befindet es sich
im Museo de Arte de Cataluna in Barcelona.
Zwei
Szenen – durch eine schmale Säule voneinander abgehoben – sind zu sehen:
die Verkündigung an Maria im etwas größeren Feld links und die Begegnung
von Maria und Elisabeth, Heimsuchung genannt, rechts.
Die
beiden Szenen hängen zusammen. Mit ihnen lässt Lukas sein Evangelium,
seine frohe Botschaft, beginnen.
I. VERKÜNDIGUNG AN MARIA
Von links
kommt mit leichtem, flüchtigem Schritt ein Engel, Gabriel, der Bote
Gottes. Er steht etwas erhöht und geht mit offenen Armen und Händen auf
Maria zu. Er hat eine Botschaft von Gott, ein Angebot. Gott zwingt
nicht. Er lädt ein. Wenn auch der Mund des Engels geschlossen ist, seine
großen, offenen Augen und seine weitausholenden „sprechenden“ Hände
reden umso deutlicher: „Der Herr ist mit dir!“
Maria hat
sich von ihrem Stuhl erhoben und wendet sich dem Engel zu. Sie neigt
hörend ihren Kopf. Sie ist ganz da und offen für die Botschaft, ganz
aufnahmebereit. Ihre schlanken Hände zeigen es an. Sie ist bereit, das
Angebot aufzunehmen, anzunehmen, einzuwilligen in das, was Gott mit ihr
vorhat, auch wenn sie nicht alles „begreift“. Interessant ist, wie die
Bewegung der empfangenden Hände in ihrer Mitte, unterm Herzen zur Ruhe
kommt und wie die Blickrichtung und die Neigung des Kopfes Maria als
Hinschauende und Hinhörende zeigen!
Überlegungen und Fragen:
-
Gott hat auch für mich diese Botschaft: „Ich bin mit
dir! Hab keine Angst! Ich habe mit dir etwas vor. Darum bist du
gesegnet. Mein Wort will in dir lebendig und fruchtbar werden.“
-
Habe ich dieses Angebot Gottes gehört? In welchen
Menschen und Ereignissen? – ER kommt zu den ansprechbaren, zu den
bereiten, aufmerksamen Menschen. Wie ist meine Haltung?
-
Kann ich – wie Maria – etwas in mein Herz aufnehmen
und dort bewahren?
-
Was hat diese „Botschaft“ Gottes in mir, bei mir
bewirkt, was hat sich dadurch verändert?
Gebet:
Herr,
sprich dein ewiges Wort in mich
Und
lass es mich hören!
Herr,
strahle dein Licht in mich
Und
lass es mich schauen!
Herr,
drücke dein Bild in mich
Und
lass es mich bewahren!
Herr,
wirke dein Werk in mir
und
lass es mich stets von neuem empfangen!
Kloster
Rheinaus, 14. Jahrhundert
II.
BEGEGNUNG
Maria ist
durch das Wort Gottes in Bewegung gekommen. Weil sie in „Hoffnung“ ist,
hat sie sich auf den Weg gemacht, ist sie fähig geworden, auf den
anderen zuzugehen, ihm Hilfe und Zuneigung zu bringen.
Die
Beschenkte schenkt weiter. In der Umarmung ist Maria zur Stütze
geworden. Elisabeth kann sich bei ihr „einhängen“, sie kann sich auf sie
verlassen.
Und
weiter: Maria bringt Liebe und erfährt sie selbst wieder. Das Ja ihres
Vertrauens zu Gott wird aufgenommen und bestätigt. „Elisabeth sagt:
„Selig ist die, die geglaubt hat.“ – Die Begegnung führt zu einer neuen
Glaubenserkenntnis. Der Mensch erfährt sich in der Heilsgeschichte
Gottes aufgenommen. Das löst die Zunge zu jubelnder Freude über die Nähe
Gottes und sein gnädiges, sein erbarmungsvolles und heilmächtiges
Wirken: „Ich preise die Größe des Herrn, ich juble über Gott, meinen
Retter…“
Überlegungen und Fragen
-
Gottes Botschaft bringt die Menschen
aufeinander zu. Lasse ich mich von ihm in Bewegung bringen auf die
Mitmenschen zu?
-
Zu
wem sollte ich mich „auf-machen“, damit er an mir „die Güte und
Menschenfreundlichkeit unseres Gottes“ erfährt? Wie kann ich das
tun?
-
Freue
ich mich über meine Geschichte mit Gott? Wirkt das ansteckend,
begeisternd auf andere?
Gebet
Bleibe
bei mir, und ich will anfangen, selbst Licht zu werden und anderen zu
leuchten. Alles Licht kommt von dir, von mir nur Dunkelheit. Du willst
andere in mir erleuchten. Könnte ich dich so verherrlichen, wie du es am
meisten liebst, indem ich alle erleuchte, die mich umgeben! Gib auch
ihnen das Licht wie mir; erleuchte sie in mir und durch mich. Lehre mich
dein Lob, deine Wahrheit und deinen Willen verkünden.
Lass
mich dich verkünden, ohne Predigt; nicht durch Worte, sondern durch mein
Beispiel, durch die geheime Kraft und den anziehenden Einfluss meines
Handelns, durch meine sichtbare Ähnlichkeit mit deinen Heiligen und die
beseligende Fülle der Liebe, die mein Herz zu dir trägt!
John
Henry Newman
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